Thurgau

«Wir wollen weltweit die Nummer 1 werden»

«Wir wollen weltweit die Nummer 1 werden»
Willi Lüchinger
Lesezeit: 5 Minuten

Die Forster Profilsysteme AG befindet sich im Aufbruch zu einer neuen Ära: Mit dem Bau eines modernen Campus auf einer Fläche von 30’000 m² in Romanshorn setzt das Unternehmen einen wegweisenden Schritt in seiner Geschichte. Was das für die Zukunft bedeutet, skizziert CEO Willi Lüchinger.

Willi Lüchinger, in Romanshorn baut die Forster Profilsysteme AG einen Campus als neuen Firmensitz – ein Meilenstein in der Geschichte. Was war ausschlaggebend für diesen Entscheid?
Für uns als Forster Profilsysteme AG war nach einer tieferen Analyse klar, dass wir in der jetzigen Konstellation unsere ambitionierten Ziele und die zukünftigen Herausforderungen nicht oder nur sehr schwierig erreichen können. Ein weiterer entscheiden-der Punkt war, dass wir am jetzigen Standort sehr limitiert wachsen und als Mieterin zudem nur sehr beschränkt auf die Prozesse und die Infrastruktur Einfluss nehmen können. Am Schluss kamen wir zum Entscheid, dass – wenn wir nachhaltig, qualitativ und klimaneutral wachsen wollen und die Marke Forster weiter stärken wollen – wir einen eigenen Standort benötigen, eine eigene Heimat.

Und für die Standortwahl?
Wir haben verschiedene Varianten geprüft. Selbst ein Wegzug aus der Schweiz war ein Thema, da einige Gründe für einen neuen Standort ausserhalb der Schweiz sprachen. Es sprachen jedoch deutlich mehr und gewichtigere Gründe für einen Verbleib in der Schweiz.

Die da wären?
Die Nähe zum jetzigen Standort, damit wir unsere gut qualifizierten und motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitnehmen können und so das Know-how uns erhalten bleibt. Die Analysen zeigten, dass die Marke Forster stark mit der Schweiz verbunden wird. Dies wollten wir beibehalten und weiterhin Swiss Quality und Made in Switzerland anbieten. In Romanshorn konnten wir ein grosses Grundstück finden, das gut mit unseren Bedürfnissen übereinstimmt und uns erlaubt, einen sehr modernen und effizienten Campus zu bauen und zu betreiben.

«Selbst ein Wegzug aus der Schweiz war ein Thema.»

Die Produktions- und Logistikhalle mit Hochregallager ist der grösste Bau. Wie wird diese die Effizienz der Firma steigern?
Wir haben das Werk und die Logistik nach den neusten Erkenntnissen LEAN-optimierter Arbeitsprozesse ausgelegt. In der neuen Produktions- und Logistikhalle läuft sehr vieles automatisch ab; die Arbeitsweise der Mitarbeitenden wird sich entsprechend ändern. Wir werden durch die verketteten Anlagen in der Produktion deutlich effizienter. Im Bereich der Logistik haben wir durch die Trennung der Anlieferung und Auslieferung die Möglichkeit, deutlich mehr Mengen in derselben Zeit umzuschlagen. Weiter werden wir konsequent den Weg der Digitalisierung gehen. Dies heisst, dass wir unter anderem in naher Zukunft kaum noch Papier in der Fertigung und Logistik sehen werden.

Auf welche Herausforderungen sind Sie bei der Planung und Umsetzung gestossen und welche Lehren wurden daraus gezogen?
Selbstverständlich bestand auch bei unserem Projekt das Risiko der unsicheren Lieferketten resp. der Einhaltung der Termine und der geplanten Kosten. Wir konnten nicht wie ursprünglich geplant mit dem Bau beginnen, da es schliesslich mehr Auflagen vom Kanton und der Stadt gab, als ursprünglich im Vorprojekt verlangt wurden. Durch ein straffes Projekt- und Kostenmanagement sind wir nun aber auf einem guten Weg und zuversichtlich, dass wir Kosten und Termine wie geplant einhalten können.

Würden Sie rückblickend etwas anders machen?
Sollten wir wieder einmal ein solches Projekt umsetzen dürfen, müssten wir im Vorprojekt die Anforderungen beim Kanton und der Stadt verbindlicher abklären. Dies erleichtert später die Planungsphase enorm und reduziert zudem die Kosten.

