Invest@TG 2022

Kompromisse fürs Traumhaus?

Kompromisse fürs Traumhaus?
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Auch im Thurgau wird der Traum des Eigenheims zunehmend teurer. So kostet ein 5- bis 5,5-Zimmer-Haus aktuell im Schnitt rund 1,1 Million Franken – sieben Prozent mehr als vor einem Jahr. Die steigenden Preise machen auch Investoren zu schaffen. Der LEADER analysiert zusammen mit Fachleuten im Sonderteil invest@TG den Thurgauer Immobilienmarkt.

«Der Traum ist und bleibt das freistehende Einfamilienhaus», sagt Ralf Scherer, Inhaber der Immole ague AG in Kreuzlingen. Lage und Ausbaustandard müssten aber stimmen. «Sonst ist eine schöne Eigentumswohnung mit gutem Ausbaustandard und an guter Lage im Direktvergleich zu einem Einfamilienhaus an den Bahngleisen oft mehr gefragt», gibt er ein Beispiel. Insbesondere für ältere Menschen sei auch die zentrale Lage wichtig.
Den Run auf freistehende Einfamilienhäuser bestätigt Oliver Goldinger, Mitglied der Geschäftsleitung der Goldinger Immobilien AG aus Frauenfeld. «Ebenfalls hoch im Kurs sind altersgerechte bzw. barrierefreie Wohnungen, am liebsten Attika», so Goldinger. In Anbetracht der instabilen Lage auf den Märkten und der aufkommenden Inflation «scheinen Investments in Immobilien als besonders lohnend». Eine hohe Nachfrage erlebt auch Patrick Thoma, Verwaltungsratspräsident der Thoma Immobilien Treuhand AG in Amriswil, was Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen angeht. «Das Eigenheim steht nach wie vor ganz, ganz oben auf der Wunschliste», so Thoma.

Selbstgenutztes Wohneigentum ist stark gefragt
Gemäss der Immokanzlei in Kreuzlingen sind derzeit fast alle Arten von Immobilien sehr gefragt. «Das selbstgenutzte Wohneigentum hat in der Pandemie eine sehr starke Nachfrage erlebt, die noch heute ungebrochen ist», stellt Immokanzlei-Inhaber Attila Wohlrab fest. Gleichzeitig sei auch die Nachfrage nach Gewerbe- und Industrieliegenschaften stark gestiegen. «Dies ist ein gutes Zeichen für unsere Wirtschaft, gerade nach einer Pandemie», freut sich Wohlrab. «Die Nachfrage nach Wohneigentum im Kanton Thurgau ist sehr gut», stellt auch Martin Kull, Inhaber der HRS Real Estate AG fest. «Viele Einfamilienhäuser bleiben in der Familie und kommen so nicht auf den Markt», sagt Kull. Die Nachfrage nach Neubau-Eigentumswohnungen sei hoch und «bei entsprechend guter Lage, einem guten Ausbaustandard und Preis-Leistungsverhältnis können die Wohnungen auch gut abgesetzt werden».

Wunsch nach mehr und grösseren Zimmern
«Durch die Corona-Pandemie ist die Nachfrage nach Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen mit Gartenanteil gestiegen», stellt Patrick Thoma fest. Auch verzeichneten sie eine erhöhte Nachfrage nach eher grösseren Wohnungen. Dies sieht Martin Kull gleich: «Der Aussenraum (Balkon, Terrasse, Gartensitzplatz) und auch die Nähe der Überbauung zu Naherholungsgebieten spielt eine immer wichtigere Rolle.»
Gefragt seien in der Tat vermehrt Immobilien auf dem Land, freistehende Häuser oder Wohnungen mit Gartenanteil oder grosser Terrasse, beobachtet auch Oliver Goldinger. «Die Rückzugsmöglichkeiten in die eigene grüne Oase hat an Wert gewonnen.» Homeoffice werde sich bei vielen Firmen etablieren, somit seien aktuell grössere Wohnungen mit vier oder mehr Zimmern stärker gefragt. Dies sieht Ralf Scherer ähnlich: Da viele Unternehmen Homeoffice mittlerweile zur Normalität erklärt hätten, benötigten die meisten Menschen mindestens ein Zimmer mehr. Gesucht würden mehr Zimmer, Wohnfläche, Gartenzugang oder ein grosser Balkon oder eine schöne Terrasse, fasst Scherer die Bedürfnisse zusammen. «Die Menschen sind mittlerweile auch stärker bereit, mehr Geld für eine Immobilie auszugeben als vor Corona», stellt Scherer fest. «Der bei Pandemiebeginn mit dem Lockdown befürchtete Einbruch der Preise und Nachfrage hat sich durch alle Immobilien zum Gegenteil entwickelt», ergänzt Attila Wohlrab.

  

«Käufer sind bereit, Kompromisse hinsichtlich Lage und Ausbaustandard in Kauf zu nehmen.»

