St.Gallen

«Direktvertrieb ist für KMU eine Chance»

«Direktvertrieb ist für KMU eine Chance»
Benjamin Klink
Lesezeit: 3 Minuten

Direktvertrieb bezeichnet eine Verkaufsstrategie, bei der Produkte oder Dienstleistungen direkt vom Hersteller oder Unternehmen an den Endkunden verkauft werden, ohne dass Zwischenhändler beteiligt sind. Ist er eine Chance für Ostschweizer KMU? Diese Frage beleuchtet Benjamin Klink, Experte für E-Commerce am Institut für Strategie und Marketing, an der Veranstaltung «Gewerbe@OST».

Text: Michael Breu

Benjamin Klink, der Direktvertrieb gewinnt rasant an Bedeutung. In den USA wird bereits heute jeder vierte Dollar in eine D2C-Marke (Direct-to-Consumer) investiert. Wo sehen Sie die grössten Chancen des Direktvertriebs?
Für die meisten Unternehmen steht wahrscheinlich das Thema Wirtschaftlichkeit im Vordergrund. Die Direktvermarktung kann eine deutlich höhere Gewinnspanne ermöglichen, da die Margen der Zwischenhändler wegfallen. Was aus meiner Sicht leider häufig ausser Acht gelassen wird, sind die Chancen im Bereich Markenaufbau und Kundenbindung. In eigenen Geschäften lässt sich die Marke wesentlich besser inszenieren, und im direkten Kontakt können Kundenbeziehungen leichter aufgebaut und besser gepflegt werden.

Lohnt sich das auch für KMU?
Absolut! Ich würde sogar sagen, dass sich der Direktvertrieb für KMU deutlich mehr lohnen kann. Die Abhängigkeit von mächtigen Absatzmittlern, zum Beispiel dem Detailhandel, ist bei KMU oftmals stärker ausgeprägt. Die Direktvermarktung kann helfen, diese Abhängigkeit zumindest ein Stück weit zu reduzieren.

Viele Konsumenten schätzen die Beratung – eine Stärke der KMU. Geht das nicht verloren?
Ich glaube nicht. Direktvertrieb bedeutet nicht zwangsläufig, dass keine Beratung mehr angeboten wird. Zum einen setzen nur die wenigsten Unternehmen darauf, nur noch exklusiv über die eigenen Vertriebskanäle zu verkaufen. Wer Wert auf eine Beratung legt, kann sich also nach wie vor in Fachgeschäften beraten lassen. Zum anderen findet Direktvertrieb nicht nur online statt. Viele D2C-Unternehmen setzen auf eine Omnichannel-Strategie und sind damit sehr erfolgreich. Sie nutzen unterschiedliche Vertriebskanäle, die optimal aufeinander abgestimmt und verzahnt sind. Das Brillenunternehmen VIU zum Beispiel betreibt neben einem Online-Shop 14 stationäre Stores in der ganzen Schweiz.

Trotz vieler Erfolgsgeschichten und der grossen Vorteile, die D2C-Unternehmen bieten können: Der Direktvertrieb ist kein Kinderspiel. Für viele Unternehmen erfüllen sich die Ambitionen nicht. Was sind also typische Fehler?
Die unterschiedlichen Vorteile des Direktvertriebs können dazu verleiten, mehrere Ziele gleichzeitig zu verfolgen. Da gerät man schnell in Zielkonflikte. Geht es um die Wirtschaftlichkeit oder darum, die Marke zu stärken? Beides kann man – kurzfristig – kaum gleichzeitig erreichen. Oft hakt es auch an einem begrenzten Verständnis davon, was Kunden beim Einkaufen wichtig ist. Wir sind sehr anspruchsvoll geworden, wenn es um das Einkaufserlebnis (die Customer Experience) geht.

Haben Sie einen ultimativen Tipp für die KMU aus St.Gallen?
Den ultimativen Tipp kann ich leider nicht bieten. Was ich aber unbedingt empfehle, ist, einen klaren Mehrwert zu bieten. Welchen einzigartigen Vorteil haben Konsumenten davon, direkt beim Unternehmen zu kaufen? Nur wenn dieser Mehrwert attraktiv genug ist, wird die Direktvermarktung erfolgreich gelingen.

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