US-Zölle dämpfen die Wachstumsprognosen
Text: Christian Brenner, Geschäftsführer Philoro Schweiz AG
«Die Unsicherheit bleibt hoch» lautet für die Schweiz der Titel der jüngsten Konjunkturprognose des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco). Die hohen US-Zölle belasten die Schweizer Wirtschaft und haben die Aussichten für die Konjunktur weiter eingetrübt.
Für dieses Jahr wird von der Expertengruppe Konjunkturprognose nur noch ein Wachstum von 1,3 Prozent erwartet, 2026 dann sogar eine Abschwächung auf 0,9 Prozent. In der Frühjahresprognose waren für 2025 1,4 Prozent erwartet worden, für 2026 ging man noch von 1,6 Prozent aus. Die jetzigen Annahmen gelten unter der Bedingung, dass sich die Zollsituation nicht ändert.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) sieht in ihrem Bericht zum dritten Quartal ein solides Wachstum der Schweizer Wirtschaft, hauptsächlich getragen vom Dienstleistungssektor und der Bauwirtschaft. Allerdings werden diese Entwicklungen von den US-Zöllen überschattet, die in diesem Bericht noch nicht ausreichend Niederschlag finden, da sie erst im August in Kraft getreten sind.
Sie werden Teile der Industrie hart treffen und deren Wettbewerbsfähigkeit auf dem amerikanischen Markt in Frage stellen. Im Blick auf die weitere Entwicklung stellt die SNB fest, dass sich die Geschäftsaussichten «eintrüben». Vor allem die Industrie erwarte Umsatzeinbussen.
In der Medienmitteilung des Bundesamts für Zoll vom 21. Oktober wird registriert, dass nach einem schwachen zweiten Quartal der Aussenhandel im dritten Quartal weiter ins Minus gerutscht sei. Die Exporte sind gegenüber dem Vorquartal um 3,9 Prozent, die Importe um 0,6 Prozent zurückgegangen.
Besonders betroffen ist die Sparte Chemie-Pharma mit einem Rückgang der Exporte um 7,2 Prozent. Die Uhrenindustrie musste einen Rückgang von 3,7 Prozent hinnehmen, Bijouterie und Juwelen um 3 Prozent. Nach Europa gingen die Ausfuhren um 4,6 Prozent zurück, nach den USA um 8,2 Prozent, nach China um 16,8 Prozent.
Im Vergleich zum Vorjahr sind die Konsumentenpreise in der Schweiz für September um 0,2 Prozent gestiegen.
In der Schweiz ist der Landesindex der Konsumentenpreise im September gegenüber August um 0,2 Prozent zurückgegangen, gegenüber dem Jahr 2024 um 0,2 Prozent gestiegen. Im Vergleich zum Vormonat sind die Preise für Beherbergung (Parahotellerie) und Hotellerie gesunken, ebenso Pauschalreisen ins Ausland und Luftverkehr.
Auch die Mieten privater Verkehrsmittel sind günstiger, hingegen sind die Preise für Strickwaren, Beeren sowie Wohn- und Büromöbel angestiegen, teilt das Bundesamt für Statistik mit.
Getrübte Aussichten für die Wirtschaft in Europa
Für Europa zeichnet der Internationale Währungsfonds (IWF) in seinem regionalen Ausblick von Mitte Oktober ein wenig optimistisches Bild. Da wird auf überwundene «grosse Schocks» hingewiesen. Verlangsamtes Wachstum, schwindende Exportgewinne zulasten der Zölle und erhöhte Staatsausgaben bilden den düsteren Hintergrund des Prognosezeitraums.
Der private Konsum kann das nicht abfangen, und langsame Entscheidungen in den EU-Gremien und national behindern die Wachstumsentwicklung. Warnend wird auf die höheren Verschuldungsgrade der Länder verwiesen. Die durchschnittliche Verschuldung der europäischen Länder könnte bis ins Jahr 2040 130 Prozent des BIP erreichen.
Für den Euroraum werden Wachstumsraten von 1,2 Prozent für 2025 und 1,1 Prozent für 2026 prognostiziert. Für Deutschland werden 0,2 Prozent 2025 und 0,9 Prozent 2026 erwartet. Erst 2027 könnte wieder ein BIP-Wachstum von 1,5 Prozent erreicht werden. Italien erwartet heuer 0,5 Prozent und 0,8 Prozent im nächsten Jahr sowie 0,6 Prozent 2027. Das stärkste Wachstum wird Spanien mit 2,9 Prozent in diesem Jahr haben, mit 2,0 Prozent 2026 und 1,7 Prozent 2027.
