ASTAG TransportFlash April 2021

Wie geht’s mit der LSVA weiter?

Wie geht’s mit der LSVA weiter?
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Im Herbst 2020 ist Ständerat Thierry Burkart zum neuen Zentralpräsidenten des Schweizerischen Nutzfahrzeugverbands ASTAG gewählt worden. Zum 20-jährigen Jubiläum der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe bietet Burkart die Gelegenheit, einen Rückblick, aber auch einen Ausblick auf das bewegte und intensive Verhältnis der Strassentransportbranche mit der LSVA zu werfen.

Thierry Burkart, die LSVA feiert Jubiläum. Welche Bedeutung hat das für die Transportbranche?
Es ist eine lange Geschichte und für Strassentransportunternehmen bedeutet sie vor allem eines: eine intensive Zeit voller Emotionen, Herausforderungen und ständigen Ungewissheiten. Von Anfang an hat sich die ASTAG für die Interessen des Strassentransportgewerbes und gegen die Einführung bzw. die Entwicklung der LSVA eingesetzt.

Wie ist es überhaupt dazu gekommen?
Die Geschichte beginnt schon früher, vor der eigentlichen LSVA-Umsetzung per Januar 2001: 1994 wurde die Alpen-Initiative vom Stimmvolk angenommen. Ziel dieser Vorlage ist es, das Alpengebiet vor dem Transitverkehr zu schützen und die Verlagerung des alpenquerenden Verkehrs – von Grenze zu Grenze – von der Stras­se auf die Schiene zu fördern. Damit verbunden war auch ein Verfassungsartikel zur Einführung der LSVA, gegen den das Referendum erhoben wurde.

In den Monaten vor der Referendumsabstimmung von 1998 prallten zwei unversöhnliche Fronten aufeinander.
Ja. Auf der einen Seite die Verteidiger des Alpenschutzes und die Befürworter des Schienenverkehrs mit der Forderung, die Gelder aus der LSVA zum Teil für die Finanzierung von Bahnverbindungen durch die Alpen zu verwenden; auf der anderen Seite die Transporteure, die mit allen Mitteln ihren Widerstand zum Ausdruck brachten. Unterstützt wurden sie von den Chauffeuren, die zum Zeichen ihrer Sicht auf die Zukunft, im Falle einer Annahme der LSVA, schwarze Mützen trugen. Die Besorgnis über die zusätzliche steuerliche Belastung und die Stimmungsmache gegen die Strassentransportbranche mobilisierte die Unterstützer der Lastwägeler.

Und diese Unterstützung war beeindruckend.
In der Tat. Rund 7000 Personen haben mitgeholfen, insgesamt 191 313 Unterschriften für das Referendum gegen den Bundesbeschluss über die Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe zu sammeln. Die Unterstützung für die Transportbranche war enorm. Und trotzdem: Am 27. September 1998 stimmte das Schweizer Volk der Einführung der LSVA mit 57,2 Prozent zu.

 

  

Die LSVA und die EU – dieser Zusammenhang taucht immer wieder in Diskussionen um die Weiterentwicklung der LSVA auf. Was hat es damit auf sich?
Die LSVA ist eng mit der Europapolitik der Schweiz verknüpft. Grund dafür ist, dass die Rahmenbedingungen für die LSVA in der Bundes­verfassung und auch im Landverkehrabkommen mit der EU verankert sind. Mit der LSVA will die Schweiz den Verfassungsauftrag erfüllen und den Transitverkehr durch die Alpen (Alpeninitiative) eingrenzen. Die Schweiz und insbesondere der Gotthardtunnel wurden von ausländischen Spediteuren für den Transit durch den Alpenbogen stark genutzt. Der Abschluss eines Alpentransitabkommens gehörte daher zu den Prioritäten in den Verhandlungen mit der EU.

Der eigentliche Zweck der LSVA ist jedoch die Deckung von externen Kosten des Schwerverkehrs.
Ja, so steht es im LSVA-Artikel 85 der Bundesverfassung. Dank der laufenden Erneuerung der Fahrzeugflotten wurden hier bis heute massive Fortschritte erzielt. Moderne Nutzfahrzeuge der EURO-Normen 5 und 6, die einen Grossteil der Schweizer Flottenzusammensetzung ausmachen, verursachen kaum noch Schadstoffemis­sionen. Das Ziel ist somit eigentlich erfüllt!

Ein gutes Stichwort, wagen Sie einen Blick in die Zukunft?
Die Frage, wie es mit der LSVA weitergeht, wird uns in nächster Zeit intensiv beschäftigen. Ziel der ASTAG ist es, den Mitgliedern baldmöglichst die entsprechenden Antworten liefern zu können. Es geht dabei um Investitions- und Planungs­sicherheit und nicht zuletzt auch um Rechtssicherheit. Die Position der ASTAG baut dabei auf fünf Hauptforderungen auf:

  1. Eine Abklassierung von Fahrzeugen der EURO-Norm VI darf erst erfolgen, wenn eine allfällige EURO Norm VII serienreif und für alle Einsatzarten uneingeschränkt erhältlich ist. Alle Transportunternehmen müssen Zugang zu neuen Fahrzeugen haben, nur so ist eine faire Marktwirtschaft möglich.
  2. Weitere LSVA-Tariferhöhungen werden strikt abgelehnt. Schliesslich deckt der Strassentransport bereits heute alle seine Kosten vollumfänglich ab.
  3. Der grundlegende Zielkonflikt zwischen Lenken (möglichst wenig Verkehr) und der Finanzierung der Bahninfrastruktur (möglichst hohe LSVA-Einnahmen) muss eliminiert werden. Es kann nicht gleichzeitig eine Verkehrsreduktion angestrebt werden, wenn andererseits die Einnahmen aus dem Verkehr nicht vermindert werden dürfen. Das führt uns zum nächsten Punkt:
  4. Die Spielregeln – etwa das Erhebungssystem – dürfen nach der Zielerreichung nicht einfach wieder abgeändert werden.
  5. Die LSVA-Befreiung für schwere Nutzfahrzeuge mit Batterieantrieb muss aus Gründen der Investitionssicherheit bis mindestens ins Jahr 2028 bestehen bleiben.

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Leider zielt die Alpeninitiative in die gegenteilige Richtung.
Absolut! Seit Langem wird verlangt, dass das LSVA-System komplett umgestellt werde. Statt von EURO-Normen gemäss Schadstoffausstoss sollen die Tarife jetzt plötzlich von CO2-Emissionen abhängig gemacht werden. Das wäre eine komplette Änderung der Spielregeln – für die Transportbranche völlig inakzeptabel. Die ASTAG ist fest entschlossen, sich hier für ihre Mitglieder und die Strassentransporte einzusetzen, damit für die nächsten 20 Jahre ein fairer und ausgeglichener Marktzugang möglich ist.

Text: Patrick Stämpfli

Bild: zVg

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