Ostschweiz

Flach spielen und hoch gewinnen

Flach spielen und hoch gewinnen
Jakob Gülünay
Lesezeit: 4 Minuten

Jakob Gülünay ist seit April 2023 Geschäftsführer der Säntis-Schwebebahn AG. Der Unternehmer aus Urnäsch hat mit dem Betrieb, der neben der Schwebebahn auch ein Hotel und drei Restaurants betreibt, so einiges vor – noch vor dem 100-Jahre-Jubiläum 2035.

Jakob Gülünay, wir führen dieses Gespräch nicht 100, sondern 200 Tage nach Ihrem Amtsantritt als Geschäftsführer der Säntis-Schwebebahn AG. Wie waren die ersten sieben Monate?
Sehr intensiv, abwechslungsreich und voller positiver Energie. Ich hatte meinen Start am 1. April 2023, also zu Beginn der Saison. Ende Juni, nach knapp 100 Tagen, meine erste GV und danach gefühlt Schlag auf Schlag einen Anlass nach dem anderen. Nun stehen wir kurz vor Jahresende und ich denke mir: Was, so schnell?

Sie wohnen in Urnäsch mit Blick auf den Säntis. Wann waren Sie zum ersten Mal «oben»?
Ich denke mit sieben Jahren, wenn ich mich richtig erinnern kann.

War es ein Kindheitstraum, einmal auf dem Berg zu arbeiten?
Nein, ich habe eigentlich während all den Jahren keinen Gedanken daran gehabt. Fasziniert haben mich der Berg und das Unternehmen aber von klein auf.

«Wir haben ein einmaliges Produkt mit Säntis, Schwägalp und faszinierender Natur.»

2019 beschädigte eine Lawine einen der beiden Stützmasten der Säntisbahn. Zwar wurde die Stütze verstärkt, der Bund erteilte aber nur noch eine Konzession bis 2025. Steht die neue Bahn bis 2026?
Die Stütze 1 sowie das Hotel wurden damals stark beschädigt. Hotel wie auch Stütze befinden sich heute wieder in einem absolut einwandfreien und sicheren Zustand. Was die Stütze angeht, haben wir die Konzession bis Ende 2025, das ist korrekt. Und ja, wir sind zuversichtlich, dass die Bahn bis Ende 2026 stehen wird, daran arbeitet das ganze Projektteam sehr intensiv rund um unseren Projektleiter Michael Wehrli.

Die neue Bahn wird nur noch über einen Stützmast geführt statt über zwei, der dafür etwas höher ist. Er würde sich auch als Basis für Bungee-Jumping oder Paragliding anbieten, nicht?
Ja klar, das liegt doch auf der Hand (lacht). Nein, Spass beiseite: Wir werden an unserer Tradition und unseren Werten nicht grossartig etwas verändern, halten an diesen fest. Was wir aber mit Sicherheit bereits jetzt schon sagen können: Der Ausstieg an der Stütze ist nach wie vor gewährleistet und wird künftig mehr an Bedeutung gewinnen – mehr kann ich noch nicht verraten.

Die Bahn wird während mehreren Monaten nicht fahren. Wie überbrücken Sie diese Zeit, auch finanziell?
Das ist eine berechtigte Frage. Finanziell sind wir gut und solid aufgestellt und haben über die Jahre entsprechende Rückstellungen getätigt. Gemeinsam mit unseren Partnerbanken arbeiten wir an der entsprechenden Finanzierung. Die Vorzeichen sind positiv und stimmen uns zuversichtlich. Weiter arbeiten wir in internen Projektteams intensiv an neuen Dienstleistungen und Produkten.

 

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Der Säntis eignet sich mit Bahn, Hotel und Restaurants geradezu ideal für Seminare und Kongresse. Persönlich habe ich den Eindruck, dass dieser Bereich nicht allzu sehr gepusht wird. Täusche ich mich?
Das kann man so direkt nicht sagen. Wir werden künftig den Bereich Seminar und Hotel intensiver bearbeiten, da werden wir einen Fokus setzen. Weiter planen wir erste grössere Kongresse zusammen mit Partnern aus Wirtschaft und Bildung. Alle Massnahmen und Aktivitäten mit dem Ziel, die interne Wertschöpfungskette zu verlängern.

Sind Kongresse im digitalen Zeitalter nicht aus der Zeit gefallen?
Nein, überhaupt nicht, nach der Pandemie sehe ich eher das Gegenteil: Nichts ersetzt den persönlichen Kontakt, das gepflegte Netzwerken. Mit dem digitalen Zeitalter eröffnen sich grossartige neue Möglichkeiten, die zusätzlich genutzt werden können. Ich kann viel mehr Interaktion mit den Gästen erzeugen, habe mehr Reichweite, falls ich nicht physisch dabei sein kann und vieles mehr. Einfach gesagt: Die Mischung machts.

Die Säntis-Schwebebahn AG deckt mit ihren rund 200 Mitarbeitern eine breite Palette von Berufen ab, von der Hotellerie über die Gastronomie zur Bahntechnik und den Infrastrukturunterhalt. Trotz der eher peripheren Lage scheinen Sie kaum unter dem Fachkräftemangel zu leiden. Dazu dürfte auch das für 2023 radikal modernisierte Personalreglement beigetragen haben?
Rückblickend kann ich meinen Kollegen nur gratulieren und ein grosses Kompliment machen. Das per 1. Januar 2023 eingeführte neue Personalreglement hat v. a. den Bereich Hotel und Gastro gestärkt, was sich bei Bewerbungen immer wieder positiv bemerkbar macht. Wir haben die einzelnen Geschäftsbereiche so weit wie möglich harmonisiert, haben wir doch zwei verschiedene GAV in ein und demselben Betrieb (Gastro/Hotel und Bahn). Nebst zahlreichen Vergünstigungen und Vorteilen, Verpflegungspauschalen u. v. m. haben wir flexible Arbeitszeitmodelle mit bis zu sieben Wochen Ferien. Und das Wichtigste: Wir haben ein hervorragendes, motiviertes Team und eine positive Arbeitsstimmung.

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Sie haben Fussball gespielt, waren Verwaltungsrat des FCSG. Für welche Taktik haben Sie sich für die Säntis-Mannschaft entschieden?
Flach spielen und hoch gewinnen (lacht). Ich denke, der aktuelle Verwaltungsrat des FCSG 1879 lebt es exzellent vor: Identität und Begeisterung schaffen, mutig sein, nach vorn schreiten, jede sich bietende Chance nutzen und trotzdem bescheiden bleiben, seine Wurzeln nicht verlieren. Wir haben ein unglaubliches, einmaliges Produkt mit dem Säntis, der Schwägalp und der faszinierenden Natur. Das gilt es, aktiv nach aussen zu tragen, ohne seine Wurzeln zu verlieren.

Zum Schluss: Von welchem nächsten grossen Wurf träumen Sie?
Es sind zwei. Der erste grosse Wurf 2026 mit dem Neubau der Bahn, die eine neue Ära der Säntis-Schwebebahn AG einleiten wird. Und: 2035 werden wir das 100-Jahre-Jubiläum feiern. Wir dürfen als Team ein Teil der Geschichte sein und diese mitschreiben. Darauf freue ich mich unglaublich und bin sehr stolz darauf.

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