«Sanieren lohnt sich nur mit langfristigem Horizont»

Daniel Hengartner kennt die Herausforderungen der Immobilienentwicklung wie kaum ein anderer. Mit seiner Reseda Invest AG hat er in den vergangenen Jahren zahlreiche Sanierungsprojekte umgesetzt und sich damit im Raum Fürstenland und darüber hinaus einen Namen gemacht. «Aufgrund zahlreicher Projekte in Zentren kennen wir uns mit der Planung und Ausführung von Sanierungen aus», sagt er. Sanieren sei anspruchsvoll, das könne man nicht eben schnell-schnell lernen.
«Wer an guten Lagen Wohnraum anbieten will, kommt um die Sanierung nicht herum.»
Notwendig, aber teuer
Während Neubauten für viele Investoren die attraktivere und vor allem einfachere Option darstellen, sieht Hengartner gerade in Ortszentren die dringende Notwendigkeit von Sanierungen. «Wer an guten Lagen Wohnraum anbieten will, kommt um die Sanierung nicht herum. Die Zentren sind bebaut. Sehr anspruchsvoll ist es, Bauten auf den aktuellen Stand zu bringen, ohne bei den Kosten völlig zu überschiessen.»
Seiner Erfahrung nach sind es vor allem die Ansprüche der Mieter oder Käufer, die den Takt vorgeben. «Küchen, Badezimmer und auch Aussenflächen müssen grosszügig sein, sonst finden die Wohnungen keine Abnehmer», erklärt er. «Selbstverständlich muss auch energetisch saniert werden, das ist Grundvoraussetzung.» Ein Gebäude ohne moderne Dämmung oder ohne energetische Standards sei schlicht nicht mehr marktfähig.
Doch eine Sanierung ist komplexer als ein Neubau auf der grünen Wiese. «Bei einem Neubau beginnt man bei null, bei einer Sanierung muss man sich auf eine bestehende Struktur einlassen. Da zeigt sich erst mit der Zeit, wie gut die Substanz ist und wie realistisch eine Aufwertung möglich ist.» Der Rückbau ganzer Bauteile sei oftmals energetisch, feuerpolizeilich und statisch nötig. Das steht oft im Widerspruch zum Denkmalschutz. Hier seien flexible Lösungen gefragt. «Wer alles schützt verhindert die Weiterentwicklung.»
Digitale Erfassung als Grundlage
Einen zentralen Baustein sieht Daniel Hengartner in der digitalen Erfassung. «Um die Planung und Ausschreibung der Arbeiten zu optimieren, erfassen wir alle Gebäude vor Ort digital, um exakte Planunterlagen zu erhalten», sagt er. Und: «Vorfabrizierte Bauteile werden je länger je mehr verwendet, um die Bauzeit zu reduzieren.» Dadurch könnten Zeit, Kosten und Risiken besser kontrolliert werden – gerade in der heutigen Zeit ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.
Eine besondere Herausforderung sind Projekte, die während des laufenden Betriebs umgesetzt werden müssen, sei es im Wohn- oder Gewerbebereich. «Gute Planung, frühzeitige Ankündigung und flexible Kündigungsfristen, falls ein Mieter ausziehen will – das sind entscheidende Faktoren», betont er. Wer diesen Spagat nicht schaffe, riskiere nicht nur Frust bei Mietern, sondern auch Verzögerungen und Mehrkosten.
Dass sich Sanierungen lohnen können, ist für Hengartner unbestritten – doch es brauche klare Strukturen und Disziplin. «Digitale Erfassung, exakte Ausschreibung, versierte Unternehmer, erfahrene Bauleiter – das sind die Strategien, die helfen, auch bei komplexen Projekten den Überblick zu behalten.»
«Das Einspracherecht muss massiv eingeschränkt werden»
Viel grössere Sorgen als die technischen Aspekte bereitet Hengartner die politische und rechtliche Realität. «Das Einspracherecht muss massiv eingeschränkt werden», wird er deutlich. «Verdichtung findet nicht statt, solange hier nicht endlich ein Riegel geschoben wird. Bauland wird weiterhin verschwendet, nur weil Nachbarn ohne Kosten die Entwicklung verhindern können.»
