«Wir schliessen eine Versorgungslücke in der Frührehabilitation»
Karsten Krakow, was versteht man unter neurologischer Frührehabilitation mit IMC-Standard?
Sie richtet sich an Patienten, die nach einer schweren neurologischen Erkrankung oder Verletzung weiterhin intensivmedizinisch überwacht werden müssen. Auf der Station Bodan können wir Betroffene direkt von der Intensivstation übernehmen. Die Nähe zum Kantonsspital Münsterlingen ermöglicht kurze Wege und schnellen Zugang zur Akutmedizin. Damit verbinden wir engmaschige Überwachung mit dem frühzeitigen Beginn einer intensiven Rehabilitation.
Worin unterscheidet sie sich von einer klassischen neurologischen Rehabilitation?
Der Unterschied liegt im Schweregrad der Patienten und der Behandlungsintensität. Während in der klassischen Rehabilitation stabilere Patienten betreut werden, befinden sich die Betroffenen in der Frührehabilitation oft noch in einem kritischen Zustand – teilweise beatmet oder intensiv überwachungspflichtig. Ziel ist neben der Stabilisierung der sofortige Therapiebeginn.
Für welche Patientengruppen ist die Station besonders geeignet?
Vor allem für Patienten nach schweren Hirninfarkten oder Hirnblutungen, Schädel-Hirn-Trauma, Sauerstoffmangel-Schädigungen oder langen intensivmedizinischen Aufenthalten. Viele benötigen Überwachung oder sind noch teilbeatmet, sodass ein Weaning durchgeführt werden muss.
«Ohne uns bleiben Patienten länger auf der Intensivstation.»
Welche Vorteile bringt die frühe Verlegung von der Intensivstation auf die Frührehabilitation?
Die Rehabilitation beginnt sofort, etwa mit Mobilisierung, was die Genesungschancen verbessert. Gleichzeitig werden hochspezialisierte Intensivkapazitäten entlastet – ein Vorteil für Patienten und Gesundheitssystem.
Wie trägt die Station Bodan zur Entlastung der Intensivstationen bei?
Wir übernehmen Patienten, die keine akute intensivmedizinische Behandlung mehr brauchen, aber weiterhin engmaschig überwacht werden müssen. Ohne diese Möglichkeit würden viele länger als nötig auf der Intensivstation bleiben. Durch die frühe Übernahme schaffen wir dringend benötigte Kapazitäten und sichern den Übergang in die nächste Behandlungsphase.
Welche Rolle spielt das interdisziplinäre Team?
Es ist Kernstück unseres Konzepts: Ärzte, Pflegefachpersonen, Physio-, Ergo- und Logotherapeuten sowie Neuropsychologen arbeiten eng zusammen, oft mit modernen Technologien. Nur so lassen sich in dieser frühen Krankheitsphase Fortschritte erzielen.
Welche Anforderungen stellt die Versorgung teilbeatmeter Patienten?
Das Pflegepersonal braucht spezielle Kenntnisse in Überwachung, Beatmung, Weaning, Trachealkanülenmanagement und komplexer Pflege. Auch die Therapien müssen individuell an den Krankheitsverlauf angepasst werden.
Welche überregionale Bedeutung hat die Station Bodan?
Sie ist die erste und bislang einzige IMC-zertifizierte Frührehabilitationsstation in der Ostschweiz und eine von nur zwei in der Schweiz. Damit schliessen wir eine Versorgungslücke und übernehmen auch Patienten aus anderen Kantonen. Mit der Zertifizierung setzen wir zudem einen Qualitätsstandard, der weit über die Region hinaus ausstrahlt.
Welche Synergien ergeben sich durch die Nähe zum Kantonsspital Münsterlingen?
Viele Patienten können direkt von der Intensivstation in Münsterlingen verlegt werden – ohne aufwendigen Transport. Das erleichtert den Übergang und entlastet die Angehörigen. Gleichzeitig bleibt die enge medizinische Anbindung gewährleistet: Sollte sich der Gesundheitszustand verschlechtern, stehen die Ressourcen des Kantonsspitals sofort zur Verfügung. Dieses Zusammenspiel von Akutversorgung und Frührehabilitation ist einzigartig in der Region und reicht bis zur Weiterbehandlung in der Rehaklinik Zihlschlacht.
«Die IMC-Ausbildung ist ein Karriereschritt.»
Was zeichnet die IMC-Pflegeausbildung aus?
Sie kombiniert intensivmedizinische Überwachung mit rehabilitativer Pflege. Auszubildende profitieren von einem strukturierten Lehrplan, enger Betreuung und einem hochspezialisierten Umfeld.
Welche Bedeutung hat die Ausbildung für das Pflegepersonal?
Sie vermittelt vertieftes Wissen in Überwachung, Beatmung und Notfallmanagement und stärkt die Handlungssicherheit in komplexen Situationen. Gerade in der Frührehabilitation ist diese Kombination entscheidend. Für die Mitarbeitenden bedeu-tet sie einen wichtigen Karriereschritt, für die Klinik ein konstant hohes Qualifikationsniveau.
Wie trägt das Ausbildungsangebot zur Positionierung der Klinik bei?
Es zeigt, dass wir gezielt in die Weiterentwicklung investieren und Karriereperspektiven schaffen. In Zeiten des Fachkräftemangels ist das ein klares Signal an bestehende Mitarbeitende und Bewerber: Wir bieten ein Umfeld, das hohe Ansprüche mit Entwicklungsmöglichkeiten verbindet.
Text: Patrick Stämpfli
Bild: zVg
