St.Gallen

Wie viel (Ab-)Lenkung erträgt unsere freie Gesellschaft?

Wie viel (Ab-)Lenkung erträgt unsere freie Gesellschaft?
Rund 300 Alumni fanden sich bei Google Schweiz in Zürich ein.
Lesezeit: 3 Minuten

Die 10. Jahreskonferenz des HSG Alumni Seniors Club spürte am 5. Dezember 2024 der Frage nach, wo unsere freie Gesellschaft im aktuellen Weltgeschehen steht. Über 20 Referenten aus Wirtschaft und Praxis diskutierten darüber, wie viel Freiheit unsere Wirtschaft braucht, wohin uns die digitale Ordnung führt und welches Engagement unsere Rechte als Bürger, Konsumenten und Arbeitnehmer stützt.

Text: Claudia Schmid

Präsident Alain D. Bandle begrüsste die Rekordzahl von rund 300 Alumni in den Räumlichkeiten von Google Schweiz in Zürich. Das Motto lautete «Brot und Spiele 2.0: Wie viel (Ab-)lenkung erträgt unsere freie Gesellschaft?».

Alain D. Bandle, Präsident HSG Alumni Seniors Club
Alain D. Bandle, Präsident HSG Alumni Seniors Club

Multipolarer Dschungel im Wertesystem

Die erste Diskussionsrunde war der Politik nach dem «Superwahljahr» 2024 gewidmet. NZZ-Chefredaktor Eric Gujer bezeichnete die liberale Weltordnung als «mausetot». Die USA würden zwar weiterhin ein Imperium mit Verbündeten bleiben, doch sei die Zeit vorbei, als sie Sicherheit gratis lieferten. Eine neue Weltordnung, in der neben den USA auch China, Russland, Indien und die EU mitbestimmen wollten, sei komplex und sehr instabil. «Es wird einige Zeit vergehen, bis wir eine neue Stabilität in der Weltordnung erreichen werden.»

Eric Gujer, NZZ-Chefredaktor
Eric Gujer, NZZ-Chefredaktor

Unter der Moderation von Otto C. Honegger wurde der Gedanke eines «geopolitischen multipolaren Dschungels» im Wertesystem vertieft. Zum Ukrainekrieg erklärte Amerikanistin Claudia Brühwiler, die USA hätten sich schon lange vom Traum einer Ukraine der alten Grenzen verabschiedet.

Slawist Ulrich Schmid zeigte sich überzeugt, dass ein möglicher Frieden nicht zwischen der Ukraine und Russland ausgehandelt werde. Dies widerspreche eindeutig den Interessen Putins. «Im Nahen Osten lässt sich momentan nicht abschätzen, welche Kräfte sich durchsetzen werden», lautete die Einschätzung von Nahostexperte Erich Gysling. Die Region strotze vor Unsicherheiten.

v.l.n.r.: Erich Gysling (Nahostexperte), Ulrich Schmid (Slawist), Otto C. Honegger (Moderator), Claudia Brühwiler (Dozentin für Amerikanistik HSG) und Eric Gujer (NZZ-Chefredaktor)
v.l.n.r.: Erich Gysling (Nahostexperte), Ulrich Schmid (Slawist), Otto C. Honegger (Moderator), Claudia Brühwiler (Dozentin für Amerikanistik HSG) und Eric Gujer (NZZ-Chefredaktor)

Staatliche Förderung und digitale Ordnung

Der zweite Block thematisierte die staatliche Förderung der Wirtschaft. Den Fragen von Bilanz-Chefredaktor Dirk Schütz stellten sich Hans Hess, VRP Synhelion AG, Gérard Piasko, CIO Maerki Baumann Co. & AG, Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch, VR Nestlé, und Max Keller, Co-Geschäftsführer der Start Foundation.

In der Runde wurde betont, durch die Handelskriege habe der Freihandel eine massive Zäsur erhalten, wobei ein kleines Land wie die Schweiz besonders stark betroffen sei. In dieser Zeit des Wandels gelte es, sich auf die Stärken zu konzentrieren. Mit Pragmatismus, Offenheit und Innovationsfähigkeit werde es gelingen, sich den verändernden Bedingungen zu stellen. Voraussetzung aber sei, dass die Unternehmen aus eigener Kraft tätig würden und nicht auf Fördergelder setzten.

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v.l.n.r.: Dirk Schütz (Bilanz-Chefredaktor), Hans Hess (VRP Synhelion AG), Gérard Piasko (CIO Maerki Baumann Co. & AG), Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch (VR Nestlé) und Max Keller (Co-Geschäftsführer Start Foundation)
v.l.n.r.: Dirk Schütz (Bilanz-Chefredaktor), Hans Hess (VRP Synhelion AG), Gérard Piasko (CIO Maerki Baumann Co. & AG), Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch (VR Nestlé) und Max Keller (Co-Geschäftsführer Start Foundation)

Unter dem Titel «Digitale Ordnung» erhielten die Zuhörer durch Google und die Accenture Gaming Community Einblicke in die Welt der Künstlichen Intelligenz und der Boombranche Gaming. Ethikprofessor Peter G. Kirchschläger plädierte dafür, das positive Potenzial der neuen Technologie auszuschöpfen, jedoch gleichzeitig das negative Potenzial zu meistern. Er nannte Probleme im Bereich der Menschen- und Kinderschutz-Rechte oder die Verletzung rechtlicher Normen des Urheberrechts als Beispiele unerwünschter Auswirkungen.

Die Accenture Gaming Community gab Einblicke in die Welt des Gamings.
Die Accenture Gaming Community gab Einblicke in die Welt des Gamings.

Ethikdozentin Anita Sophia Horn warf die Frage auf, was eine gute digitale Gesellschaft ist. Um Schaden zu verhindern, brauche es dringend Leitlinien der Ethik. Roi Y. Tavor von Google stellte sich nicht grundsätzlich gegen Regulierung, doch müsse sie sinnstiftend sein. Der aktuelle regulatorische Prozess hinke dem Stand der KI-Realität stets stark hinterher, bemängelte Merantix-Gründer Adrian Locher.

Der Vorstand des HSG Alumni Seniors Club
Der Vorstand des HSG Alumni Seniors Club

Übersicht und Gelassenheit behalten

FAZ-Mitherausgeber Jürgen Kaube und Philosoph Otfried Höffe diskutierten zum Abschluss, wie wir als Individuen angesichts von Krisen, Polarisierung, Selbstoptimierung, Hass und Ausgrenzung noch Übersicht und Gelassenheit behalten können. Ein Fazit lautete: In unserer Zeit gebe es zwar Schlechtes, doch habe auch das Gute zugenommen. Hilfreich sei, nicht im Elfenbeinturm zu leben, sondern den Blick zu öffnen und mit der Maxime durch das Leben zu gehen, dass alles auf unserer Welt interessant ist.

v.l.n.r.: Olivia Röllin (Moderatorin), Otfried Höffe (Philosoph) und Jürgen Kaube (FAZ-Mitherausgeber)
v.l.n.r.: Olivia Röllin (Moderatorin), Otfried Höffe (Philosoph) und Jürgen Kaube (FAZ-Mitherausgeber)

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