St.Galler Festspiele 2025

Zwischen Dystopie und Thermounterwäsche

Zwischen Dystopie und Thermounterwäsche
Christine Krug
Lesezeit: 2 Minuten

Wenn der Klosterhof zur Opernbühne wird, dann ist nicht nur die Musik ein Erlebnis – auch das visuelle Erscheinungsbild trägt zur Faszination der St.Galler Festspiele bei. Einen zentralen Beitrag leistet dabei das Kostümteam des Theaters St.Gallen unter der Leitung von Christine Krug.

«Ich bin für die Umsetzung verantwortlich – nicht für den Entwurf», stellt Christine Krug gleich zu Beginn klar. «Die Kostümbildnerin entwirft gemeinsam mit der Regie das Kostümkonzept, wir setzen es dann um.» Für die diesjährige «Tosca»-Produktion sei die Vision klar: eine dystopische «Near-future»-Welt, geprägt von einem totalitären Regime. «Die Kostümbildnerin bezieht sich dabei auf Filme wie ‹The Handmaid’s Tale› und aktuelle politische Entwicklungen», sagt Krug. «Unsere Aufgabe ist es, diese Vision Realität werden zu lassen.»

Freilichtproduktionen wie die Festspiele bringen spezielle Herausforderungen mit sich. «Der grösste Unterschied zum Theater ist das Wetter. Deshalb bekommen alle Skiunterwäsche», sagt sie mit einem Lächeln. «Wir erinnern die Kostümbildner immer wieder daran, das Wetter zu berücksichtigen – aber die Entwürfe sprechen manchmal eine andere Sprache.» So müsse ihr Team dann improvisieren: «Wenn z.B. tiefausgeschnittene Rokoko-Gewänder bestellt werden, organisieren wir Eiskunstlauf-Bodies oder Strumpfhosen – zum Glück gibt es die inzwischen auch mit Thermofunktion.»

Die Kreativität endet dabei nicht an der Nähmaschine. «Bei ‹Edgar› mussten viele Darsteller nackt erscheinen. Die Eiskunstlauf-Kleider waren unsere Lösung – bemalt, sodass es aus der Distanz echt aussah», erinnert sich Krug. «Oder ein Sänger in den ‹Due Foscari› erhielt einen massgeschneiderten Neoprenanzug, damit er im Sumpf sterben konnte, ohne sich zu erkälten.» Der Produktionsprozess beginnt kurz nach den Festspielen. «Da gebe ich eine erste Einschätzung ab: Ist das Konzept machbar – zeitlich, finanziell?» Kostüme entstehen teils aus dem Fundus, teils in Eigenarbeit. «Wir kaufen auch gelegentlich zu – aber immer mit Blick auf das Budget.» Die Chorkostüme 2025 etwa entstehen in einer Schneiderei in Mailand. «Die Kostüme der Solisten fertigen wir selbst, dafür haben wir sechs Wochen Zeit – mit Hilfe von Aushilfen.»

Insgesamt arbeiten in Krugs Abteilung zehn Schneider sowie Aushilfen für «Tosca», drei Gewandmeister, zwei Assistentinnen und eine Person für Fundus und Planung. Auch eine Wäscherin gehört zum Team. «Für ‹Tosca› brauchen wir 15 davon», sagt sie. Trotz dieser Logistik bleibt der kreative Anspruch hoch. «Die Kostümbildnerin wünscht sich für «Tosca» Elemente der 1930er, 40er und 50er Jahre, aber mit futuristischem Einschlag», so Krug. Man darf auf die Umsetzung gespannt sein …

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