Die Erhöhung der US-Zölle und die erhöhte Unsicherheit werden die Binnennachfrage weiter belasten. Es fehle der europäischen Wirtschaft an der dringend notwendigen Reformdynamik, um das Wachstum nachhaltig zu steigern, meinen die Experten des IWF und erklären damit die schwachen Wachstumswerte in den kommenden Jahren.
Noch ein Blick auf die Teuerungsrate: In der Europäischen Union ist die Inflation im September mit 2,6 Prozent um 0,2 Prozentpunkte gegenüber August angestiegen. Im Eurogebiet beträgt die Steigerung 0,1 Punkte auf 2,1 Prozent.
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Laut Analysten bricht Wachstum in den USA ein
In den USA wurde mit Spannung die Sitzung der US-Notenbank Fed am 29. Oktober erwartet. Noch lassen sich die Auswirkungen der beschlossenen Herabsetzung der Leitzinsen um 0,25 Punkte nicht beurteilen.
Neue offizielle Zahlen des Bureau of Economics über die Entwicklung der Wirtschaft liegen aufgrund des Shutdowns in den USA nicht vor. Die Behörde teilt auf ihrer Homepage lapidar mit, dass sie aufgrund fehlender Mittel die Seite nicht aktualisieren könne. Daher muss auf Zahlen des zweiten Quartals zurückgegriffen werden.
Mit einem Anstieg des BIP um 3,8 Prozent konnte die stärkste Zunahme seit 2023 registriert werden. Damit konnte der Einbruch im ersten Quartal (–0,6 %) wieder wettgemacht werden. Das Bureau of Economics erläutert, dass der Anstieg im zweiten Quartal hauptsächlich auf einen Rückgang der Importe und einen Anstieg der Konsumausgaben zurückzuführen sei.
Analysten gehen davon aus, dass nach 2,8 Prozent BIP-Wachstum im Vorjahr dieses Jahr bestenfalls 1,8 Prozent erreicht werden könnten, manche gehen auch von nur 1,6 Prozent aus. Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet noch 2,0 Prozent bei einer Inflationsrate von 2,7 Prozent.
Die höheren Zölle werden sicher Auswirkungen auf die Preise haben, und auch die Konsumausgaben könnten dadurch geschwächt werden. Die fehlenden Daten, vor allem über den Arbeitsmarkt, haben der Fed ihre Entscheidung über eine allfällige Leitzinssenkung nicht einfach gemacht. Im August ist die Zahl der Arbeitslosen auf 4,3 Prozent gestiegen. Bankanalysten meinen, das könnte erst der Beginn eines weiteren Anstiegs sein.
Wegen des Shutdowns in den USA fehlen teilweise wichtige Konjunkturzahlen.
Einen Zehntelpunkt höher als im September liegt die Inflationsrate in den USA im Oktober und hat mit 3,0 Prozent den höchsten Stand seit Januar dieses Jahres erreicht. Erwartet waren aber sogar 3,1 Prozent. Auslösend für die Steigerung der Inflationsrate waren diesmal die Energiepreise (Heizöl + 5,1 %), während der Verbilligungseffekt der Vormonate bei Benzin nahezu verschwunden ist.
Dienstleistungen und Lebensmittel wurden mässig teurer, sodass die erwartete Kerninflation von 3,1 Prozent nicht erreicht worden ist. Der nächste Leitzinsentscheid der Fed wird am 9. Dezember erwartet.
Goldnachfrage erreicht neue Rekorde
Nach einer Phase starker Kursanstiege kam es an den Edelmetallmärkten zuletzt zu einer leichten Beruhigung. Anleger nutzten die Gelegenheit, um Gewinne mitzunehmen – doch die fundamentalen Treiber für Gold und Silber bleiben unverändert stark.
