«Lösungsdenken ist der Schlüssel zur Energiewende»

Luigi Di Cola, wer oder was ist Hoval Schweiz heute und welchen Beitrag leisten Sie zur Energiewende?
Hoval Schweiz ist Teil der internationalen, in Liechtenstein ansässigen Hoval-Gruppe. Wir sind ein Komplettanbieter für nachhaltige Wärme- und Raumklimalösungen. Wir liefern Lösungen für das Heizen, Kühlen und Lüften – vom einzelnen Wärmeerzeuger bis zu grossen Fernwärmekonzepten. Unser Anspruch ist, CO₂-neutrale und energieeffiziente Lösungen zu bieten – für Neubauten genauso wie für Sanierungen, für Einfamilienhäuser, Gewerbeimmobilien oder Quartierslösungen. Wir investieren kontinuierlich in Forschung und Entwicklung, etwa im Bereich der Wärmepumpentechnik, bei erneuerbaren Wärmequellen und in der Anwendung natürlicher Kältemittel. Unser Ziel ist, den Übergang von fossilen Energieträgern zu nachhaltiger, erneuerbarer Wärmeversorgung zu unterstützen und zu beschleunigen.
Hoval sieht sich nicht als Gerätehersteller, sondern als Anbieter von Gesamtlösungen. Was heisst das konkret?
Das bedeutet, dass wir unsere Kunden ganzheitlich begleiten – von der Machbarkeitsstudie über die Planung und Komponentenlieferung bis hin zur Inbetriebnahme sowie zum Service und Monitoring über den gesamten Lebenszyklus hinweg. Wir liefern nicht einfach einzelne Wärmepumpen oder Heizkessel, sondern denken in vollständigen Systemen: Wärmequellen, Anlagehydraulik, Gebäudeschnittstellen, Steuerung, Lüftungs- und Kälteintegration sowie zunehmend auch Wärme- und Kältenetze.
Sie verstehen verstehen sich demnach als Partner …
… der ein gesamtes Energiesystem aufeinander abstimmt, richtig. Je nach Standort, Nutzung und vorhandenen Ressourcen kombinieren wir unterschiedliche Technologien – etwa Seewasserwärme wie in Steinach, Geothermie in dicht bebauten Gebieten oder industrielle Abwärme in Produktionsumgebungen. Der entscheidende Mehrwert liegt in der systemischen Verknüpfung dieser Technologien. Statt Standardlösungen bieten wir optimierte Gesamtkonzepte – ökologisch, ökonomisch und abgestimmt auf die Anforderungen der Bauherrschaft.
Was heisst das für Ihre Kunden?
Unsere Kunden profitieren von einer CO₂-Reduktion, optimiertem Energieverbrauch und Planungssicherheit. Sie wissen, dass ihre Anlage skalierbar, zukunftsfähig und kompatibel mit kommenden Technologien bleibt – ein wichtiger Faktor angesichts dynamischer Energiepreise und sich verändernder gesetzlicher Vorgaben.
Sie haben das Anergienetz in Steinach erwähnt. Können Sie das Projekt kurz vorstellen?
Die See Energie AG – ein Zusammenschluss der Gemeinde Steinach, der Bürgergemeinde und privater Investoren – nutzt thermische Energie aus dem Bodensee, um Wohn- und Gewerbegebäude CO₂-neutral zu heizen und zu kühlen. Seewasser wird aus rund 30 Metern Tiefe über eine 800 Meter lange Leitung zur Energiezentrale geführt. Dort entzieht man dem Wasser rund 3 Kelvin über Wärmetauscher, führt es abgekühlt in den See zurück und transportiert die gewonnene Energie über ein separates Netz mit rund fünf Kilometern Länge zu den angeschlossenen Gebäuden.
Was passiert in diesen Gebäuden?
Dort kommen Hoval-Wärmepumpen zum Einsatz. Sie nutzen die aus dem Seewasser gewonnene Energie und heben mit rund 20 Prozent zusätzlichem Stromaufwand die Temperatur auf bis zu 60 Grad. Damit wird eine hocheffiziente, emissionsarme Wärmeversorgung ermöglicht. Ein weiterer Vorteil ist das sogenannte «Free Cooling» im Sommer: Die Temperatur des Seewassers reicht aus, um direkt zur Kühlung eingesetzt zu werden – ohne herkömmliche Klimatisierung. Das senkt den Gesamtenergiebedarf nochmals deutlich.
Welche Rolle spielt Hoval in diesem Projekt?
Wir begleiten das Projekt von der Beratung über die Lieferung bis zur Inbetriebnahme. Bereits in der Planungsphase haben wir eng mit den Verantwortlichen zusammengearbeitet – etwa bei der korrekten Dimensionierung der Wärmepumpen und der Einbindung ins Anergienetz. Wichtig ist die Wahl der passenden Technik, da Seewasser relativ niedrige Quelltemperaturen bietet. Hier können wir unsere Erfahrung und Systemkompetenz einbringen.
Was gehört ausserdem dazu?
Neben der Lieferung von Wärmepumpen und Regelungstechnik unterstützen wir die Inbetriebnahme, das Monitoring und den langfristig effizienten Betrieb. Wir beraten auch bei der technischen Aufbereitung des Warmwassers und der Speicherung der Wärme vor Ort. Das Netz in Steinach ist erweiterbar – wir denken bereits mit, wie zusätzliche Quellen oder Speicher künftig eingebunden werden können. Für die Umsetzung steht ein Projektteam bereit, das Planerberater, Servicetechniker und weitere Projektverantwortliche umfasst.
Wenn Sie auf die erneuerbare Wärmeversorgung blicken: Welche Entwicklungen beobachten Sie?
Wir sehen drei zentrale Trends: Erstens setzen immer mehr Projekte auf Niedertemperaturnetze mit Quellen wie Wasser, Geothermie oder Abwärme. Wärmepumpen heben diese Energie effizient auf das nötige Niveau, was die CO₂-Emissionen deutlich reduziert. Zweitens nimmt die Sektorkopplung zu: Heizen, Kühlen, Lüften, Strom und Speicherlösungen wachsen zu integrierten Gesamtsystemen zusammen. So lassen sich Gebäude, Gewerbe und auch Mobilität intelligent verbinden.
Auch interessant
Und drittens?
Drittens spielt die Digitalisierung eine zunehmend wichtige Rolle. Intelligente Regelungen, Monitoring und Fernwartung ermöglichen eine optimierte Steuerung – abgestimmt auf Energiepreise, Wetterdaten oder Lastprognosen. Das erhöht sowohl die Effizienz als auch die Betriebssicherheit.
Wie reagiert Hoval auf diese Entwicklungen?
Wir entwickeln unsere Plattformen konsequent weiter – mit modularen Wärmepumpenlösungen, flexiblen Anbindungen an verschiedene Quellen und digitalen Tools, die den Betrieb dauerhaft optimieren. Die Software wird in Zukunft ein Game-Changer sein.
Text: Patrick Stämpfli
Bild: Marlies Beeler-Thurnheer, zVg