Pitch by Startfeld Okt 2022

«Healthy-Longevity-Interventionen haben enormes Potential»

«Healthy-Longevity-Interventionen haben enormes Potential»
Lesezeit: 4 Minuten

Wie können wir gut altern? Und wie bleiben wir lange leistungsfähig? Diesen und anderen Fragen geht man derzeit im Kompetenzzentrum für «Healthy Longevity» des Switzerland Innovation Parks Ost nach. Mit dabei ist auch Tobias Kowatsch.

Tobias Kowatsch, was genau bedeutet der Begriff «Healthy Longevity» und was wird in diesem Bereich getan?
Die Healthy Longevity Community untersucht, wie wir altern und wie unsere Alterungsprozesse beeinflusst werden können, um möglichst lange gesund zu bleiben. Im Kern möchte man hier die so genannte Zeitspanne vor unserem Lebensende «komprimieren», in welcher wir üblicherweise mit steigendem Alter an verschiedenen Krankheiten leiden. Biologen, wie beispielsweise Professor David Sinclair an der Harvard Medical School, untersuchen diese Alterungsprozesse sowie Substanzen, um diese Prozesse und damit das biologische Alter positiv zu beeinflussen. Es gibt zudem auch erste wissenschaftliche Studien, welche zeigen, dass Lebensstilinterventionen einen positiven Einfluss auf das biologische Altern haben können. 

Und welche Aufgaben hast Du und Dein Team in diesem Projekt?
Wir möchten herausfinden, wie Alltagstechnologie –  Smartphones, Wearables oder Sprachassistenten – möglichst sinnvoll genutzt werden kann um die Prävention sowie das Management nichtübertragbarer Krankheiten wie beispielsweise Diabetes, Krebs oder Depression zu verbessern. Ziel ist es, jeweils kritische Gesundheitszustände frühzeitig zu erkennen, um dann möglichst präzise einen gesundheitsfördernden Lebensstil zu unterstützen. Mit diesen so genannten digitalen Gesundheitsinterventionen möchten wir vor allem ein gesundes Altern fördern.

Der Switzerland Innovation Park Ost hat sich die Themen Gesundheit und Digitalisierung ja gross auf die Fahne geschrieben. Wie wichtig sind solche Initiativen?
Nichtübertragbare Krankheiten inklusive psychischer Erkrankungen führen nicht nur zu einer massiven Gesundheitslast, sie verursachen leider auch mit Abstand die grössten Kosten im Gesundheitswesen insbesondere in Ländern wie der Schweiz. Umso wichtiger sind solche Initiativen. Innovationen durch Digitalisierung im Gesundheitswesen haben das grosse Potential, nicht nur Betroffene skalierbar in ihrem Alltag zu erreichen und präzise Interventionen auszuliefern, sondern auch relevante Daten zum Gesundheitszustand zu erheben, um dann die Sprechstunde vor Ort oder via Telekonsultation sehr viel effizienter zu gestalten als dies heute der Fall ist. Im Besten Fall können kritische Gesundheitszustände rechtzeitig er- kannt und somit Hospitalisierung vermieden werden, beispielsweise eine Asthma-Attacke anhand des nächtlichen Hustens gemessen mit dem Mikrofon des Smartphones oder Smart Speakers.

  

Wo liegen die speziellen Herausforderungen im Bereich Healthy Longevity bzw. bei der Entwicklung von digitalen Gesundheitsanwendungen?
Einer der mit Abstand grössten Herausforderungen  ist sicher Prävention mit Hilfe digitaler Biomarker messbar und damit «actionable» zu machen. Digitale Biomarker sind quantifizierbare physiologische und verhaltensbezogene Daten, die mit Hilfe digitaler Devices gemessen werden. Zum Beispiel werden heute schon invasive Sensoren von Abbott oder Dexcom genutzt, um den Blutzucker bei Diabetes Mellitus zu messen.

Und wie weit ist man da in der Entwicklung unterdessen?
Die Entwicklung kostengünstiger und nicht-invasiver digitaler Biomarker für Healthy Longevity Interventionen steht noch am Anfang. Sie hat aber ein enormes gesundheitsökonomisches Potential, um Prävention langfristig erfolgreich zu machen. Schliesslich ist auch der Datenschutz als Herausforderung zu nennen, welcher natürlich bei jeglichen digitalen Anwendungen mit sensitiven Daten eine wichtige Rolle spielt. Hier kann man sich allerdings an bereits existie- renden Datenschutzrichtlinien im Gesundheitswesen orientieren.

Gerade in der Ostschweiz sind in den vergangenen Jahren ausserordentlich viele MedTech-Start-ups gegründet worden, die unterdessen teilweise  auch schon sehr erfolgreich sind. Dazu gehören u.a. Gossik, Misanto, Icotec oder OnlineDoctor. Ist die Ostschweiz eine MedTech-Hochburg?
Die Schweiz ist ja entsprechend dem Global Innovation Index Ende September 2022 von der World Intellectual Property Organization zum 12. Mal zum innovativsten Land auserkoren worden. Mich wundert es daher nicht, dass auch die Ostschweiz hier einen wichtigen Beitrag leistet. Von einer MedTech-Hochburg würde ich allerdings noch nicht sprechen.

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Warum nicht?
Dazu benötigt es noch ein stärkeres Netzwerk der ansässigen Unternehmen sowie öffentlicher Institutionen wie z. B. der EMPA, dem KSSG, die Ostschweizer Fachhochschule sowie der Universität St.Gallen (HSG). Die neu gegründete Initiative St.Gallen Health sowie die HSG School of Medicine und ihre Kooperation mit der medizinischen Fakultät der Universität Zürich sind hier sicher wichtige Schritte, um das Thema Digital Health noch stärker in der Region zu verankern. Neue Lehrveranstaltungen wie z.B. HSG’s Emerging Business Models in Digital Health neben weiteren Initiativen wie Startup@HSG, STARTFELD, START Summit fördern unternehmerisches Denken in diesem so wichtigen Bereich, der uns alle früher oder später betrifft.

Welchen Tipp hast du für angehende Jungunternehmerinnen und Jungunternehmer, die sich im Bereich MedTech selbständig machen wollen?
Das interdisziplinäre Gründerteam sollte alle relevanten technischen, medizinischen und gesundheitsökonomisch Kernkompetenzen besitzen um ein wichtiges Problem aus einer klar definierten Patienten-  und/oder Leistungserbringerperspektive besser als ein Wettbewerber zu lösen. Das Produkt soll dabei skalierbar über die Landesgrenzen hinaus funktionieren können.

Text: Patrick Stämpfli