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Bürolandschaft im Wandel

Bürolandschaft im Wandel
Lesezeit: 3 Minuten

Wohnkomplexe mit Co-Working-Spaces und flexible Büroräumlichkeiten erfreuen sich wegen der Pandemie steigender Beliebtheit. Doch hält der Trend an? Und was bedeuten die neuen Bedürfnisse von Arbeitgebern und -nehmern für die Gewerberaumlandschaft? Martin Kull (HRS) und Majid Parente (Collektiv) beantworten diese Fragen unterschiedlich.

Eine Entwicklung, die in den vergangenen Jahren immer mehr an Dynamik gewonnen hat, ist das Wachstum von Co-Working-Spaces und flexiblen Gewerberäumen. Diese modernen Arbeitsumgebungen bieten Unternehmen und Freiberuflern eine Vielzahl von Vorteilen, darunter flexible Arbeitszeiten, kosteneffiziente Lösungen – und eine inspirierende Gemeinschaft von Gleichgesinnten.

Majid Parente, Martin Kull
Majid Parente, Martin Kull

Neue Themen im Fokus

Die kürzlich veröffentlichte Studie «Oh!ffice – Die Zukunft des Arbeitsortes zwischen Ausnahmezustand und New Normal» des Gottlieb-Duttweiler-Instituts (GDI) ging der Frage nach, wie sich die Bedürfnisse und Ansprüche an den Arbeitsort infolge der Pandemie verändert haben. Die Autoren prophezeien, dass wir weder zum Zustand
vor 2020 zurückkommen noch den Ausnahmezustand schlicht fortsetzen werden. Die Veränderungen werden getrieben von den massiven Verlagerungen der Erwerbsarbeit, aber auch vom Bedürfnis nach einer ökologischeren Bürowelt.
So werden Themen wie Nachhaltigkeit, Klimafreundlichkeit und Mobilität noch eine wichtigere Rolle einnehmen.

Spürt man das auch in der Ostschweiz? «Der Flächenbedarf pro Arbeitsplatz ist gestiegen. Die Flächen für den interaktiven Austausch sind wichtig. Flexible Arbeitsplatzmodelle und Belegungen sind absolut im Trend. Die Frage ist, wie lange und mit welchen Bedingungen es noch Homeoffice gibt. Leute, die man nie sieht, gehen ‹vergessen› und ihre Notwendigkeit wird hinterfragt», sagt Martin Kull, CEO und Inhaber der HRS Real Estate AG.

Gebäude umfunktionieren

Majid Parente, Gründer des St.Galler Start-ups Collektiv AG, glaubt hingegen fest daran, dass hybrides Arbeiten gekommen ist, um zu bleiben: «Ich hoffe, dass die Immobilienbranche sich nicht nur neuen Konzepten, sondern auch unkonventionellen Vertragsverhältnissen und Entwicklungen öffnet. Dies ist ein wichtiger Schritt, der gegangen und gemacht werden muss, um auch unseren Wirtschaftsstandort zu stärken. Top-Fachkräfte können in der Region wohnen, ihr Wissen und ihre Arbeitskraft aber national oder international anbieten. Die Region entwickelt sich so weiter und nimmt auch progressiver Neues an, sodass die jüngere Generation bleiben will und nicht in Grossstädte abwandert.» Die künftige Generation der Arbeitnehmer beeinflusse den Trend des hybriden Arbeitens massgeblich. Die Gen Z sorge laut Parente gar für den vielleicht grössten Umbruch, was Leben, Arbeiten und Wohnen angeht.

Die Collektiv AG belebt Häuser, die lange leer stehen, und funktioniert diese um. Auch in der GDI-Studie geht man davon aus, dass Umnutzungen ein grosses Thema sein werden. So werden Hotels zu Arbeitsorten, Traditionsgeschäfte werden zu Pop-up-Stores – und aus fast allem lässt sich ein Impfzentrum machen. Innenstädte würden sich dadurch zwar verändern, aber nicht an Bedeutung verlieren.

Grundsätzlich sei der Markt in der Ostschweiz ein intakter, sagt Kull: «Die Ostschweiz ist recht gross, heterogen und differenziert. Es ist klar, dass die Ballungszentren mehr gesucht sind als B-/C-Lagen. A-Lagen haben aber auch ihren Preis. Entscheidend ist und bleibt die Lage, sofern die Flächen die heute geforderten ökologischen und ökonomischen Vorgaben erfüllen.»

 

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«Flexible Arbeitsplatzmodelle und Belegungen sind absolut im Trend.»

Die Lage bleibe also einer der wichtigsten Faktoren, aber auch Adressbildung, Identität und Erreichbarkeit im Gebäude sind entscheidend, ob es zu einer Vermietung kommt oder nicht. Unattraktive Flächen und Flächen, welche die heutigen ökologischen Kriterien nicht mehr erfüllen, seien gemäss Kull stärker dem Verdrängungsmarkt ausgesetzt.

Laut der GDI-Studie wird das traditionelle Büro seine Existenzberechtigung nicht verlieren, sondern verändert seine Funktion. Es soll weniger als bisher auf Konzentration und Kommunikation fokussieren – das kann in Remote- oder Homeoffices genauso gut oder sogar besser erreicht werden –, sondern vor allem Aktion und Interaktion ermöglichen. Für Brainstormings, Teamwork, gemeinschaftliche kreative Prozesse aller Art sei ein physisches Zusammentreffen in einem zentralen Büro weiterhin erste Wahl.

Text: Miryam Koc

Text: Marlies Thurnheer, Unsplash, zVg

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