«Die Auszeichnung zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind»
Stefan Bamberger, wie haben Sie den Moment erlebt, als Sie auf der Bühne der Digital Conference als Digital Shaper Ostschweiz ausgezeichnet wurden?
Das war ein sehr bewegender Augenblick. Auf der Bühne zu stehen und die Anerkennung für ein Thema zu erhalten, das mir sehr am Herzen liegt, war ein intensives Erlebnis. Dabei habe ich jedoch auch gleich an mein Team bei Fluidbot AG gedacht. Ohne die Leidenschaft, den Mut und die Ausdauer der Mitarbeitenden wäre dieser Erfolg nicht möglich gewesen. Die Auszeichnung sehe ich nicht nur als persönliches Lob, sondern vor allem auch als Zeichen, dass wir gemeinsam auf dem richtigen Weg sind und dass digitale Innovation in vermeintlich unsichtbaren Bereichen wie der Wasserinfrastruktur immer mehr Beachtung findet.
Fluidbot entwickelt autonome Roboter für Trinkwasserleitungen – wie kamen Sie ursprünglich auf diese Idee?
Die Fluidbot AG entstand aus einem einschneidenden Ereignis: Ein grosser Wasserrohrbruch an der Fürstenlandbrücke in St.Gallen im Jahr 2021 war der Auslöser für die Frage, weshalb solche Schäden überhaupt entstehen können. In Gesprächen mit Versorgern zeigte sich rasch, dass es bislang keine effiziente Lösung zur proaktiven Überwachung von Leitungsnetzen gibt. Daraus entstand die Idee, ein modulares und autonomes Inspektionssystem zu entwickeln. Die ersten Schritte erfolgten in Zusammenarbeit mit der Robofact AG in Gossau während des Studiums. Mitte 2023 wurde daraus die Fluidbot AG gegründet.
Trinkwasserinfrastrukturen gelten als Bereich mit Nachholbedarf bei der Digitalisierung. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Dies hat mehrere Gründe. Die Bevölkerung weiss allgemein eher wenig über die Trinkwasserversorgung. Solange aus dem Wasserhahn eine klare Flüssigkeit kommt, machen sich die wenigsten Gedanken, was es alles braucht, um dies zu ermöglichen. Wasserinfrastrukturen und deren Betreiber agieren traditionell im Hintergrund.
Heisst das, die Branche ist bewusst eher zurückhaltend bei Neuerungen?
Für die Wasserversorgung haben Sicherheit und Verlässlichkeit oberste Priorität. Deshalb fehlen oft Ressourcen für innovative und langfristige Projekte. Wasserleitungen liegen jahrzehntelang schwer zugänglich unter den Strassen und sind schwer zu überwachen. Bestehende Robotik-Lösungen aus anderen Bereichen können aufgrund der Hygieneanforderungen, Drücke und Netzstrukturen nicht übernommen werden. Mit unserem Ansatz wollen wir erreichen, dass auch in der Trinkwasserversorgung Digitalisierung ökologisch und ökonomisch sinnvoll wird.
Unternehmerische Wege sind oft steinig. Gab es Momente, in denen Sie ernsthaft ans Aufgeben dachten?
Natürlich gab es immer wieder ungewisse Momente. Anfangs vor allem bezüglich der technischen Machbarkeit und später mehr bezüglich der Finanzierung der komplexen und somit teuren Entwicklung. Rückschläge gibt es immer wieder, doch wir glauben an unsere gemeinsame Vision, was uns tagtäglich motiviert. Ernsthafte Gedanken ans Aufgeben finden da keinen Platz und aufgeben ist für uns keine Option.
Welche Rückmeldungen haben Sie aus den bisherigen Pilotprojekten erhalten?
Da sich unser Produkt noch in der Entwicklung befindet, konnten wir bislang erst einige wenige Pilotprojekte durchführen. Die Resonanz ist jedoch durchweg positiv. Den Pilotkunden ist es erstmalig möglich, ihre Leitungen von innen zu sehen und punktuelle Stellen wie Schweissnähte genauer zu überprüfen.