Die weltweite Goldnachfrage erreichte im dritten Quartal mit 1313 Tonnen einen so hohen Quartalswert wie noch nie seit Beginn der Erhebungen. Die Zunahme gegenüber dem Vorjahr betrug 3 Prozent. Dies zeigt die aktuelle Statistik der Branchenorganisation World Gold Council (WGC). Starke Treiber sind die ETF-Zuflüsse sowie der nach wie vor starke Bedarf nach Gold seitens Zentralbanken.
Wie die Statistik des WGC zeigt, sind die Goldkäufe der Investmentprodukte seitens privater Anleger im dritten Quartal gegenüber dem Vorjahr in fast allen Ländern gestiegen, so auch in der Schweiz. Beim Edelmetallhändler Philoro haben die Käufe von Münzen und Barren vor allem im September markant zugenommen – wegen der neuen Rallye beim Gold- und Silberpreis. Die aktuelle Korrektur könnte laut Philoro bald beendet sein.
Gemäss der neuen Edelmetallstudie, die von Philoro gemeinsam mit der Universität St.Gallen (HSG) herausgegeben wird, haben Edelmetalle dieses Jahr in der Beliebtheit einen neuen Rekord erreicht. 71 Prozent der Schweizer halten Edelmetalle in der Befragung 2025 für eine sinnvolle Anlageform – ein deutlicher Anstieg gegenüber 2024 (65 %) und 2022 (67 %). 2019 waren es sogar nur 61 Prozent.
Während lange Zeit die Absicherung im Vordergrund stand, werden Edelmetalle nun wegen der Rendite beliebter.
Wie die Studie zeigt, ist die Stabilität beziehungsweise Langfristigkeit der Anlage nach wie vor der Hauptgrund für den Erwerb von Edelmetallen. 41 Prozent der Befragten nannten diesen Aspekt. Im Vergleich zum Vorjahr hat die Wertsteigerung um 6 Prozent an Bedeutung gewonnen (aktuell 37 %) und der Vermögensaufbau ebenfalls um 6 Prozent (heute 27 %).
Gold und Silber haben ihren Ruf als Wertbewahrer stets bewiesen. Immer mehr Anleger investieren jedoch nicht nur aus Sicherheitsdenken, sondern weil sie Rendite erwarten. Vor allem Silber hat wegen des starken Preisanstiegs der letzten Monate enorm an Beliebtheit gewonnen.
Apropos Rendite: Besonders hoch ist die Rendite im Kunstbereich. Der Wert entsteht nicht allein aus Material oder Handwerk – oft entscheidet der Mut, Dinge neu zu denken. Und manchmal zeigt uns die Kunst, wie verblüffend und unorthodox Wertschöpfung funktionieren kann.
Da war diese Banane, mit Klebeband an die Wand geheftet. Kein Gold, kein Marmor – nur Obst. Dann wurde sie kurzerhand gegessen. Das Werk verschwand, die Aufmerksamkeit stieg – und mit ihr der Wert. «Merda d’artista» – Dosen mit, sagen wir, mutigem Inhalt. Ein Werk, das uns lehrt, wie sehr Geschichten und Kontext Bedeutung schaffen. Oder zwei verbeulte Bierdosen – beinahe entsorgt, bis jemand den Blick änderte und darin ein Statement erkannte. Und schliesslich das unsichtbare Kunstwerk: Nichts zu sehen, nichts zu berühren – nur Idee. Die höchste Rendite lag dort, wo die Fantasie den grössten Raum bekam.
Diese Beispiele zeigen: Wert liegt nicht zwingend in der Form, sondern in der Wahrnehmung. Es gewinnt nicht, wer am lautesten erklärt, sondern wer es schafft, Perspektiven zu öffnen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine Woche, in der das Wesentliche für Sie sichtbar wird und sich neue Perspektiven eröffnen.
Mit goldenen Grüssen
Christian Brenner
Zum Autor: Christian Brenner, Geschäftsführer Philoro Schweiz AG
Christian Brenner hat Publizistik und Kommunikationswissenschaften studiert und ist seit 2017 Geschäftsführer des inhabergeführten Familienunternehmens Philoro sowie Verwaltungsrat der Philoro Global Trading, der Philoro North America und der Philoro International Holding. Zuvor war er von 2011 bis 2019 Geschäftsführer der philoro Edelmetalle GmbH in Deutschland. Er ist zudem als Gastdozent an der Universität St.Gallen (HSG) tätig und Mitglied mehrerer Handelsausschüsse der IHK.