Drei Sparten, zwei Geschwister, eine Haltung

Christin und Claudio Walser, was bedeutet das 80. Jubiläum für Sie persönlich, aber auch für das Unternehmen?
Es macht Freude, die Entwicklung und die Geschichte unserer Unternehmung zu sehen und zu erkennen, dass aus nichts mit Fleiss und Einsatz viel möglich ist. Diese Geschichte weiterschreiben zu dürfen, ist uns Ansporn, die künftige Entwicklung voranzutreiben. Sie bietet Fundament sowie Substanz, wenn der wirtschaftliche Wind auch mal etwas rauer ist. Zudem ist Tradition eine gute Wertegrundlage für die Gegenwart: So dürfen wir auf viele langjährige Geschäftspartner und aufrichtige Beziehungen zählen.
Wie sehr prägt die Geschichte denn Ihre Entscheidungen im Alltag?
Das Bewusstsein, woher wir kommen und mit welchen Werten diese Unternehmung aufgebaut wurde, ist bei uns tief verankert. Grossvaters Werte wie Bescheidenheit, Demut und Dankbarkeit sind auch heute präsent, ebenso wie unternehmerischer Mut, Fleiss und Weitsicht. Dabei ist es für uns wie damals für ihn wichtig, auf einem hohen Qualitätsstandard langfristig zu denken und beständig zu handeln.
Als Geschwister führen Sie das Unternehmen gemeinsam: Wie funktioniert Ihre Zusammenarbeit?
Wir stimmen in den Werthaltungen sehr gut überein. Uns ist dasselbe wichtig, wir legen die Grenzen auch im zwischenmenschlichen Bereich an denselben Orten. Ansonsten unterscheiden wir uns doch: Claudio ist technisch begeistert und fasziniert davon, sich in Fragestellungen detailliert einzuarbeiten und hartnäckig dranzubleiben. Christin hingegen bewegt sich in den Welten von HR-, Ausbildungs- und Finanzprozessen und ist froh, wenn sie immer mal wieder etwas Anderes in die Finger bekommt, weil sie die Abwechslung braucht. Wir sind beide dankbar, dass wir den anderen haben und uns zu 100 Prozent auf das Gegenüber verlassen können.
«Grossvaters Werte sind auch heute präsent.»
Wirtschaftlich ist die Ostschweiz Ihre Heimat …
Ja, wir sind hier gewachsen und gehören hierhin. Ein Wegzug – auch wenn dieser nur partiell wäre – würde uns die Sinnhaftigkeit unserer Arbeit entziehen. Auch gesellschaftlich ist die Ostschweiz unsere Basis: Wir sind hier aufgewachsen, wir möchten hier unseren Beitrag leisten. Persönlich sind wir unterschiedlich verankert: Claudio hat einen sehr starken Bezug zur Region und verbringt auch gerne seine Freizeit hier; Christin reist regelmässig ins südliche Afrika, um sich Abwechslung, andere Blickwinkel und Weite zu holen.
Und wie sehen Sie die Rolle produzierender Unternehmen in einer zunehmend digitalen und globalisierten Welt?
Diese sind nach wie vor zentraler Bestandteil der modernen Welt – auch in unseren Breitengraden. Und wir sind überzeugt, dass die geopolitischen Unsicherheiten die Balance zwischen Globalisierung und regionaler Produktion wieder mehr ins Zentrum rücken. Zudem liegt die Stärke der inländischen Industrie in der hohen Qualität und der Fähigkeit, auch komplexeste Lösungen umzusetzen. Unsere Gesellschaft besteht auch aus Menschen, die aufgrund ihrer Interessen, Begeisterung und Fähigkeiten in produzierenden Branchen zu Hause sind. Ein gesunder Mix zwischen Dienstleistungsunternehmen und produzierender Industrie macht deshalb auch gesellschaftlich gesehen Sinn.
Walser bietet ein breites Spektrum von Produkten für die Landwirtschaft über Metall- und Heiztechnik bis zu komplexen und kundenspezifischen Gesamtlösungen als Kombination aus beiden technischen Sparten. Was sind die wichtigsten Standbeine des Unternehmens?
