St.Gallen

Die Zukunft des Rheintals liegt in der Welt

Die Zukunft des Rheintals liegt in der Welt
Zeno Staub
Lesezeit: 5 Minuten

Er ist einer der bekanntesten Söhne des Rheintals: der Bankier Zeno Staub. Im Exklusivinterview gibt der ehemalige Vontobel-CEO Einblicke in seine Jugend in Heerbrugg – und verrät, wie ihn das Rheintal heute noch prägt.

Zeno Staub, Sie sind in Heerbrugg aufgewachsen. Wie hat das Rheintal Ihre Kindheit und Jugend geprägt?
Es waren meist unbeschwerte Jahre. Da meine Eltern als Hauswartsehepaar in der Kantonsschule Heerbrugg wohnten, absolvierte ich die gesamte Schulzeit in angenehmer Fussdistanz, vom Kindergarten über die Primarschule bis zur Sekundarschule und Kanti. Die Freizeit war ebenso einfach und um die Ecke; einige Freundschaften sind bis heute geblieben. 

Und welche spezifischen Aspekte des Lebens im Rheintal haben Sie in Ihrer beruflichen Laufbahn beeinflusst?
Direkt, offen, pragmatisch. Man sagt, was man denkt – in einer klaren Sprache.

Gibt es bestimmte Werte aus dem Rheintal, die Sie auch heute noch als CEO und VR leben und weitergeben?
Man ist geerdet, nimmt sich selbst nicht zu wichtig und bleibt darum meist demütig. Zudem lehrten einen die Geschichten der Eltern aus der Zwischenkriegszeit und dem Leben damals, wie privilegiert meine Generation war und ist.

 

«Dieses Tal braucht Menschen, die zurückkommen, nicht nur Menschen, die einfach bleiben.»

Wie oft besuchen Sie das Rheintal?
Meine Mutter lebt immer noch in Diepoldsau und erfreut sich für ihre 94 Jahre einer guten Gesundheit. Ich besuche sie regelmässig, meist für ein gemeinsames Mittagessen. Da ich auch noch weitere Verwandte im Rheintal habe, findet auch ein guter Teil unserer Familientreffen in der Ostschweiz statt. Beruflich ist es mir auch immer gelungen, den Kontakt mit der Ostschweiz zu halten. Sei dies in meiner Vontobel-Zeit und unserem Standort in St.Gallen, als Verwaltungsrat von Bühler oder als Stiftungsrat der Max-Schmidheiny-Stiftung und ihrem jährlichen Forum in Bad Ragaz.

Wie hat sich das Rheintal aus Ihrer Sicht seit Ihrer Kindheit verändert?
Ich nehme das Rheintal fast nicht mehr als getrennte Dörfer oder Gemeinden wahr, aber das mag auch der Oberflächlichkeit des Durchreisenden geschuldet sein. In meiner Jugend entschied ja bereits die Aussprache oder Verwendung einzelner Wörter über die Herkunft aus Widnau, Diepoldsau oder Kriessern. Heute wirkt das Rheintal auf mich als eine zusammengewachsene Region. Stärker international verknüpft als zu meiner Zeit.

Gibt es Initiativen im Rheintal, die Ihnen besonders am Herzen liegen oder die Sie aktiv unterstützen?
Ich engagiere mich stark in der Zivilgesellschaft und seit meinem Rücktritt auch in der Politik. Ich hoffe, dass ich damit u. a. einen Beitrag zu guten Rahmenbedingungen leisten kann, die einer Region wie dem Rheintal auch zugutekommen. Spezifische lokale Initiativen unterstütze ich bis jetzt nicht. Schliesslich gilt ja «Ohne Rheintal keine Schweiz» und nicht umgekehrt.

 

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«Tue das, was du gerne machst, dann wirst du es auch gut machen.»

