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«Insolvenzen liegen im Bereich des Möglichen»

«Insolvenzen liegen im Bereich des Möglichen»
Welche Auswirkungen haben Zinserhöhungen und Inflation auf den Gewerbeflächenmarkt?
Lesezeit: 3 Minuten

Peter Pickel verantwortet bei der St.Galler Pensionskasse Asga den Fachbereich Immobilien. Er vermutet, dass sich Zinserhöhungen und Inflation am stärksten auf den Gewerbeflächenmarkt durchschlagen werden.

Peter Pickel, das Bild eines Immobiliensektors, der mehr und mehr von Pensionskassen dominiert wird, entspricht nach Einschätzung von Avenir Suisse nicht den Tatsachen: Ihr Anteil sei unverändert, allerdings würden die PK mehr investieren. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Wir können Avenir Suisse in dieser Hinsicht bestätigen. Unsere Pensionskasse bringt den Aufbau der Anlageklasse «Immobilien Schweiz direkt» derzeit voran, wobei ein Zuwachs von zwei Prozent gegenüber der letzten Strategieperiode angestrebt wird. Damit liegt das Ziel für die Schweizer Direktanlagen bei elf Prozent des Gesamtvermögens und ist beinahe erreicht. Nicht zuletzt, da 2022 Aktien und Obligationen stark nachgelassen haben. Mit indirekten Anlagen in diesem Sektor und dem Auslandsanteil beträgt unser Anteil momentan knapp 26 Prozent, wobei die BVV die Obergrenze auf 30 Prozent festgelegt hat. 

Wie machen sich höhere Hypothekarzinsen und die gestiegene Inflation bemerkbar?
Auf das Geschäft bei den Renditeimmobilien in der Schweiz hat das derzeit noch wenig Einfluss. Der Wert unserer Immobilien fundiert aufgrund der Bewertungsmethodik primär auf der risikolosen Anlage der zehnjährigen Eidgenossen-Obligationsrendite. Diese pendelt zwischen 0,4 bis 1,0 Prozent. Im Moment und voraussichtlich auch bis Jahresende sind keine weiteren starken Zinsanstiege in Sicht, die den Wert unserer Immobilien übermässig beeinträchtigen könnten. Bezüglich Hypothekargeschäften sind wir stark auf den Eigenheimmarkt angewiesen – und da bemerkt man aktuell eine gewisse Abkühlung in der Nachfrage. 

In welchen Teilbereichen des Immobiliensektors rechnen Sie mit Folgen?
Die Entwicklung dürfte am stärksten auf den Geschäftsflächenmarkt durchschlagen. Dort müsste wegen steigender Inflation allenfalls die Produktion heruntergefahren werden, auch Insolvenzen liegen im Bereich des Möglichen. Die Inflation ist ja indirekt auch in den Immobilienmietverträgen abgebildet, sie bewegt sich jedoch in einem tiefen Prozentbereich. Wenn sie für steigende Mieten sorgt, könnte diese Entwicklung Insolvenzen befeuern. Die Asga wäre jedoch wenig betroffen, da wir vorwiegend im Wohnungsbereich aktiv sind. Wir stellen momentan eine steigende Nachfrage nach Wohnraum fest, was sich zusammen mit dem geringeren Ausbau des Angebots positiv auf die Leerstandsentwicklung auswirkt. Diese Signale wirken derzeit als stabilisierender Faktor, der gegen Inflation und Zinserhöhungen wirkt.

 

  
Peter Pickel: Steigende Nachfrage nach Wohnraum.
Peter Pickel: Steigende Nachfrage nach Wohnraum.

Bei einem weiteren Energiekostenanstieg besteht die Gefahr, dass sich Mieter in älteren Bestandsliegenschaften moderne Wohnungen suchen, um die Nebenkosten in den Griff zu bekommen. Wie würden Sie gegebenenfalls reagieren?
Vor zwei Jahren haben wir uns im Einklang mit den Pariser Klimazielen auf eine CO2-Absenkung und im Sinne der Energiestrategie 2050 mit dem Horizont CO2-Neutralität verständigt. Diesen Weg beschreiten wir konsequent, wobei natürlich nicht alle dafür notwendigen Massnahmen sofort umgesetzt werden können, denn das wäre in ökonomischer Hinsicht Unsinn. In allen Liegenschaften setzen wir im Sanierungszyklus die nötigen Schritte um und verbessern durch den Einbau von nachhaltigem Material die Effizienz. Dahinter steckt natürlich auch die Absicht, für Energie anfallende Nebenkosten zu senken. Die Asga setzt sich dafür ein, dass ihr Gebäudepark in einem attraktiven Zustand gehalten wird und den Mietern schlussendlich mehr Qualität für den gleichen Preis geboten wird.

Vor allem Pensionskassen könnten bei einem möglichen Konjunktureinbruch unter Druck kommen. Worauf würden Sie sich in Hinblick auf wirtschaftlich schlechte Zeiten konzentrieren?
Wichtig ist, dass wir unsere Liegenschaften, unter anderem mit den oben beschriebenen Massnahmen, möglichst vollvermietet behalten können. Negativ für unseren Immobilienbestand wäre, wenn die vielseits erwartete grosse Zinswende eintreten würde. Das würde die Immobilienwerte natürlich drücken. In erster Linie geht es uns darum, Stabilität in den Cashflows zu schaffen, unser Portfolio attraktiv zu halten und damit der Konkurrenz standzuhalten.

Wie stark fliessen sozialgesellschaftliche, ökologische und gute unternehmerische Führung in ihre Anlageprozesse ein?
In unserer Nachhaltigkeitspolitik haben wir die ökologischen Faktoren festgeschrieben, daneben sind wir auch weitere Verpflichtung eingegangen hinsichtlich verschiedener Anlageklassen, Aktien und Obligationen, in die wir investieren, wobei etwa der Sektor Kriegsmaterialien ausgeschlossen ist. Weiterhin spielen Aspekte der guten Unternehmensführung sowie sozialgesellschaftliche Themen bei der Asga eine tragende Rolle. In Form einer Zufriedenheitsumfrage versuchen wir etwa bei den Immobilien herauszufinden, wie es bei unseren Mietern um Sicherheit und Wohlbefinden bestellt ist und was eventuell verändert werden kann. Zwar haben wir bei den Schweizer Immobilien kein Siegel einer internationalen Ratingagentur, wir setzen jedoch alles daran, die verschiedenen Komponenten, die erwähnt wurden, zu leben und überprüfen die Ergebnisse über bestehende Benchmarks oder unser internes Kontrollsystem.

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