Grosser Anlagedruck bei institutionellen Investoren
Auch Pensionskassen und Versicherungen investieren in Wohneigentum als Renditeobjekte. Hier ist die Nachfrage seit Jahren hoch. «Der Anlagedruck ist bei allen institutionellen Investoren gross», weiss Oliver Goldinger. Nach wie vor würden deutlich mehr Mietwohnungen als Eigentumswohnungen gebaut, obwohl die Nachfrage nach Eigentumswohnungen in Zukunft zunehmen werde, gerade auch infolge der demografischen Entwicklung.
«Viele Konsumenten hinterfragen allerdings die hohen Preise bei Eigentumswohnungen», so Goldinger. Der grösste Preistreiber bleibt das immer knapper werdende Land. So sei die Nachfrage nach Baulandreserven stark – und für das knapper werdende Bauland müssten die Investoren immer höhere Preise zahlen.«Pensionskassen und Versicherungen sind bereit, sehr tiefe Anfangsrenditen in ihre Bücher zu nehmen, oft auch als Mangel an Alternativen», stellt Patrick Thoma fest. «Die höhere Zahlungsbereitschaft treibt die Preise weiter in die Höhe, was wiederum auch die Landpreise steigen lässt.
«Wenn viele von etwas haben möchten und das Angebot begrenzt ist, steigt der Preis», fasst Ralf Scherer die Situation zusammen. Und Attila Wohlrab ergänzt: «Professionelle Investoren wie Pensionskassen prüfen die Immobilien jedoch sehr genau. Bei privaten Kleininvestoren spielen hingegen neben der Rendite auch Emotionen oft eine grosse Rolle.»

Kompromissbereitschaft steigt
Fakt ist: Das Angebot von Immobilien ist sehr gering und hat sich in den letzten neun Monaten nochmals verkleinert. «Wer unter diesen Bedingungen keine Kompromisse eingeht, wird es schwerer haben, ein neues Eigenheim zu kaufen», sagt Oliver Goldinger. Wer diesen zu spät eingeht, habe vielleicht bereits gute Angebote verpasst. Aufgrund der weiter steigenden Preise seien die Interessenten bereit, Kompromisse hinsichtlich Ausbaustandard und Lage in Kauf zu nehmen, weiss auch Patrick Thoma. «So sind die Käufer bereit, auch in ältere Liegenschaften einzuziehen und die Umbauarbeiten dann über die Jahre verteilt umzusetzen.» Auch stelle er fest, dass der Radius zur Wunschgemeinde immer mehr ausgedehnt werde. Denn: Ein paar Kilometer weiter entfernt vom nächsten Zentrum oder von der ÖV-Anbindung können sich signifikant auf den Kaufpreis auswirken.
Dies bestätigt Ralf Scherer. Verstärkt würde auch ein Erbvorbezug oder eine Schenkung durch Eltern in Anspruch genommen, um den Traum einer eigenen Immobilie überhaupt möglich zu machen. Auch sei die Bereitschaft, aufs Land zu ziehen, deutlich gestiegen. «Denn hier bekommt man meist etwas mehr fürs Geld», so Scherer. Gerade im niedrigeren Preissegment seien Kompromisse, welche die Kaufinteressenten einzugehen bereit seien, recht gross. Das Angebot sei begrenzt und es gebe in der Regel einige Interessenten. «Hier muss man schnell sein.» Deutlich anders sehe es im hohen Preissegment aus. Der Grund ist einfach: «Der privilegierte Käufer kann, muss aber nicht kaufen und hat in der Regel klare Vorstellungen, was die Ansprüche an eine Immobilie angehen. Findet er diese, so kauft er – Preis hin oder her», erklärt Scherer.

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Attila Wohlrab warnt bei dieser Ausgangslage aber vor einer Hysterie. Er rät: «Lieber mit Geduld und einer gewissen Hartnäckigkeit abwarten und dann schnell zuschlagen.» Auch solle man sich überlegen, ob man wirklich ein Eigenheim anstrebe, weil es ein persönlicher Traum sei – oder nur, weil Freunde dauernd davon redeten. «Mieten ist nicht immer die schlechtere Variante», betont Wohlrab. Der Kaufentscheid sollte nicht hastig getroffen werden, findet auch Oliver Goldinger. «Man sollte lieber einen nicht getätigten Kauf ein paar Wochen bereuen als einen schlechten Kauf über Jahre.»
Etwas anders beurteilt dies Martin Kull bei seinen eigenen Immobilien-Projekten. «Bei Beratungsgesprächen zu unseren Eigentumswohnungsprojekten mit Interessenten haben wir nicht das Gefühl, dass diese sehr grosse Kompromisse eingehen müssen», so Kull. HRS-Projekte seien aufgrund Ihrer Lagequalität, Ausbaustandards und Preis-Leistungs-Verhältnisses sehr gefragt. «Zudem haben die Kunden die Möglichkeit, den Innenausbau ihrer Eigentumswohnung selbst zu bestimmen und somit die Wohnung nach ihren Wünschen – und ihrem Budget – frei zu gestalten.»

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