Vier Brüder, eine Leidenschaft

Vier Brüder, eine Leidenschaft
Kaspar jun., Florian, Adrian und Matthias Wetli
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An den steilsten Südhängen der östlichen Schweiz führen die vier Brüder Kaspar jun., Matthias, Florian und Adrian Wetli die Weinbautradition ihrer Eltern Kaspar und Susanne Wetli in Berneck fort. Wie das ohne Gezänk funktioniert, weshalb sich die Region besonders gut für den Weinbau eignet und welche Ambitionen die vier Brüder haben, erzählen sie im Interview.

Florian Wetli, Sie haben sich gemeinsam mit ihren drei Brüdern vor einem Jahr entschieden, den Betrieb ihrer Eltern zu übernehmen. War schon immer klar, dass sie alle vier das Geschäft weiterführen möchten?
(Lacht) Definitiv nein! Meine Brüder haben im Unterschied zu mir eine Ausbildung als Winzer gemacht. Wir sind aber alle unternehmerisch erzogen worden, haben alle Optionen diskutiert – und dann die Herausforderung freudig angenommen.

Wie organisieren Sie sich?
Florian Wetli: Wir haben uns in vier Bereiche aufgeteilt: Kaspar jun. ist verantwortlich für die Kelterung der Weine, Matthias für den Verkauf, ich bin für die Administration und die Buchhaltung zuständig und Adrian für die Rebberge.

Und das funktioniert gut?
Florian Wetli: Ja, das funktioniert prima, da wir die jeweils anderen Bereiche kennen und wissen, dass es nur klappen kann, wenn alle an einem Strang ziehen. Von der Rebtraube bis zum feinen Tropfen im Glas ist es ein langer Weg, den man zusammen gehen muss.

«Mit neuen Technologien können in Zukunft Pflanzenschutzmittel gar vermieden werden.»

Matthias Wetli, die Weinbaukultur prägt Berneck seit über 1100 Jahren. Wo sehen die Rolle von Wetli Weine in dieser Geschichte?
Wir pflegen diese Kultur und Tradition weiter, sorgen aber auch für die Weiterentwicklung und Zukunftsfähigkeit des Rheintaler Weinbaus. 

Was führen Sie genauso weiter wie Ihre Eltern?
Matthias Wetli: Das Engagement für unsere Region und den Erhalt unserer Kultur.

Und wo setzen Sie neue Akzente?
Matthias Wetli: Einerseits rüsten wir uns mit neuen Sorten gegen den Klimawandel und extreme Wetterverhältnisse, andererseits wollen wir mit unseren modernen Linien unsere Weinkultur auch der jüngeren Generation näherbringen.

Kaspar Wetli jun., weshalb ist die Region besonders gut für den Weinbau geeignet?
Aufzeichnungen im Stiftsarchiv in St.Gallen aus dem Jahre 892 belegen, dass schon damals Weinbau in unserer Gegend betrieben wurde. Die steilsten Lagen der Ostschweiz, nach Süden ausgerichtet, bieten ein hervorragendes Klima für Weinbau. Bis heute wurde vor allem Pinot Noir und Müller-Thurgau angebaut. Durch den Klimawandel gedeihen heute zunehmend auch Rebsorten wie Merlot, Malbec oder Cabernet Sauvignon.

Man sagt, dass Sie einen sechsten Sinn für erstklassige Weine hätten. Worauf kommt es bei diesen an?
Kaspar Wetli jun.: Beim sechsten Sinn kommt es auf das Gefühl und die Liebe zum Winzerhandwerk an.

Kürzlich erhielten Sie für ihre Linie «Invinitus» drei Medaillen vom Concours Mondial in Brüssel.
Matthias Wetli: Ja! Wir sind sehr stolz, dass wir mit unserer neuen Linie gleich drei Goldmedaillen ergattern konnten. Das zeigt uns einfach auf, dass wir mit unseren Grundsätzen und unserer Philosophie auf dem richtigen Weg sind.

  

«Die steilsten Lagen der Ostschweiz bieten ein hervorragendes Klima für Weinbau.»

Welche nachhaltigen Praktiken werden im Weinbau eingesetzt, um die Bodenerosion zu minimieren und die Bodengesundheit zu fördern?
Kaspar Wetli jun.: Bereits 1978 begann unser Vater, die Reblagen zu terrassieren, d. h. horizontal zu bewirtschaften, um Erosion zu verhindern und die Durchlüftung der Rebstöcke zu verbessern. Das war allerdings erst nach einer Rebbergmelioration (Güterzusammenlegung) ab 1975 möglich. Bodenverbesserungen werden nur noch mit organischen Düngern nach vorgängigen Bodenanalysen und nur bei Bedarf ausgeführt. Seit einigen Jahren wird bei uns auch strikt auf Einsatz von Herbiziden verzichtet.

Wie tragen biologischer Weinbau und biodynamischer Weinbau zur Nachhaltigkeit in der Weinindustrie bei?
Kaspar Wetli jun.: Es gibt in diesem Bereich viele Labels und es werden in der Branche grosse Anstrengungen unternommen, um unsere Böden und die Umwelt im Allgemeinen zu schützen. Aber es führen verschiedene Wege zum Ziel. Unser Betrieb arbeitet mit der Organisation «Fair and Green» zusammen. Wir sind bestrebt, gesamtheitlich zu denken, um die gesteckten Ziele in den Bereichen Ökonomie, Ökologie und Soziales im Weinbaubetrieb zu erreichen.

Und inwiefern beeinflusst der Einsatz von Pflanzenschutzmittel und Herbiziden im Weinbau die Umwelt und welche alternativen Methoden werden zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt?
Adrian Wetli: Das Vorkommen von Krankheiten und Schädlingen im grossen Stil hat in Europa vor etwa 170 Jahren mit der Globalisierung begonnen und wird weitergehen. Die Reblaus hat im 19. und 20. Jahrhundert ganze Weinregionen ausgelöscht. Durch Aufpfropfen von europäischen Edelreisern auf resistente amerikanische Unterlagenhölzer konnte das Problem biologisch gelöst werden. Der Traubenwickler, eine Falterart, kann heute erfolgreich mit Pheromon-Fallen in Schach gehalten werden. Pilzkrankheiten wie der Echte oder der Falsche Mehltau müssen nach wie vor mit Pflanzenschutzmitteln bekämpft werden. Mit pilzresistenten Sorten kann aber die Pflanzenschutzbehandlung signifikant reduziert werden. Mit neuen Technologien, wie der sogenannten Genschere (CRISPR/Cas), können in Zukunft Pflanzenschutzmittel gar vermieden und die Erhaltung von alten Rebsorten ermöglicht werden.

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Wie blicken Sie bei Wetli Weine in die Zukunft? Gibt es noch Meilensteine, die Sie unbedingt erreichen möchten?
Florian Wetli: Um unsere hochgesteckten Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, möchten wir uns im Bereich der neuen widerstandsfähigen Sorten weiterentwickeln und diese in den nächsten fünf Jahren auf 25 Prozent erhöhen. Ferner möchten wir weiter wachsen und mit unseren Weinen bestehenden und neuen Kunden ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

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