Bewährtes bewahren und Neues wagen

Rico und Thomas Kaufmann, 1971 gründete Walter Kaufmann in Goldach eine Zweimann-Schreinerei. Welche Ideen und Werte aus dieser Anfangszeit prägen Ihr Unternehmen bis heute?
Thomas Kaufmann: Die Begeisterung für schöne Werke aus dem Naturbaustoff Holz prägt uns und das ganze Unternehmen stark. Werte wie seriöses, kompetentes Schaffen und ehrlicher, respektvoller Umgang waren früher schon wichtig – in der heutigen Zeit noch viel mehr. Es ist schön, dass uns weiterhin viele Mitarbeitende begleiten, die lange mit unserem Vater im Betrieb gearbeitet hatten. Damit werden Traditionen weitergegeben; das zeigt auch eine gewisse Bodenständigkeit.
Wie haben Sie sich die Verantwortung aufgeteilt?
Rico Kaufmann: Dass wir je zusammen die Firma führen, war nicht geplant. Thomas ist einiges jünger und wählte als eidg. dipl. Wirtschaftsprüfer einen anderen Berufsweg. Im Nachhinein stellte sich das als Glücksfall heraus: Denn 17 Jahre, nachdem ich die Firma vom Vater übernommen hatte, wollte es die Situation, dass Thomas in das Unternehmen eintrat und als CFO jene Bereiche übernahm, die er gelernt hatte – nämlich Finanzen, digitale Transformation und Services. Ich selbst bin mit Herzblut CEO: Als gelernter Zimmermann und Holzbauingenieur macht es mir riesige Freude, tolle Schreiner- und Holzbauarbeiten für die Kunden ausführen und neue Produkte entwickeln zu dürfen – und das zusammen mit den Mitarbeitenden, die uns alles bedeuten.
Die Kaufmann Oberholzer AG ist an mehreren Standorten aktiv und beschäftigt rund 150 Menschen. Wie stellen Sie sicher, dass die Kultur und Qualität überall gleich hoch bleiben?
RK: Als Familienunternehmer ist man nahe am Puls – sowohl bei den Angestellten und Lieferanten wie auch bei den Kunden. Wir pflegen intern einen kollegialen, respektvollen Austausch. Dazu haben wir eine kompetente Geschäftsleitung, die unsere gemeinsamen Werte vorlebt. Zudem organisieren wir regelmässig Anlässe, bei denen die Mitarbeitenden der Standorte zusammenkommen, um gemeinsame Erlebnisse zu schaffen, sich auszutauschen und noch besser kennenzulernen.
Sie setzen konsequent auf Digitalisierung – von der Planung über die Produktion bis zur Montage. Was bringt diese Ausrichtung konkret?
TK: Dank der Digitalisierung ist das Endprodukt schon bekannt, bevor man das erste Brett in die Finger nimmt. Für uns ergeben sich daraus Verkaufshilfsmittel, Produktivitätssteigerung und Qualitätssicherung in einem. Der Kunde profitiert von Transparenz, Qualität und einem Top-Preis-Leistungs-Verhältnis.
Mit dem Neubau in Buhwil investieren Sie rund 20 Millionen Franken in Ihr Holzkompetenzzentrum. Was war der Grund?
RK: Im Bereich Ingenieurholzbau entwickeln wir fortlaufend neue, spannende Produkte, weshalb wir den Bereich Holzindustrie mit zusätzlichen, hochmodernen Anlagen erweitern. Diese haben die Hallen des Holzelementbaus benötigt, der selbst an die räumlichen Grenzen gestossen ist… Kurz: Wir hatten zu wenig Platz. Die positiven Aussichten in der Holzbaubranche, unsere gute Positionierung im Markt sowie die langfristig geplante Entwicklung als Familienbetrieb haben uns bewogen, in Produktionshallen und moderne Maschinen zu investieren.
Und welche Verbesserungen erwarten Sie durch die Erweiterung am Standort Buhwil?
TK: Es ist wohl einzigartig, dass vom Baumstamm bis zum fertigen Haus oder gar bis zur fertigen Turnhalle alles an einem Standort verarbeitet wird – ohne Transportwege. Mit den Investitionen in diesen Standort können wir neue, innovative und ressourcenschonende Produkte anbieten, werden dank modernen, attraktiven Arbeitsplätzen effizienter und leisten einen Beitrag an Nachhaltigkeit und Klimaschutz.
«Dank der Digitalisierung ist das Endprodukt schon bekannt, bevor man das erste Brett in die Finger nimmt.»
Der Holzbau boomt, steht aber auch vor Herausforderungen wie hohe Materialpreise und Fachkräftemangel. Wo verorten Sie die Kaufmann Oberholzer AG in diesem dynamischen Marktumfeld?