Er plädiert für ein Verfahren mit klaren Grenzen: «Eine Einsprache soll einmalig möglich sein. Wenn der Bau reglementskonform ist, dürfen keine weiteren Rechtsmittel mehr möglich sein. Wenn das nicht so kommt, wird die Schweiz ihr Grünland opfern.» Für Investoren sei die aktuelle Situation kaum tragbar. «Man plant über Jahre, investiert enorme Summen – und dann kann ein einzelner Nachbar mit einem Einwand alles verzögern oder blockieren.»
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«I love stupid houses»
Daniel Hengartner ist ein Befürworter der Digitalisierung, setzt aber klare Grenzen. «Bei der Gebäudeerfassung ist sie zentral – ohne digitale Basis keine genaue Planung. Sonst nicht», erklärt er. Gerade im Bereich Gebäudetechnik beobachtet er Entwicklungen mit Skepsis. «I love stupid houses… die Kosten im Unterhalt sind extrem teuer von unnötiger Gebäudetechnik. Wichtiger sind eine solide Gebäudesubstanz und eine zeitgemässe Isolation, um Energie zu sparen. Solarpanele sind eine Grundausrüstung.» Für ihn sind «smarte» Gebäude oft alles andere als intelligent. «Technik darf nicht Selbstzweck sein. Entscheidend ist, dass sie den Bewohnern dient und nicht umgekehrt.» Ein Gebäude müsse langfristig funktionieren, eine verlässliche Substanz haben und wartungsarm sein – und nicht von der nächsten Software-Generation abhängig.
Sanieren lohnt sich nur langfristig
Die Frage, ob sich eine Sanierung gegenüber einem Neubau wirtschaftlich lohnt, beantwortet Hengartner differenziert. «Es lohnt sich kurzfristig nicht, da der Einstandspreis oft zu hoch ist», sagt er. «Wenn eine Sanierung nachhaltig erfolgt, werden die Renditen tief, dafür sind die Gebäude an guten Lagen. Sanierung ist also nur etwas für Investoren mit einem langfristigen Anlagehorizont.»
Für kurzfristig orientierte Investoren sei das Modell kaum attraktiv. «Man muss bereit sein, über viele Jahre zu denken. Die Rendite ist geringer, dafür sind die Objekte nachhaltig wertvoll und sichern langfristig Einnahmen.»
Fachkräfte, Nachhaltigkeit und Marktentwicklung
Neben rechtlichen und bautechnischen Fragen beschäftigt Daniel Hengartner auch der Arbeitsmarkt. «Der Fachkräftemangel betrifft auch uns. Gute Bauleiter, erfahrene Handwerker und verlässliche Unternehmen sind nicht unbegrenzt verfügbar. Das erhöht die Risiken für Kosten und Termine zusätzlich.» Gerade deshalb setze er konsequent auf bewährte Partner und langfristige Zusammenarbeit.
Auch die Nachhaltigkeit wird für ihn immer wichtiger. «Energetische Sanierungen sind heute Standard. Aber wir müssen noch stärker lernen, den Bestand so zu nutzen, dass wir nicht unnötig Ressourcen verschwenden. Jeder Neubau bedeutet auch immer eine grosse ökologische Belastung.»
Mit Blick auf die Zukunft ist Hengartner überzeugt, dass Sanierungen an Bedeutung gewinnen werden. «Die Nachfrage nach Wohnraum in den Zentren bleibt hoch. Wer hier investieren will, muss sich mit Sanierungen auseinandersetzen. Es ist komplex, es ist anspruchsvoll – aber es ist auch eine Chance, nachhaltig Werte zu schaffen.» Wer an guten Lagen tätig sein will, müsse sich dieser Herausforderung stellen.
Text: Stephan Ziegler
Bild: zVg