Erbschaftssteuerinitiative gefährdet Existenzen von Ostschweizer Unternehmen

Text: PD/stz.
Die Juso-Erbschaftssteuerinitiative fordert, Schenkungen und Nachlässe ab 50 Millionen Franken mit einer neuen, zusätzlichen Steuer von 50 Prozent zu belegen. Eine IHK-Unternehmensumfrage zeigt eine klare Ablehnung der Initiative unter Ostschweizer Unternehmen: 85 Prozent von über 600 befragten Betrieben sprechen sich gegen die Vorlage aus. Knapp drei Viertel befürchten, dass der Werkplatz Ostschweiz im Falle einer Annahme der Initiative langfristig Schaden nehmen würde.
Unternehmensexistenzen gefährdet
Bei jenen Umfrageteilnehmern, die von der Initiative direkt betroffen wären, ist ein Grossteil der Vermögen im eigenen Unternehmen gebunden. Entsprechend gehen zwei Drittel von ihnen davon aus, dass eine Annahme der Initiative die familieninterne Nachfolge gefährden würde. Gut die Hälfte verfügt nicht über die notwendige Liquidität, um die Steuer gemäss Initiativtext zu begleichen.
Alarmierend ist die Tatsache, dass knapp die Hälfte der Direktbetroffenen die Existenz des eigenen Unternehmens als gefährdet erachtet. Ebenfalls rund die Hälfte geht davon aus, dass im Rahmen einer Unternehmensnachfolge ein Verkauf beziehungsweise ein Teilverkauf des Unternehmens notwendig wäre.
Jährliche Steuerausfälle von schätzungsweise 2.1 Milliarden Franken
Die Auswirkungen der Initiative würden sich aber keineswegs auf diese Direktbetroffenen beschränken. Jérôme Müggler, Direktor der IHK Thurgau, betont die weitreichenden indirekten Konsequenzen: «Ein Grossteil der KMU ist elementar auf Aufträge von grösseren Unternehmen angewiesen. Eine Annahme der Initiative hätte Auftragsausfälle und eine geringere Investitionstätigkeit zur Folge.» Markus Bänziger, Direktor der IHK St.Gallen-Appenzell, ergänzt: «Der Standort Schweiz verliert stark an Attraktivität für Unternehmen, wenn das Risiko einer dereinstigen starken Besteuerung mitschwingt.»
Hinzu käme der Verlust von Steuersubstrat. Die Einführung der Erbschaftssteuer würde zu Steuervermeidungsreaktionen führen, insbesondere in Form von Wegzug. Schätzungen einer HSG-Studie zufolge hätte eine Annahme der Initiative jährliche Steuerausfälle in Höhe von netto 2.1 Milliarden Franken zur Folge. Allein in den Ostschweizer Kantonen würden dem Fiskus über 100 Millionen Franken pro Jahr entgehen. Die Mindereinnahmen aus dem nationalen Finanzausgleich sind dabei noch nicht einmal berücksichtigt. «Die neue Erbschaftssteuer hätte ein sehr hohes Preisschild», folgert Markus Bänziger.
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IHKs lehnen Initiative entschieden ab
Die beiden Ostschweizer Industrie- und Handelskammern lehnen die Initiative aus all diesen Gründen entschieden ab. Jérôme Müggler betont: «Die Initiative ist ein direkter Angriff auf die Familienunternehmen.» Die Schweiz sei ein Land der familiengeführten Unternehmen: Neun von zehn Unternehmen hierzulande sind Familienunternehmen, rund 3.2 Millionen Erwerbstätige sind in einem Familienunternehmen beschäftigt. Diesem Umstand sei Sorge zu tragen.
Markus Bänziger: «Familiengeführte Unternehmen wirtschaften meist langfristig ausgerichtet und sind krisenresistent. Ihre Risikobereitschaft und ihr Innovationsgeist dürfen nicht abgestraft werden.» Die Juso-Erbschaftssteuerinitiative beabsichtige aber genau das – und gefährde damit Unternehmensexistenzen sowie letztlich das Erfolgsmodell Schweiz.
IHK-Unternehmensumfrage
Die Umfrage wurde gemeinsam von der IHK St.Gallen-Appenzell, der IHK Thurgau und den regionalen Arbeitgebervereinigungen durchgeführt. Zwischen dem 24. September und dem 15. Oktober 2024 haben 638 Unternehmen aus den Kantonen St.Gallen, Thurgau und den beiden Appenzell mitgewirkt. 39 von ihnen gaben an, von der Initiative betroffen zu sein (Gesamtvermögen über 50 Millionen Franken).
Die Umfrageresultate sind im EcoOst-Standpunkt «Familienunternehmen – bis dass der Tod uns scheidet?» abrufbar.