St.Gallen

Beim König der Lachse

Beim König der Lachse
Oliver Fahr
Lesezeit: 5 Minuten

Eine Lachsräucherei im Toggenburg? Die Balik-Lachsfarm in Ebersol ist genauso ungewöhnlich, wie es klingt. CEO Oliver Fahr spricht im Interview über die besondere Geschichte des alten Bauernhofs, die weltweite Berühmtheit der Marke, Geheimnisse, die gehütet werden – und wie man guten Fisch mit dem Auge erkennen kann.

Text: Miryam Koc

Oliver Fahr, die Geschichte von Balik führt nach Russland. Was hat es damit auf sich?
Das war ein wirklicher Glücksfall, als unser Gründer, Schauspieler Hans Gerd Kübel, während eines Gastspiels in Berlin Israel Kaplan kennenlernte, den Enkel des letzten Hoflieferanten der Romanov-Zaren-Dynastie. Kaplan hat all die Jahre das Wissen seines Grossvaters bewahrt. Die beiden Herren verstanden sich auf Anhieb und gemeinsam entwickelten sie die Vision, die Familien-Räuchertradition fortzusetzen. Die mehr als 100 Jahre alte Geheimrezeptur ist einzigartig und noch heute verwenden wir sie zur Veredelung unserer Lachse.

Deshalb auch der Name «Balik»?
Ja, in Anlehnung an die damalige Räucher-Tradition der Familie Kaplan aus Riga. Balyk bezeichnet auf Russisch «das beste Stück vom Fisch». Das Firmenlogo zeigt den König der Fische mit Krone und Zepter, ebenfalls eine Anlehnung an die zaristische Herkunft des Rezepts.

Der 300-jährige Bauernhof in Ebersol ist umgeben von Hügeln und Kühen. Die Ortschaft hat nicht mal einen Bahnhof, trotzdem beliefern Sie die ganze Welt. Was macht Ebersol für Sie so besonders?
Logistisch gesehen mag jeder andere Ort optimaler sein, doch das einzigartige Zusammenspiel von Klima, wunderbarer Luft, eigenem reinem Quellwasser und regionalem Holz – ganz zu schweigen von dem Fachwissen und der Leidenschaft unserer Mitarbeiter, die teilweise seit bis zu vier Jahrzehnten bei Balik tätig sind – machen diesen Ort einzigartig.

«Je nach Wetterlage dauert das Räuchern des Lachses länger oder kürzer.»

Balik-Lachs gilt als Delikatesse und hat auf der ganzen Welt Bekanntheit erlangt. Woran kann man hochwertigen Lachs mit dem Auge erkennen – bevor man ihn kostet?
Achten Sie beim Kauf von frischem Lachs auf die Färbung der Haut – vom Rücken hin zum Bauch sollte sie eine schöne Abstufung von Tiefschwarz, Blau- und Silbertönen bis zu Weiss aufweisen. Und dann natürlich wie bei anderen Fischen auch die Augen (glänzend), Kiemen (leuchtendes Rot, feucht) und die Konsistenz des Fleisches (bei leichtem Druck mit dem Finger dürfen keine Druckstellen zurückbleiben).

Sie beziehen den Lachs grösstenteils aus Norwegen. Lachsfarmen stehen dort wegen der Tierhaltung immer wieder in der Kritik. Sie setzen aber stark auf Nachhaltigkeit und das Tierwohl. Wie gelingt das?
Für Balik verwenden wir nur feinsten norwegischen Zuchtlachs, den wir hauptsächlich von einem Lieferanten beziehen. Ein Familienbetrieb, der lückenlos auf Qualität ausgerichtet ist. Nachhaltigkeit und Tierwohl sind hier selbstverständlich – ohne diese Denkweise ist eine perfekte Qualität nicht möglich. Was essenziell ist bei der Aufzucht, sind die drei Faktoren Zeit, genügend Platz und ausgezeichnete Ernährung. 

Der Fisch kommt im gefrorenen Zustand nach Ebersol. Was passiert danach?
Am ersten Tag des traditionellen Veredelungsprozesses tauen die Lachse langsam in fliessendem, klarem Wasser auf, das unserer eigenen Bergquelle entspringt. Am Folgetag werden die Lachse sorgfältig in zwei Hälften geschnitten, die anschliessend von Hand behutsam mit Salz veredelt und über Nacht gelagert werden.