RK: Im Gegensatz zu anderen Baumaterialien ist Holz eher günstiger geworden. Holz boomt nicht nur, weil es CO₂-neutral und nachhaltig ist, sondern auch, weil es dem Menschen als Bauteil im Wohn-, Arbeits- oder Lernraum guttut. Mit unseren kompetenten Facharbeitern bieten wir der Bauherrschaft Holz-Know-how und Holzhandwerk von der Bauleitung, dem Engineering, der Produktion bis hin zur Montage aus einer Hand an. Dazu fördern wir unsere Leute bereits in der Lehre und bieten interne Karrieremöglichkeiten an. Als familiengeführter Betrieb mit modernster Infrastruktur haben wir auf der einen Seite attraktive Arbeitsplätze und langjährige Mitarbeitende, auf der anderen Seite können wir damit die Bedürfnisse der Kunden bestens erfüllen.
Wenn Sie in die Zukunft des Bauens blicken: Welche Rolle werden der mehrgeschossige Holzbau, die Nachverdichtung in urbanen Räumen und die energetische Sanierung von Bestandsbauten für das Wachstum der Kaufmann Oberholzer AG spielen?
TK: Uns ist ein gesundes, moderates Wachstum wichtig. Holzbau ist Zukunftsbau, denn er bietet Antworten und Lösungen auf aktuelle und anstehende gesellschaftliche und umwelttechnische Fragen. Entsprechend werden alle oben beschriebenen Anwendungen einen positiven Einfluss auf unser Wachstum haben.
Sie arbeiten eng mit regionalen Partnern zusammen und wurden für Ihr Engagement im Bereich Energie und Umwelt mehrfach ausgezeichnet. Wie fliessen Nachhaltigkeitsüberlegungen in Ihre strategischen Entscheide ein?
RK: Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, weshalb wir uns schon immer der Nachhaltigkeit verschrieben haben – nicht erst, seit sie im Trend ist. Die Auszeichnungen im Bereich Energie und Umwelt haben uns zusätzlich motiviert, diesen Weg konsequent und ehrlich weiterzugehen. Es ist damit klar, dass die Nachhaltigkeitsüberlegungen über allen unseren strategischen Stossrichtungen stehen.
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Apropos Partner: Am 13. September 2025 nehmen Sie mit einem eigenen Programm an den «Tagen des Schweizer Holzes» teil. Was erwartet die Besucher in Buhwil konkret?
TK: Ihnen wird eindrücklich aufgezeigt, wie modern und effizient heute ein Holzbau entsteht – und welche attraktiven Holzberufe damit verbunden sind. Mit der Wahl von Schweizer Holz pflegt der Bauherr nicht nur nachhaltig unsere heimischen Wälder, sondern bekommt auch beste Qualitätsarbeit von gelerntem Fachpersonal bis ins Haus geliefert.
Sie kooperieren dabei mit ThurHolz GmbH und dem Forstrevier AachThurSitter. Was macht diese Partnerschaft besonders – und wie wichtig ist eine durchgängige Wertschöpfungskette für Ihre Arbeit?
RK: Wichtiger, als man denkt. Ein clever durchdachtes Gebäude aus Holz setzt sich aus optimierten Produkten aus der ganzen Wertschöpfungskette zusammen. Oder mit anderen Worten: Es sollten jene Holzeigenschaften eingesetzt werden, die im Wald nachwachsen und in der Sägerei als Produkte herauskommen. Mit den beiden Partnern werden genau diese Optimierungen tagtäglich gemacht.
Sie haben in den letzten Jahren mehrere Unternehmen übernommen. Welche Überlegungen stehen hinter diesem Wachstum?
TK: Strategische Überlegungen, meist verbunden mit sich ergebenden Nachfolgeregelungen, standen hinter den Entscheidungen für die Übernahmen. Das gesunde, organische Wachstum ist für uns allerdings wichtiger.
«Als Familienunternehmer ist man nahe am Puls – sowohl bei den Angestellten und Lieferanten als auch bei den Kunden.»
Wohin soll sich die Kaufmann Oberholzer AG bis 2030 entwickeln – und was möchten Sie persönlich bis dahin erreicht haben?
RK: Zusammen mit unseren Angestellten und Kunden wollen wir spannende Produkte und Objekte entwickeln und damit unsere Marktposition schärfen und stärken. Persönlich freue ich mich jeden Tag auf spannende Projekte und auf die Begegnungen mit Kunden und Mitarbeitenden. Ich mag Menschen. Und ich mag Holz. Ich bin dankbar dafür, dass ich mit beidem arbeiten darf. Ideen habe ich noch viele, die ich bis 2030 umsetzen will. Und ebenfalls ein Anliegen ist mir, dass die Führung der Familienunternehmung langfristig mit Kontinuität gewahrt wird.
TK: Die Schweizer Wirtschaft wird bis 2030 und darüber hinaus viele Herausforderungen meistern müssen. Mein Ziel ist, dass wir es zusammen mit unseren tollen Mitarbeitenden für Kaufmann Oberholzer schaffen, ein Gleichgewicht zwischen finanzieller Stabilität, technologischem Fortschritt, Arbeitgeberattraktivität und höchster Qualität unserer Produkte und Prozesse zu erreichen. Ebenso wollen wir Bewährtes bewahren und Neues wagen.
Text: Stephan Ziegler
Bild: Rebekka Grossglauser