Gast-Kommentar

Grösserer Absatzmarkt, grössere Risiken

Grösserer Absatzmarkt, grössere Risiken
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Wer seine Waren oder Dienstleistungen online vertreibt, erschliesst sich zwar ein weltweites Publikum, kann aber auch weltweit gerichtlich in Anspruch genommen werden. Der St.Galler Rechtsanwalt Patrick Stach kennt die Fallstricke.

Die meisten Unternehmen, die Dienstleistungen oder Sachleistungen erbringen und vertreiben, verwenden das Internet, um diese Leistungen bekannt zu machen oder zu verkaufen. Dies führt dazu, dass ein grösserer Kundenkreis und damit auch Kunden im Ausland angesprochen werden. Einerseits vergrössert der Vertrieb über das Internet den Absatzmarkt, andererseits birgt es jedoch auch das Risiko, von der Kundschaft im Ausland gerichtlich in Anspruch genommen zu werden.

Mit einem grösseren Absatzmarkt entstehen auch grössere Risiken

Ein Kunde aus dem Ausland hätte dann die Möglichkeit, die Schweizer Unternehmung an seinem Heimatort gerichtlich zur Verantwortung zu ziehen. Dies ist auch dann möglich, wenn die Verträge eine Gerichtsstandsvereinbarung in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehen haben. Folgend wird erläutert, unter welchen Bedingungen ein Schweizer Unternehmen mit einer euro-internationalen Kundschaft im Ausland gerichtlich in Anspruch genommen werden kann.

Einschlägig sind bei der Beantwortung von Fragen des Gerichtsstandes im euro-internationalen Raum die Bestimmungen des Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (LugÜ). Nach Art. 23 LugÜ müssen Gerichtsstandsvereinbarungen, die zwischen den Parteien geschlossen wurden, von den Gerichten respektiert werden.

Grundsätzlich wären die Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen ausreichend, um einen Gerichtsstand in der Schweiz zu begründen. Davon ausgenommen sind jedoch gemäss Art. 17 LugÜ Gerichtsstandsvereinbarungen mit Konsumenten. Diese geniessen einen besonderen Schutz und können nicht vor Entstehung eines Rechtsstreits den ordentlichen Gerichtsstand derogieren.

Es stellt sich folglich die Frage, wann es sich um einen Vertrag mit einem Konsumenten, namentlich um einen Verbrauchervertrag handelt. Verbraucher nach Art. 15 LugÜ können ausschliesslich natürliche Personen sein. Damit es sich um einen Verbrauchervertrag handel, darf der Vertrag nicht zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken geschlossen worden sein.

Ferner wird der Vertrag nur als ein Verbrauchervertrag klassifiziert, wenn die Tätigkeit des Unternehmers auf das Land des Verbrauchers ausgerichtet ist. Dies ist offensichtlich der Fall, wenn das Unternehmen zu diesem Zweck eine Zweigniederlassung innerhalb des Wohnsitzstaats des Verbrauchers betreibt.

 

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Nicht eindeutig ist hingegen das Betreiben einer Webseite

Diese kann grundsätzlich weltweit besucht werden. Dabei wäre es jedoch stossend, das Betreiben einer Webseite mit einer weltweiten Offerte der Kaufgegenstände oder Dienstleistungen gleichzusetzen. Vielmehr muss im Einzelfall entschieden werden, ob das Unternehmen den Markt eines Staates explizit anvisieren möchte.

Hierzu können verschiedene Indikatoren ausschlaggebend sein. Beschränkt das Unternehmen beispielsweise die Länder, in die es liefert, muss davon ausgegangen werden, dass sich die Werbung nur auf diese Länder beschränkt. Ist grundsätzlich eine weltweite Lieferung möglich, können die Sprache der Webseite und die Währung, in der die Waren bzw. Dienstleistungen angeboten werden, den anvisierten Markt beschränken.

Es ist folglich festzuhalten, dass das Anbieten von Waren und Dienstleistungen auf dem internationalen Markt zu der Begründung eines Gerichtsstands im Ausland führen kann. Aus Gründen des Verbraucherschutzes kann dieser nicht von vornherein abbedungen werden. Art. 15 LugÜ schützt jedoch nur Verbraucher von Mitgliedsstaaten, welche direkt von einem Unternehmen angesprochen werden. Der Internetauftritt einer Unternehmung im Ausland kann somit durchaus einen ausländischen Gerichtsstand begründen.

Es ist deshalb empfehlenswert, den Internetauftritt mit Sorgfalt zu gestalten. Möchte ein Unternehmen, auf das Risiko eines ausländischen Gerichtsstandes vollumfänglich verzichten, ist dies beispielsweise anhand der Beschränkung der Liefermöglichkeit möglich.

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