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Und dann werden sie geräuchert?
Genau. Nach den ersten Veredelungsschritten werden die Lachshälften am dritten Produktionstag liegend in das Herzstück der Manufaktur, den Räucherofen, gebracht. Hier werden sie in den nächsten zehn bis zwölf Stunden von sanftem, nicht zu warmem Rauch umhüllt. Wie so vieles in der traditionsreichen Manufaktur ist auch die Rauchentwicklung abhängig von der Natur – je nach Wetterlage dauert das Räuchern des Lachses länger oder kürzer. Allein der Räuchermeister entscheidet mit viel Feingefühl und jahrzehntelanger Erfahrung, wann die Lachse aus dem Ofen geholt werden. Welches Holz für das Räuchern Verwendung findet, ist Betriebsgeheimnis. Mehr als die Aussage, dass es eine lokale Art ist und für den perfekten Veredelungsprozess fünf Jahre gelagert und getrocknet sein muss, kann man keinem Mitarbeiter entlocken. Dazu nur soviel: Für das Räuchern werden ganze Holzscheite verwendet.

Was passiert am vierten Tag?
Die Lachse werden pariert – jeder Schnitt wird kunstvoll ausgeführt und sitzt perfekt. Gleichzeitig wird jedes Filet mit geschultem Auge kritisch begutachtet. Denn bei der Veredelung unserer Lachse steht die kompromisslose Qualität an oberster Stelle. Nur die allerbesten Stücke verdienen das Prädikat Balik.

Jedes Jahr werden in Ebersol 40’000 Lachse speziell geräuchert, was zum einzigartigen Balik-Geschmack führt. Was unterscheidet Ihr Vorgang von herkömmlichen Räucherungen?
Es sind viele kleine Arbeitsschritte, die alle von Hand ausgeführt werden, notwendig, um die einzigartige Balik-Qualität zu erreichen. Die oben erwähnten Produktionstage tragen alle in kleinen Schritten dazu bei, dass am Ende die perfekte Harmonie aus Lachs, Salz und Rauch zum Vorschein kommt. Auch die Architektur der Öfen ist einmalig – und natürlich gibt es einige kleine Geheimnisse, die Geheimnisse bleiben sollen.

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Ausser Wägen und Vakuumieren wird der ganze Prozess in Handarbeit gemacht. Gibt es bald eine Automatisierungswelle?
Keinesfalls. Balik ist und bleibt reine Handwerkskunst!

Was sind Ihre wichtigsten Vertriebskanäle?
Unsere wichtigsten Vertriebskanäle sind die Privatkunden, das B2B-Geschäft (Gastronomie, Hotellerie und Delikatessenläden), die eigenen Verkaufsstellen in der Schweiz (Balik Kitchen im Globus) und die Schwestergesellschaften der Caviar House & Prunier-Gruppe im In- und Ausland. 

Bald steht Weihnachten an. Was bedeutet das für Balik?
Weihnachten hat für uns eine doppelte Bedeutung: Es ist nicht nur unsere Hochsaison, sondern auch die Zeit, in der wir bei zahlreichen Familienfesten fest zur Tradition gehören dürfen. Teilweise beliefern wir Kunden über drei Generationen hinweg. Wir erhalten noch handschriftliche Bestellungen; ab und zu sind sogar Dankesschreiben mit Fotos der Familien beigelegt. Das erfüllt uns mit Dankbarkeit und auch ein klein wenig mit Stolz.

Das Geschäftsjahr 2023 neigt sich dem Ende zu. Sind Sie zufrieden?
Alles in allem sind wir sehr zufrieden. Das Jahr 2023 war turbulent – aber im positiven Sinne. Wir durften unsere Balik-Kitchen-Bars mit integrierten Shops in den Globus Filialen St.Gallen, Luzern und Bern eröffnen. Ein für Balik neues Geschäftsfeld, dem wir für die Zukunft viel Potenzial zuschreiben. Auch im Bereich Export haben wir gute Fortschritte gemacht – und die Nachwehen aus der Coronazeit sind mehrheitlich abgeklungen.

Und was erwarten Sie vom neuen Jahr?
Gegen sinkende Inflationsraten in der EU und einen etwas stärkeren Euro hätten wir nichts einzuwenden. Wir haben uns organisatorisch und strategisch in den vergangenen zwei Jahren bei Balik auf Gruppenebene stark verändert. Damit steht die Weiterentwicklung des neuen Shop-in-Shop-Konzeptes an – und natürlich fokussieren wir auf das Feintuning der bereits eröffneten Bars und Shops. Der B2B-Bereich in der Schweiz und im Export wird ebenfalls weiter ausgebaut; alles aber Schritt um Schritt. Das neue Jahr wird somit erneut intensiv, und darauf freuen wir uns.

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