70 Jahre Cristuzzi-Gruppe

«Ein guter Entwurf ist immer ein Prozess»

«Ein guter Entwurf ist immer ein Prozess»
Alexandra Venzin und Marco Cristuzzi
Lesezeit: 4 Minuten

Als Generalisten und Spezialisten zugleich suchen Marco Cristuzzi und Alexandra Venzin stets nach optimalen Lösungen, die den unterschiedlichen Anforderungen ihrer Bauprojekte gerecht werden. Dabei spielt der Dialog mit der Bauherrschaft eine zentrale Rolle, um alle Bedürfnisse und Ansprüche bestmöglich zu berücksichtigen.

Marco Cristuzzi, was macht einen guten Entwurf für Sie aus – und wie bringen Sie individuelle Bauherrenwünsche mit funktionalen und gestalterischen Ansprüchen in Einklang?
Entwerfen ist ein Prozess, der auf verschiedenen Ebenen stattfindet. Dabei müssen von Anfang an die Bedürfnisse der Bauherrschaft, der Nutzer und der Architektur einbezogen werden. Der Entwurfsprozess ist Denkarbeit in mehreren Stufen und erfordert einen intensiven Austausch mit der Bauherrschaft. Das kann anstrengend sein, besonders wenn jemand zum ersten Mal baut. Aber genau das ist die Aufgabe des Architekten: den Bauherrn durch diesen Prozess zu führen und zur richtigen Zeit die richtigen Fragen zu stellen.

Bei Cristuzzi geht Architektur über das Gebäude hinaus – welche Rolle spielen Umgebung, Nutzung und Nachhaltigkeit in Ihrer Entwurfsarbeit?
Marco Cristuzzi: Der klassische Architekt ist ein Generalist – das ist seine Stärke. Beim Bauen soll immer gelten: Das Neue muss besser sein als das Alte. Dazu gehört, dass man von Anfang an über den Tellerrand, d.h. über die Parzellengrenze, hinausblickt. Ein Bauprojekt beginnt mit der Analyse des Kontexts. Dazu zählen gesetzliche Vorschriften, ökonomische Überlegungen, die Wünsche der Nachbarn sowie kulturelle und architektonische Aspekte. Alles andere wäre das Gegenteil von Nachhaltigkeit. Denn architektonische Qualität «spürt» man, auch als Laie. Dann «gefällt» einem ein Gebäude oder eine Umgebung. Und «schöne» Bauten bleiben länger stehen als solche, die niemand mag. 

Welche Herausforderungen stellen sich bei der Planung von Neubauten im baulichen Kontext – und wie gehen Sie mit diesen gestalterisch um?
Marco Cristuzzi: Unsere Gesellschaft stellt hohe Anforderungen an Bauprojekte. Dutzende Gesetze und Normen müssen befolgt werden. Oftmals sind diese so technisch formuliert, dass sie architektonische Qualität erschweren. Man will per Vorschrift etwas verbessern und verschlechtert damit andere Dinge. Die Herausforderung besteht darin, im Dialog mit Bauherrschaft und Behörden einen umsetzbaren Weg zu finden. Hier sind Kreativität und Flexibilität gefordert, um innovative Lösungen zu entwickeln. Architektur ist auch immer ein Dialog zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

 

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«Architektur ist ein Dialog zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.»

Das Portfolio Ihrer Projekte reicht von Wohnüberbauungen bis zu Gewerbebauten. Wie gelingt es Ihrem Team, bei so unterschiedlichen Projekttypen stets eine klare architektonische Handschrift zu bewahren?
Marco Cristuzzi: Ein Stil allein führt nicht automatisch zu guter Architektur. Qualität entsteht durch den Planungsprozess. Die Kunst besteht darin, Ansprüche zusammenzuführen und in ein stimmiges Projekt zu giessen. Der Stil ergibt sich aus der Arbeitsweise unseres Teams und ist nie ein persönlicher Stempel. Vielmehr geht es darum, die besten Lösungen herauszufiltern und zu einem kohärenten Konzept zu verdichten.

Was bedeutet für Sie persönlich gute Architektur – und gibt es ein Projekt von Cristuzzi, das Sie besonders gerne repräsentieren?
Marco Cristuzzi: Gute Architektur vereint Beständigkeit, Zweckmässigkeit und Schönheit. Diese Aspekte müssen im Gleichgewicht stehen. Ein extravagantes Werk ist wertlos, wenn es schlecht nutzbar ist. Unser Projekt Müllerhüsli in Berneck ist ein gutes Beispiel: Es fügt sich unauffällig und selbstverständlich in den historischen Kontext ein. Die positiven Rückmeldungen von Bauherrschaft, Bewohnern und Nachbarn bestätigen, dass das Projekt funktioniert.

Alexandra Venzin, Sie vereinen zeichnerisches Know-how mit immobilienwirtschaftlicher Expertise – wie profitieren Sie in Ihrer Arbeit von dieser Kombination?
Dank meiner Doppelfunktion als Teamleiterin Zeichner und Immobilienbewerterin kann ich Immobilien sowohl gestalterisch als auch wirtschaftlich ganzheitlich betrachten. Die zeichnerische Arbeit bildet die Basis für eine präzise Erfassung, während mein architektonisches Verständnis hilft, Potenziale, Risiken und Aufwertungschancen differenziert zu erkennen – insbesondere bei Umbauten oder Bestandesliegenschaften.

 

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Was sind Ihrer Erfahrung nach häufig unterschätzte Faktoren bei der Wertermittlung von Immobilien – und wie kann gute Architektur hier einen Unterschied machen?
Alexandra Venzin: Häufig unterschätzt werden Faktoren wie bauliche Flexibilität, Qualität der Erschliessung, Zustand der Haustechnik oder das Entwicklungspotenzial unter neuem Baurecht. Auch energetische Aspekte werden oft nur oberflächlich betrachtet. Gute Architektur denkt an die Zukunftsfähigkeit eines Objekts und ermöglicht eine wirtschaftlichere Bewirtschaftung sowie langfristig höheren Komfort und Werthaltigkeit.

Welches Projekt hat Sie persönlich besonders gefordert – oder ist Ihnen aus zeichnerischer Sicht besonders in Erinnerung geblieben?
Alexandra Venzin: Besonders eindrücklich war ein Schulhausbau, den wir von der Entwurfsidee bis zur Werkplanung begleiteten. Es handelte sich nicht um einen Neubau auf der grünen Wiese, sondern um einen sensiblen Anbau zwischen bestehenden Bauten. Die Integration in die vorhandene Architektur brachte planerische Herausforderungen, insbesondere bei Anschlussdetails. Die Projektstruktur war komplex, mit zahlreichen Beteiligten und einem externen Projektmanagement. Dieser Lernprozess zeigte uns, wie wichtig strukturierte Schnittstellen und klar definierte Informationsflüsse sind.

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