Tagung «Gemeinschaftswerk Baukultur»

Vertreter der Bundesämter für Kultur, Raumentwicklung und Umwelt, von kantonalen und kommunalen Behörden, der Berufsverbände aller beteiligten Disziplinen, von Investoren und Bauherren, der Zivilgesellschaft, aber auch Studierende des neuen Departements haben sich in drei Sektionen zuerst mit den Visionen zur Baukultur, dann mit dem aktuellen Zustand der gebauten Umwelt, und später mit den Chancen und Risiken dieses Gemeinschaftswerks auseinandergesetzt.
Neue Planungs-, Entscheidungs- und Beteiligungskultur
Schnell hat sich dabei gezeigt, dass das Gemeinschaftswerk Baukultur kein Sonntagsspaziergang werden wird, sondern eher eine herausfordernde und langwierige Expedition – insbesondere wenn man sich die mit dem Erreichen des Netto-Null-Ziels bis 2050 verbundenen Herausforderungen für die räumliche Entwicklung vor Augen führt.
Eine neue Planungs-, Entscheidungs- und Beteiligungskultur (oder auch Streitkultur) wird gefordert sein, ein neues Bewusstsein für interdisziplinäre und integrative Prozesse, auch die Entwicklung von neuen Methoden und Instrumenten – formellen und informellen. Vision müssen gewagt werden, Gesamtkonzepte entwickelt, die nicht nur funktionale, ökonomische und technische Aspekte berücksichtigen, sondern an erster Stelle die Entwicklung von räumlichen, gestalterischen und kulturellen Qualitäten stellen.
Die sinnliche Wahrnehmung, das allgemeine Verständnis und die offene Diskussion der Qualitäten und Defizite der gebauten Umwelt müssen wieder geübt und gewagt werden.
Akt der Verantwortung
Baukultur ist zuallererst ein humanistisches und soziales Projekt, bei dem der Mensch und die Gemeinschaft im Zentrum stehen müssen. Darum sind das Verhandeln und der Ausgleich von öffentlichen und privaten Ansprüchen an die gebaute Umwelt auch ein wesentlicher Bestandteil dieses Prozesses. Der gemeinnützige Anspruch der Baukultur muss für sich in Wert gesetzt und den Partikularinteressen gegenübergestellt werden.
Es kann nicht sein, dass die über Jahrzehnte festzustellende Privatisierung der Freiheiten so weiter voran schreiten kann wie bis anhin. Baukultur ist ein Akt der Verantwortung, des Sorge- Tragens, der ohne die Partizipation der Bevölkerung keinen Erfolg haben kann. Die Schweiz scheint dafür mit ihrer direkten Demokratie, deren politischen Institutionen und politischer Kultur gute Voraussetzungen zu haben, obwohl der eidgenössische Föderalismus schnellen und einheitlichen Lösungen sicher abträglich ist.
Es gilt den über Jahrzehnte und Jahrhunderte gewachsenen, oftmals mangelhaften Zustand der gebauten Umwelt sukzessive zu verbessern: Stärken sind zu stärken, Schwächen auszumerzen. Dabei dürfen wir vor vermeintlich schwierigen Lösungen nicht zurückschrecken und müssen auch das Nichtoder sogar das Rück-Bauen als Möglichkeiten ernsthaft in Erwägung ziehen.
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Gemeinschaftswerk aller Fachrichtungen
Die erfolgreich durchgeführte Tagung war selbst ein erstes Gemeinschaftswerk aller Fachrichtungen des neuen Departementes Architektur Bau Landschaft Raum der OST – der ArchitekturWerkstatt St.Gallen, des Instituts für Bau und Umwelt IBU, des Instituts für Landschaft und Freiraum ILF und des Instituts für Raumentwicklung IRAP – zusammen mit dem Schweizer Heimatschutz SHS.