Gesundheitsversorgung mit Medtech-Nischenprodukten gefährdet

Gesundheitsversorgung mit Medtech-Nischenprodukten gefährdet
Adrian Hunn (links) und Fabio Fagagnini
Lesezeit: 2 Minuten

Adrian Hunn, Direktor Swiss Medtech, und Fabio Fagagnini, CEO der Healthcare Holding Schweiz, erläutern im «Gesundheits-LEADER» 2025, weshalb die Versorgung mit Medtech-Nischenprodukten gefährdet ist – und wie sich die Lage entschärfen lässt.

Adrian Hunn und Fabio Fagagnini, warum ist die Versorgungssicherheit im Schweizer Medtech-Sektor gefährdet?
Adrian Hunn: Hauptursachen sind die bürokratische EU-Medizinprodukteverordnung (MDR) und neue Marktzugangshürden. Viele Hersteller haben ihr Sortiment um rund 15% reduziert, da sich die aufwendige Re-Zertifizierung gemäss MDR – gerade bei Nischenprodukten – nicht lohnt. Seit dem Abbruch der Verhandlungen zum Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) im Mai 2021 ist zudem der Handel erschwert. Für den kleinen Schweizer Markt nehmen viele ausländische Anbieter die zusätzlichen Kosten und Aufwände nicht in Kauf. So verschwinden wichtige Produkte vom Markt. Das ist eine höchst bedenkliche Entwicklung.

Was unternimmt die Healthcare Holding Schweiz gegen Versorgungsengpässe?
Fabio Fagagnini: Wir stellen die Versorgung sicher, indem wir Nischen konsequent mit einem Buy-&-Build-Ansatz abdecken. Wir übernehmen in der Distribution tätige Schweizer KMU, die entweder keine Nachfolge haben oder als Stand-alone zu klein sind, um steigende Anforderungen in Digitalisierung, Regulierung und Logistik zu bewältigen. Marken, Teams, Lager und Service bleiben in der Schweiz. Für internationale Hersteller lohnt sich der Direktvertrieb im kleinen Markt selten – wir schliessen diese Lücke gezielt. So bleiben Nischenprodukte verfügbar, bei gleichzeitig hoher Lieferfähigkeit und schnellerem Service.

Für internationale Hersteller lohnt sich der Direktvertrieb selten – wir schliessen die Lücke.

Wie setzt sich Swiss Medtech in der Gesundheitsversorgung ein?
Adrian Hunn: Wir setzen uns für einen möglichst unbürokratischen und freien Handel ein. Denn Handelspolitik ist bei Medizinprodukten immer auch Gesundheitspolitik. Gemeinsam mit dem US-Medtech-Verband AdvaMed engagieren wir uns beispielsweise für die Initiative Zero for Zero: Medizinprodukte retten Leben, sie dürfen nicht mit Zöllen belastet werden. Zudem kämpfen wir dafür, dass die Schweiz ihren Handlungsspielraum bei der Beschaffung von Medizinprodukten erweitert – etwa durch die Zulassung von Produkten, die bereits von der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) für ihre eigene Bevölkerung genehmigt wurden.

Was fordern Sie von der Politik?
Fabio Fagagnini: Wir brauchen klare und pragmatische Rahmenbedingungen. Erstens: eine rasche Anerkennung von FDA-Produkten (Motion Müller) über Regulatory-Reliance – mit eindeutigen Zuständigkeiten, schlanken Dossiers und verbindlichen Fristen. Zweitens: kein Gold-Plating, also keine zusätzlichen nationalen Sonderauflagen. Drittens: praktikable Übergangsregeln und Ausnahmen, damit in den Jahren 2025–2027 keine Versorgungslücken entstehen. Viertens: verpflichtende Stammdatenqualität und Interoperabilität in Beschaffung und eProcurement. So kommen bewährte Lösungen schneller, sicher und regelkonform in die Schweiz – zum Nutzen von Patienten, Fachkräften und dem gesamten Gesundheitssystem.

Text: Patrick Stämpfli

Bild: zVg

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