  

Es wird das erste Gewerbegebäudeensemble in der Schweiz sein, das die international bekannte LEED-Zertifizierung mit Gold-Level erhält. Was bedeutet das genau?
LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) ist eine weltweit verwendete Nachhaltigkeitszertifizierung und definiert eine Reihe von Standards für umweltfreundliches, ressourcenschonendes und nachhaltiges Bauen. Dabei werden Punkte gesammelt (sogenannte Credits), die man etwa für den Einsatz von speziell nachhaltigen Produkten, für die Organisation auf der Baustelle oder den späteren Betrieb wie der Arbeitsplatzgestaltung, Schonung der Ressourcen im Betrieb oder Gestaltung der Aussenanlagen erhält. Es gibt fünf Stufen, die erreicht werden können. Diese sind Zertifiziert, Bronze, Silber, Gold und die höchste Stufe ist Platinum. Für unser Projekt ist die höchstmögliche Zertifizierung, die wir erreichen können, Gold, da aufgrund der geografischen Lage des Campus eine Platinum-Zertifizierung ausgeschlossen ist. Für uns ist aber wichtig zu zeigen, dass unsere qualitativ hochwertigen Produkte einen wesentlichen Beitrag zum nachhaltigen Bauen leisten und wir für die nächste Generation ökologisch und nach den neuesten Erkenntnissen bauen.

Mit 600 Tonnen Green Steel für die Dachkonstruktion der Produktions- und Logistikhalle und des Technologiezentrums ist der Forster Campus für Debrunner Acifer als Lieferant das erste grosse Green-Steel-Projekt in der Schweiz. Warum haben Sie sich für «grünen» Stahl entschieden?
Wir haben uns von Anfang an zu einer nachhaltigen Bauweise bekannt. Weiter haben wir uns zum Ziel gesetzt, das Gebäudeensemble LEED-Gold zertifizieren zu lassen. Diese zwei Punkte waren für uns Grund genug, so viel Green Steel wie möglich einzusetzen. Besonders hat uns natürlich gefreut, dass wir dies mit dem regionalen Partner Debrunner Acifer als Lieferanten umsetzen konnten. 

Auch Ihre Branche war von Lieferengpässen und steigenden Preisen betroffen. Wie hat die Forster Profilsysteme AG diese Krisen gemeistert?
Tatsächlich wurden auch wir mit steigenden Preisen und Lieferengpässen konfrontiert. Wir haben jedoch in der Beschaffung eine gelebte Partnerschaft mit unseren Lieferanten und deshalb die «Krise» sehr gut meistern können.

Wieso machen Sie Gänsefüsschen beim Wort Krise?
Ich verwende in diesem Zusammenhang «Krise» nicht gerne, vielmehr nenne ich es Verknappung. In einer solchen Zeit hilft eine weitsichtige Beschaffungsstrategie, um Lieferengpässe besser zu meistern. Ich bin der Überzeugung, dass wir durch diese Weitsicht die angespannte Situation überdurchschnittlich gut gemeistert haben. Dies haben uns auch viele treue Kunden bestätigt.

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«Wir haben uns von Anfang an zu einer nachhaltigen Bauweise bekannt.»

Und was beschäftigt Sie aktuell?
Im Moment beschäftigt uns die in vielen Ländern stagnierende oder gar rückläufige Wirtschaftslage. Einige Länder kämpfen auf der einen Seite immer noch mit einer sehr hohen Inflation, auf der anderen mit rückläufigen Wachstumsprognosen. Wir müssen hier Lösungen finden, damit wir in unserer Nische trotzdem wachsen können.

Welche Märkte sind für Forster besonders vielversprechend?
Das internationale Geschäft wird für uns immer wichtiger. Wir haben klare Fokusmärkte definiert, in denen wir unseren Direktvertrieb in den nächsten Monaten und Jahren weiter ausbauen werden. Wichtig ist aber hier zu erwähnen, dass die Schweiz unser Fokus-/Heimmarkt bleiben wird. Es wird keine Internationalisierung auf Kosten des Schweizer Marktes geben.

2024 wird der Campus, zum 150-Jahre-Jubiläum des Unternehmens, fertiggestellt sein. Wie blicken Sie in die Zukunft?
Wir werden nach 150 Jahren erstmals in der Geschichte unseres Unternehmens für die Forster Profilsysteme AG ein eigenes Zuhause haben. Dies ist für die DNA unserer Unternehmung enorm wichtig. Mit Forster haben wir in unserer Nische weltweit eine starke Marke und exzellente, qualitativ hochwertige Produkte und Systeme, die im nachhaltigen Bauen international einmalig sind. Nebst all diesen Punkten kann ich mich auf motivierte und loyale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf dem ganzen Globus verlassen, dies ist das wichtigste Gut unserer Unternehmensgruppe. Im kommenden Jahr sind wir bestens vorbereitet für nachhaltiges weltweites Wachstum. Ich schaue deshalb zuversichtlich in die Zukunft. Wir wollen global die Nummer 1 in unserer Nische werden – und dies mit nachhaltigen Systemlösungen mit höchster Qualität – Swiss Quality.

Text: Miryam Koc

Bild: Thomas Hary