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Was eine Bank heute erwartet

Was eine Bank heute erwartet
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Die Finanzierung von Bauträgerprojekten ist anspruchsvoller geworden – nicht nur wegen höherer Zinsen, sondern vor allem wegen steigender Anforderungen an Qualität, Eigenmittel und Projekttransparenz. Ein Gespräch mit Christian Schöttli von der Raiffeisenbank Mittelthurgau zeigt, worauf es für Immobilienentwickler im Kanton Thurgau heute ankommt.

Die Bereitschaft der Banken, Bauträgerprojekte zu finanzieren, ist grundsätzlich weiterhin vorhanden. Doch der Zugang zum Kredit ist selektiver geworden. «Die Banken überprüfen die Projekte vertiefter auf ihre Qualität», sagt Christian Schöttli, Vorsitzender der Bankleitung der Raiffeisenbank Mittelthurgau. «Wir schauen heute genauer hin, wie realistisch ein Projekt ist – hinsichtlich Lage, Konzept und Finanzierung.»

Lage, Lage – und dann das Konzept

Über alle Nutzungstypen hinweg sei die Lage eines Projekts das wichtigste Kriterium, betont Schöttli. «Bei Wohnobjekten ist die Nachfrage aufgrund der Wohnungsknappheit hoch. Die geringeren Risiken erhöhen den Risikoappetit der Banken. Bei Gewerbeobjekten hingegen kommt es sehr auf die individuelle Ausgangslage und mögliche Umnutzungspotenziale an.» Besonders anspruchsvoll seien Tourismusprojekte, da diese stark von Lage und einem stimmigen Konzept abhängig seien. Zudem würden Banken heute im allgemeinen Abwicklungsrisiken stärker berücksichtigen.

Neben der Projektqualität ist auch die Regulierung ein Grund für die gestiegene Zurückhaltung. «Die Banken haben strengere Sorgfaltspflichten», erklärt Schöttli. «Das führt häufig zu einer höheren, kostendeckenden Preisgestaltung.» Besonders bei Promotionsprojekten – also der Entwicklung von Wohneigentum zur späteren Veräusserung – erwarten Banken heute eine Mindestquote an Vorverkäufen, um die Marktgängigkeit des Vorhabens abzusichern.

Die goldene Zeit der Grosszügigkeit ist vorbei

Gute, marktgängige Projekte lassen sich weiterhin gut finanzieren, doch die Bedingungen haben sich verändert. «Die Zeiten, als Banken für jede Art von Finanzierung Schlange gestanden sind, sind vorbei», sagt Schöttli. Heute prüfen Banken nicht nur das Projekt, sondern auch die Art der Kundenbeziehung. Bei Renditeobjekten wird oft eine längerfristige Zusammenarbeit gesucht, bei Promotionsprojekten ist es attraktiv, wenn die Bank die Endkäuferfinanzierungen begleiten kann.

Zu den typischen Stolpersteinen in Finanzierungsanträgen zählt Schöttli vor allem überhöhte Erwartungen in Bezug auf die Fremdfinanzierungsquote. «Banken erwarten heute einen substanziellen Anteil an echten Eigenmitteln», sagt er. «Entwickler möchten aber oft Eigenleistungen oder projektinterne Stehbeträge als Ersatz ansehen – das genügt nicht.»

Auch der Zeitpunkt der Kontaktaufnahme ist entscheidend. «Optimal ist es, wenn ein Projekt baulich und wirtschaftlich bereits so weit entwickelt ist, dass man es gut beurteilen kann – idealerweise mit ersten Vorverkäufen oder Reservationsverträgen», so Schöttli. Weniger erfolgsversprechend sei die Ausgangslage, wenn der Baustart bereits erfolgt ist und erst dann die Finanzierung gesucht wird.

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Nachhaltigkeit: Relevant, aber noch nicht durchreguliert

Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung – sowohl bei der Finanzierung als auch für den Markterfolg. «Nachhaltigkeitsaspekte fliessen in die Immobilienbewertung mit ein und beeinflussen zunehmend die Verkäuflichkeit», erklärt Schöttli. «Allerdings ist der Einfluss auf unsere aktuellen Finanzierungsmodelle noch begrenzt – viele Bewertungsansätze sind derzeit noch zu abstrakt.»

Ein Dauerthema für Entwickler ist der Umgang mit steigenden Baukosten. Auch hier sind Banken heute vorsichtiger. «Kostenüberschreitungen sind leider keine Ausnahme», so Schöttli. «Entscheidend ist dann die Bonität des Bauherrn – er muss in der Lage sein, die Mehrkosten zumindest teilweise aus Eigenmitteln zu decken.» Bauverzögerungen hingegen wirken sich weniger stark aus, da die Finanzierungsmodelle zunehmend auf nachhaltigen Ertragsströmen beruhen.

Für die weitere Entwicklung im Thurgauer Markt zeigt sich Schöttli verhalten optimistisch. «Immobilienprojekte werden auch künftig finanzierbar sein», ist er überzeugt. «Aber es wird auf Qualität ankommen – und auf ein tragfähiges Verhältnis zwischen Eigen- und Fremdfinanzierung.» Projekte mit minimalem Eigenkapitaleinsatz werden es deutlich schwerer haben.

Frühzeitig, realistisch, transparent

Was sollten sich Bauträger zu Herzen nehmen? «Banking ist letztlich ein People’s Business», sagt Schöttli. «Vertrauen, Transparenz und ein überzeugendes Konzept sind entscheidend. Um die richtige Lösung zu finden, braucht es persönliche Gespräche.» Wer frühzeitig auf seine Bank zugeht und sein Vorhaben realistisch aufbereitet, hat auch in einem anspruchsvolleren Umfeld gute Chancen auf Finanzierung.

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