Wie nehmen Sie die wirtschaftliche Entwicklung im Rheintal wahr?
Sehr erfolgreich, stark technologisch und international getrieben, nehmen Sie nur SFS und VAT als Beispiele. Da die Wirtschaft trotz aller geopolitischen Risiken und Verwerfungen einen stark globalisierten Charakter behalten wird, liegt die Zukunft des Rheintals in der Welt. Basierend auf eigenen Stärken und Fähigkeiten, Kunden in aller Herren Länder zu gewinnen, weiterzudenken als nur bis zu den nahe gelegenen Nachbarregionen, die zwar wichtig bleiben werden, aber die Augen eben auch für die USA und für die stark wachsenden Regionen in Asien – also nicht nur China – zu öffnen.

Was vermissen Sie am meisten aus dem Rheintal, wenn Sie in Zürich oder anderswo auf der Welt sind?
Wer mich kennt, weiss, dass ich kein klassischer Heimweh-Rheintaler bin. Meine Familie und meine Jugendzeit im Rheintal haben mir viel Schönes und Wertvolles mitgegeben. Das versuche ich zu erhalten, weiterzugeben und an den Orten, wo ich nun meinen Lebensmittelpunkt aufgeschlagen habe, wiederzuentdecken.

Wenn Sie jungen Menschen aus dem Rheintal einen Rat geben könnten, die eine ähnliche Karriere wie Sie anstreben, was wäre das?
Denselben wie jedem jungen Menschen: Tue das, was du gerne machst, dann wirst du es auch gut machen. Gerade junge Menschen von heute haben ja eine Schaffenszeit von fast 50 Jahren vor sich, da bringt diese übliche Work-Life-Balance-Diskussion nicht viel. Man muss sich Themen suchen, die einen begeistern, die einen mitreissen. Oder wie die Amerikaner gerne sagen: Look for a job you really love and you will never work again. Und dann doch noch etwas Spezifisches für Rheintaler. Einer meiner besten Jugendfreunde, Marcel Brühwiler, hat einmal gesagt, dieses Tal braucht Menschen, die zurückkommen, nicht nur Menschen, die einfach bleiben. Ich denke, in dieser Sentenz hat es ein Quäntchen Wahrheit für junge Rheintaler.

 

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Sie sind Präsident der Arbeitsgemeinschaft Wirtschaft und Gesellschaft (AWG) Zürich. Weshalb dieses Engagement – und was ist Ihnen dabei besonders wichtig?
Wir alle in der Wirtschaft und wir alle, die wir hier geboren wurden oder hier leben, profitieren von dieser Schweiz: ihrem fantastischen Bildungssystem, ihrer erstklassigen Infrastruktur, ihrer liberalen Ordnungspolitik, wir dürfen in einem der weltweit freiesten Länder mit einer der inklusivsten, direktdemokratischen Verfassungen leben. All dies fällt nicht vom Himmel, es muss immer wieder erarbeitet und erhalten werden. Auf jeden Fall habe ich auch sehr stark von dieser Schweiz profitiert, aber ausser Steuern zu zahlen noch nicht viel beigetragen. Bei der AWG als Teil der Mitte-Partei geht es nun genau um das: Wirtschaft und Gesellschaft bedingen einander. Wir alle wollen frei leben und wirken können, dafür müssen wir auch Verantwortung übernehmen und auch Solidarität zeigen.

Zum Schluss: Sie sind per Ende 2023 als CEO der Bank Vontobel zurückgetreten. Werden Sie in Zukunft nur noch strategisch sein, also in Verwaltungsräten (wie Bühler) – oder suchen Sie auch wieder ein operatives Engagement?
Ich bin wirtschaftlich breit engagiert, sowohl als Verwaltungsrat als auch als Investor von Jungunternehmen. Dabei konzentriere ich mich aber auf strategische Rollen – auch, um genügend Zeit für mein politisches Engagement zu haben.

Text: Stephan Ziegler

Bild: Philipp Baer

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