Die beiden technischen Bereiche sind umsatzstärker geworden. Gerade in der Heiztechnik ist es uns – auch in Kombination mit der Metalltechnik – möglich, sehr gut auf Kundenwünsche eingehen zu können, was uns einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Das Standbein Landwirtschaft ist aber nach wie vor ein sehr wichtiges, können wir hier doch über zehn Menschen beschäftigen. Zudem sind wir in Zeiten, in denen das wirtschaftliche Umfeld in der Industrie schwieriger ist, mit dieser Sparte oft antizyklisch unterwegs.
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Walser ist ISO-zertifiziert, produziert normkonform im Bahnbereich (EN 15085-2) und betreibt eine moderne Blechbearbeitung mit Stanz- und Lasertechnik. Wie heben Sie sich vom Wettbewerb ab?
Unsere Fertigungsmöglichkeiten und die mögliche Kombination unserer Abteilungen erlauben uns die Herstellung auch komplexer Gesamtlösungen. Zudem pflegen wir eine grosse Nähe zu unseren Kunden und können aufgrund unserer schlanken Organisationsstruktur kurzfristig auf die jeweiligen Bedürfnisse eingehen.
Und was ist aktuell Ihre grösste Herausforderung?
Die wirtschaftliche Situation der Industrie betrifft auch unsere Kunden und somit uns. Unsere Chance liegt in der Flexibilität, mit denen wir auf die Kundenanforderungen eingehen können. Dabei unterstützt uns unsere hohe Fertigungstiefe sowie der Wille und die Bereitschaft unserer Leute, Ziele gemeinsam zu erreichen.
Sie bilden seit vielen Jahren Lernende aus. Warum ist Ihnen die Nachwuchsförderung wichtig?
Unsere Ausbildungsabsolventen sind für unser Unternehmen, aber auch für die Branche sehr wertvoll. Wir stecken viel in Berufsbesichtigungs-, Schnupper- und spielerische Zukunftstage für unsere jüngsten Besucher. Diese können Erinnerungen und Begeisterung streuen und damit Interesse für die jeweiligen Berufsbilder auslösen. Eine sorgfältige, gut begleitete und breit gefächerte Ausbildung ist uns ein Herzensanliegen. Das spricht sich herum.
«Wir sind beide dankbar, dass wir den anderen haben.»
Und was ist Ihre Vision für die nächsten zehn Jahre Walser & Co. AG?
Wir wollen uns in Richtung Effizienz und Effektivität weiterentwickeln und dabei an unserer vielfältigen Spartenstruktur festhalten. Dies wird in den nächsten Jahren bedeutende Investitionen in Produktionsanlagen, Prozesse und die Aus- und Weiterbildung erfordern.
Mitte Juni 2025 haben Sie mit Kunden, Partnern und der Bevölkerung 80 Jahre Walser gefeiert. Was bedeutet Ihnen dieses Jubiläum?
Es hat unser ganzes Team gefreut, dass der Tag trotz schönstem Wetter auf grosses Interesse gestossen ist und bei den etwa 650 Besuchern viele positive und wertschätzende Reaktionen ausgelöst hat. Ein solcher Moment schafft eine sehr schöne Verbindung – sowohl innerhalb des Unternehmens als auch zwischen Walser und der Region.
Zum Schluss: Wenn Sie Ihren Grossvater heute an einen Walser-Maschinenpark führen würden – worauf, glauben Sie, wäre er besonders stolz?
Der moderne Maschinenpark, der Zeuge davon ist, dass seine Idee und Vision über all die Jahre weitergepflegt wurden, würde ihn freuen. Wir sind aber überzeugt, dass dieser allein ihn noch nicht stolz machen würde, wären da nicht auch unsere sehr gut ausgebildeten und langjährigen Mitarbeitenden: Es kommt vor, dass Simulationsprogramme die Machbarkeit eines Bearbeitungsschritts negativ beurteilen, unsere Fachpersonen, die das Handwerk von Grund auf verstehen, aber davon überzeugt sind, dass es gehen kann. Vereinfacht ausgedrückt geben unsere Mitarbeitenden dann der Produktionsanlage zu verstehen, dass es doch funktionieren wird. Und die Maschine macht’s. Es ist diese Kombination zwischen technologischem Fortschritt und den menschlichen Komponenten, die unseren Grossvater stolz werden lassen würden.
Text: Stephan Ziegler
Bild: Marlies Beeler-Thurnheer