Fokus KMU-Tag 2022

«Beziehungspflege muss neu definiert werden»

«Beziehungspflege muss neu definiert werden»
Thomas Züger und Christoph Brunner
Lesezeit: 3 Minuten

Die Digitalisierung hat die Arbeitswelt nachhaltig verändert. Das hat auch Auswirkungen auf die Beziehungspflege von Unternehmen. Thomas Züger, CEO der St.Galler Beratungsgesellschaft OBT, und Christoph Brunner, Leiter Treuhand bei OBT, über Loyalität, Fallstricke und Emotionen.

Warum sind gute Beziehungen ihrer Erfahrung nach für den Erfolg eines Unternehmens wichtig?
Thomas Züger: Ein Unternehmen ist nichts anderes als ein Geflecht von Verbindungen zwischen verschiedenen Anspruchsgruppen (Mitarbeitenden, Kunden, Lieferanten, staatlichen Organisationen etc.). Die erfolgreiche unternehmerische Tätigkeit beruht im Wesentlichen auf tragfähigen, langjährigen und loyalen Beziehungen eben zwischen diesen Gruppen. Wenn diese Beziehungen gut gepflegt werden, dann halten sie auch einiges aus.

Haben die Corona-Jahre, in der Beziehungen ja v. a. digital gepflegt wurden, die Beziehungspflege nachhaltig verändert?
Thomas Züger: Weniger die Corona-Jahre, aber vor allem die Digitalisierung verändert unsere (Arbeits-)Welt. Prozesse werden beschleunigt, aber eben auch unpersönlich. Die Pflege der persönlichen Beziehungen muss neu definiert werden, weil sie nicht mehr so automatisch passiert. Erfolgreich dürfte dasjenige Unternehmen sein, dem es gelingt, die Digitalisierung geschickt für Prozessoptimierungen zu nutzen, aber trotzdem die persönliche Note in Geschäftsbeziehungen aufrechterhalten kann. Ohne Emotionen in Beziehungen fehlt die Spannung. Bei vergleichbaren Angeboten wird derjenige zum Zug kommen, der neben dem Kopf auch das Herz ansprechen kann.

Welches sind Ihrer Erfahrung nach die grössten Fehler, die von KMU in der Beziehungspflege häufig gemacht werden?
Thomas Züger: Routine und Arbeitslast bringen Menschen dazu, die Beziehungspflege zu vernachlässigen. Beziehungen können nicht nur gepflegt werden, wenn es zeitlich gerade passt (geringere Arbeitslast) oder der Bedarf (ich will etwas von meinem Gegenüber) aktuell vorhanden ist. Dies sind opportunistische Beziehungen, die nicht standfest sind. Stetig daran arbeiten, das ist das Motto. Allerdings braucht dies auch eine einwandfreie Selbstorganisation und letztlich die Überzeugung, dass dies auch notwendig ist. Unternehmen und deren Menschen verlassen sich allzu oft auf die technische Beziehungspflege.

  

OBT unterstützt Unternehmen auch bei Nachfolgeregelungen. Welches sind die Knackpunkte bei solchen Vorhaben?
Christoph Brunner: Die Begleitung von Unternehmern und Unternehmerinnen in ihrer Nachfolgeregelung ist auch für uns ein enorm anspruchsvoller Prozess. Da geht es um viele technische Fragen, die souverän gelöst werden müssen: Finanzen, Unternehmensbewertung, Steuern, Ablöseprozess und so weiter. Überlagert werden diese aber von der Notwendigkeit, Vertrauen und Wertschätzung füreinander zu haben und diese im Verlauf des Prozesses auf- und ausbauen zu können. Und zwar nicht nur zwischen dem Auftraggeber und Berater/in, sondern auch zum potenziellen Erwerber.

Eine Nachfolge ist allerdings erst abschliessend geregelt, wenn sich die vereinbarte Lösung auch im unternehmerischen Alltag bewährt hat, oder?
Christoph Brunner: Das ist richtig. Mit der Vertragsunterzeichnung ist zwar ein Meilenstein erreicht, aber die richtigen Bewährungsproben kommen erst. Hier lauert eine grosse Gefahr. Nach vielen Gespräche und harten Verhandlungen fühlen sich die Parteien mit einer Einigung am Ziel und sind auch etwas erschöpft. Dies ist aber erst der Anfang und ab jetzt wird es wirklich hart. Kommunikation, Integration, Anspruchsgruppen auf den Weg mitnehmen etc., sind sehr anspruchsvolle Aufgaben.

Welche Bedeutung hat eine abgeschlossene Nachfolgeregelung für Sie als Berater?
Christoph Brunner: Mit der erfolgreichen Regelung der Nachfolge fallen bei den Unternehmer/innen viel Druck und Verantwortung ab. Mitzuerleben, wie die Erleichterung gross ist, wenn die Unternehmung in gute Hände weitergegeben werden kann, ist toll. Und noch schöner ist es, wenn die Parteien auch Jahre danach bestens miteinander auskommen. Hier dabei zu sein und eine kleine Rolle spielen zu dürfen, ist ein Privileg.

Sie haben am diesjährigen KMU-Tag einen Workshop zu diesem Thema durchgeführt. Was haben Sie den Teilnehmerinnen und Teilnehmern dort vermittelt? Christoph Brunner: Wir wollten die Teilnehmenden an den Erfahrungen teilhaben lassen, die ein Unternehmer auf seinem Weg der Nachfolgeregelung gemacht hat. Wir als Berater haben den Vorteil, dass wir die Erfahrung von sehr vielen Fällen einbringen können und die möglichen Stolpersteine frühzeitig sehen. Aber von einem Direktbetroffenen 1:1 seine Geschichte zu hören, ist sehr authentisch und eindrücklich.

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