Welcher Geist steckt hinter dem Zinsverbot?

Am Freitag, 2. September, gaben sich am Forum christlicher Führungskräfte in der Parkarena Winterthur rund 400 Verantwortliche aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft ein Stelldichein. Am Vorabend trafen sich am Young Professionals PreForum rund 130 Nachwuchsführungskräfte.
Zins: eine Frage der Verantwortung
Die Thurgauer Ethikerin und Theologin Christina Aus der Au beschäftigte sich als frühere Verwaltungsrätin der Alternativen Bank mit dem biblischen Zinsverbot. «Wer das Geld liebt, wird des Geldes nicht satt», zitierte die evangelische Thurgauer Kirchenratspräsidentin unter anderem aus der Bibel.
Sie räumte ein, dass der hebräische Ursprungstext nicht zwischen den Wörtern Zins und Wucher unterscheide. Das Zinsverbot sei eigentlich ein Wucherverbot. «Zinswirtschaft zwingt zum Wachstum», gab sie zu bedenken und thematisierte die Schere zwischen Arm und Reich.
Deswegen werde sie von ihrem Mann als «linker Socken» bezeichnet, sagte sie augenzwinkernd. Sie zeigte aber auch auf, dass die reformatorische Interpretation zielführend sei: Dann nämlich, wenn ein Nutzen für die Allgemeinheit und die Gesellschaft als Ganzes erwachse.
Auswüchse bekämpfen
Schliesslich nannte Aus der Au grundsätzliche Stossrichtungen: Es gehe darum, Auswüchse zu bekämpfen, Höchstzinse festlegen, in bestimmten Situationen freiwillig auf Zinsen zu verzichten oder sogar die Praxis der Erlass- und Halljahre zu bedenken. Es gebe aber auch radikale Alternativen wie Alternativwährungen, Tauschringe, Negativzinsen oder Vollgelderformen.
Als Fazit betonte sie: «Ich sage Euch nicht, was gut oder schlecht ist.» Man müsse sich aber fragen, welches der Geist hinter dem Zinsverbot sei und sich bewusst machen, dass man diesbezüglich in der Verantwortung stehe.
Werte für Nachwelt erhalten
Zum Start ins Forum 2022 hatte Moderatorin Ladina Spiess die Frage in den Raum gestellt, wie man soziale Unternehmenswerte in Stein meisseln könnte.
Regina Aebi aus Niederwangen, Rechtsprofessorin an der Universität Luzern, referierte dazu über einen ihrer Forschungsschwerpunkte. Unternehmenspersönlichkeiten müssten sich grundsätzlich überlegen, welche Werte unbedingt der Nachwelt erhalten bleiben sollen.
Anhand konkreter Beispiele – zum Beispiel einer bekannten Luxusuhrenmarke – zeigte Aebi auf, wie man über eine Stiftung einen Unternehmenszweck und Werte über Generationen aufrechterhalten kann.
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Dienende Kultur prägt Firmen
Auf dem Podium über soziales Unternehmertum machten drei Führungskräfte klar, wie wertvoll es ist, Menschen in den Fokus der wirtschaftlichen Tätigkeit zu rücken: Elisabeth Schirmer, Verwaltungsrätin des Uhrwerkherstellers Ronda, betonte, dass in der «christlichen Ewigkeitsperspektive» die Kraft liege, die im Alltag den Unterschied mache.
Adrian Ciardo, CEO der Bündner Arbeitsintegrationsfirma Stiftung Feschtland, nannte eine dienende Haltung als wichtigen Führungsgrundsatz.
Internetunternehmer Daniel Bachmann hob sein Anliegen hervor, eine Firmenkultur zu schaffen, «die den Menschen und dem Unternehmen dient. Ich wünsche mir für meine Mitarbeitenden, dass sie in der Gesellschaft handlungsfähiger und gleichzeitig in der Firma leistungsfähiger sind.»