«Ohne mein Team wäre dieser Erfolg nicht möglich.»
Welche Vorteile ergeben sich daraus konkret für die Versorger?
Unser Roboterdesign ermöglicht eine stabile Bewegung in den Leitungen und generiert hochauflösende Daten. Mit zusätzlichen Sensoren und Algorithmen, welche die generierten Daten verarbeiten, entsteht ein ganzheitliches Bild zum Zustand der Infrastruktur und der Wasserqualität. Periodische Kontrollen erlauben es, Veränderungen und Trends zu identifizieren. Dadurch können Sanierungen geplant werden, anstatt nur auf Rohrbrüche zu reagieren.
Sie haben einmal gesagt, dass Sie ohne Ihr Team nicht hier wären. Was zeichnet Ihr Team aus?
Es ist das Herzstück von Fluidbot. Wir vereinen Know-how aus verschiedensten Bereichen mit einer grossen Leidenschaft für das, was wir tun. Wir haben einen starken Zusammenhalt und unternehmen auch ausserhalb der Arbeit Dinge gemeinsam. Jeder trägt Verantwortung, alle denken mit, alle sind bereit, Neues zu lernen, und alle unterstützen sich gegenseitig. Diese Kultur hat uns an den Punkt gebracht, an dem wir heute stehen.
Welche Rolle spielte die Innovationsförderung durch den SVGW für die Weiterentwicklung von Fluidbot?
Die Unterstützung durch den SVGW war ein entscheidender Meilenstein. Sie hat uns nicht nur finanziell Luft verschafft, sondern auch Glaubwürdigkeit in der Branche gegeben. Wenn der Branchenverband selbst überzeugt ist, dass das, was wir machen, relevant ist, öffnet das diverse Türen. Am wichtigsten ist aber: Jede Förderung hat unserem Team einen weiteren Motivationsschub gegeben.
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Der Titel «Digital Shaper» kam durch eine öffentliche Abstimmung zustande. Was bedeutet es Ihnen, dass die Menschen in der Region Ihnen ihre Stimme gegeben haben?
Ich bin sehr dankbar für jede einzelne Stimme und es macht mich stolz. Die Auszeichnung durch die öffentliche Abstimmung zeigt, dass unsere Arbeit nicht nur innerhalb der Branche, sondern auch bei der Bevölkerung wahrgenommen wird. Es ist ein Zeichen dafür, dass wir mit unserer Technologie und unserem Engagement auf dem richtigen Weg sind. Persönlich empfinde ich es als Ansporn und als Wertschätzung für das gesamte Team. Gleichzeitig sehe ich es auch als Verantwortung, digitale Innovation in der Region voranzutreiben.
Welche Rolle spielt für Sie die Ostschweiz als Standort?
Die Ostschweiz ist für Unternehmen wie Fluidbot ein spannender Standort. Hier treffen technisches Know-how, ein starkes Netzwerk von Industriepartnern und eine pragmatische Mentalität zusammen. Für uns ist das unschätzbar wertvoll, gerade bei Pilotprojekten. Die Ostschweiz ist unser Fundament. Für mich persönlich ist es die Region, in der ich verwurzelt bin. Ich empfinde es als Privileg, hier eine Technologie zu entwickeln, die weltweit relevant sein kann.
Wenn Sie in zehn Jahren zurückblicken: Was würden Sie sich wünschen, dass man mit Ihrem Namen verbindet?
Mein Wunsch ist, dass man meinen Namen weniger mit mir als Person verbindet, sondern mit dem, was wir bei Fluidbot als Team geschaffen haben: eine Technologie, die Leitungsinfrastrukturen sicherer, nachhaltiger und effizienter macht. Wenn man in zehn Jahren sagt: Fluidbot hat Standards gesetzt und Verantwortung für unser Trinkwasser übernommen – dann bin ich zufrieden. Und wenn man dazu noch anmerkt: Das war das Werk eines grossartigen Teams, dann wäre das die schönste Anerkennung.
Text: Patrick Stämpfli
Bild: Gian Kaufmann
