Watt d’Or für zwei Ostschweizer Unternehmen

In der Kategorie Energietechnologien ging der Preis an die Matica AG. Gemeinsam mit der Hochschule Luzern hat das Thurgauer Unternehmen den SeasON-Sorptionsspeicher entwickelt. Diese Technologie ermöglicht es, im Sommer überschüssigen Solarstrom zu speichern, ihn im Winter in nutzbare Wärme umzuwandeln.
Wärme aus Sommerstrom
Die Pilotanlage in Frauenfeld zeigt eindrücklich, wie das funktioniert: Auf dem Dach erzeugt eine Photovoltaikanlage Strom, mit dem eine Natronlauge «aufgeladen» wird. Dabei wird Wasser entzogen, die Chemikalie speichert so Energie bei Raumtemperatur. Im Winter wird das Wasser wieder zugeführt. Es entsteht Wärme von bis zu 30 Grad, die etwa für Heizzwecke oder in der Industrie nutzbar ist.
Die Effizienz beeindruckt: Bis zu 95 Prozent der eingesetzten Energie werden zurückgewonnen. Für die Jury ein Paradebeispiel, wie sich saisonale Speicherlücken schliessen lassen. Marc Lüthi, Geschäftsführer der Matica AG, ist zuversichtlich, «dass wir das System nun erfolgreich auf den Markt bringen können». Das Unternehmen will die Technologie rasch in weitere Pilotanlagen überführen, sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland. Damit könnte aus einer Entwicklung aus der Ostschweiz eine internationale Erfolgsgeschichte werden.
Marktfähige Produkte aus Prototypen
Matica hat ihren Sitz in Kaltenbach am Untersee. Das Unternehmen ist spezialisiert auf innovative Anlagen im Bereich Energiespeicherung und Warmwasseraufbereitung und versteht sich als Bindeglied zwischen Forschung und Praxis: Während Hochschulen wie die HSLU oder die ETH Zürich die Grundlagenforschung vorantreiben, sorgt Matica für die industrielle Umsetzung.
Typisch ist die Rolle als «Enabler», der Prototypen in marktfähige Produkte überführt. Dabei arbeitet das Matica-Team in engem Austausch mit Industriepartnern, Gemeinden und Energieversorgern. Neben der Wärmespeichertechnologie befasst sich Matica auch mit Effizienzlösungen im Gebäudetechnikbereich.
Doppelte Ernte in Buchs
In der Kategorie Erneuerbare Energien überzeugte die Lubera AG mit einer neuartigen Agri-Photovoltaik-Anlage. Auf den Dächern der modernen Gewächshäuser in Buchs wurden rund 6600 lichtdurchlässige Solarmodule installiert. Sie sind so konstruiert, dass zwanzig Prozent des Sonnenlichts für die Stromproduktion genutzt werden, während achtzig Prozent den Pflanzen zugutekommt.
Pro Jahr liefert die Anlage rund 750’000 Kilowattstunden Solarstrom. Das ist genug, um den Jahresverbrauch von etwa 170 Haushalten zu decken. Gleichzeitig profitieren die Kulturen im Gewächshaus von einem optimierten Lichteinfall. Für Geschäftsführer Markus Kobelt ist das Projekt wegweisend: «Mit der Anlage können wir doppelt ernten: Strom und Pflanzen. Sie zeigt, wie erneuerbare Energie und Gartenbau zusammenpassen.»
Kobelt hält zudem fest, dass die Agri-PV-Technologie ein Modell für weitere Projekte sein könnte: «Wir zeigen, dass Landwirtschaft und Energieproduktion keine Gegensätze sein müssen, sondern sich verstärken können.»
Innovativer Züchtungs- und Gartenbaubetrieb
Die Lubera AG wurde 1993 gegründet; bekannt wurde sie als innovativer Züchtungs- und Gartenbaubetrieb. Unter der Leitung von Markus Kobelt hat sich das Unternehmen auf die Entwicklung neuer Obst- und Beerensorten spezialisiert, die europaweit verkauft werden. Die Marke «Lubera» steht für Sortenvielfalt, Gartenfreude und eine starke Kundenbindung – sowohl über den Direktverkauf als auch über digitale Kanäle.
Mit rund fünfzig Angestellten ist Lubera ein international tätiger Betrieb, der Forschung, Produktion und Vermarktung verbindet. Schon seit Jahren verfolgt das Unternehmen einen nachhaltigen Ansatz, sei es beim ressourcenschonenden Anbau oder in der Nutzung erneuerbarer Energien. Der Bau der neuen Gewächshäuser mit integrierter Agri-Photovoltaik-Anlage ist Ausdruck dieses Anspruchs: Energieeffizienz wird hier nicht nur propagiert, sondern gelebt.
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«Pro Jahr liefert die Anlage rund 750’000 Kilowattstunden Solarstrom.»
Signal aus der Ostschweiz
Dass ein traditionsbewusster, aber innovationsfreudiger Gartenbaubetrieb mit einem nationalen Energiepreis ausgezeichnet wird, zeigt, wie breit das Feld der Energiewende ist. Nicht nur Hightech-Firmen, sondern auch KMU aus Landwirtschaft und Produktion können Pionierarbeit leisten.
Beide Auszeichnungen sind allerdings mehr als nur eine Ehrung für die beteiligten Firmen: Sie zeigen, dass die Ostschweiz ein fruchtbarer Boden für Innovationen im Energiebereich ist. Ob Hochtechnologie im Speicherwesen oder clevere Lösungen im Agrarsektor: Die Ostschweiz beweist, dass sie den Wandel aktiv mitgestaltet.
Der «Schneeball» – Energiepreis Watt d’Or
- Verliehen von: Bundesamt für Energie (BFE)
- Seit: 2007, jährlich in mehreren Kategorien
- Ziel: Herausragende Projekte im Bereich Energieeffizienz und erneuerbare Energien auszeichnen
- Name: Wegen der Form der Trophäe im Volksmund «Schneeball» genannt
Text: Pascal Tschamper
Bild: zVg