Ostschweiz

Zukunft Ostschweiz 2025: «Ein wichtiges Signal»

Zukunft Ostschweiz 2025: «Ein wichtiges Signal»
Stefan Scheiber, Marianne Meyer, Ivo Germann, Thomas Bosshard und Markus Bänziger
Lesezeit: 3 Minuten

Der internationale Handel wird mehr und mehr von Zöllen, Industriepolitik und Produktionsvorgaben erschwert. Was heisst das für die Ostschweizer Wirtschaft? Darüber diskutierten Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung am Konjunkturforum Zukunft Ostschweiz vom 17. November.

Text: pd/stz.

Der angekündigte Zoll-Deal zwischen den USA und der Schweiz bietet vorerst Entlastung. Noch stärker als die US-Zölle beschäftigt die Schwäche der deutschen Wirtschaft, dem wichtigsten Exportland der Ostschweiz. Weil die Länder im globalen Süden an Wirtschaftskraft gewinnen, bieten sich Diversifizierungsstrategien an. Dafür braucht es aber geregelte Beziehungen – dies bleibt für den Schweizer Wohlstand unabdingbar.

«Unser Wohlstand ist kein Selbstläufer, wir müssen unseren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Sorge tragen.» Mit diesen Worten eröffnete Christian Schmid, Vorstandsmitglied der IHK St.Gallen-Appenzell und Präsident der Geschäftsleitung der St.Galler Kantonalbank, denn auch das Konjunkturforum Zukunft Ostschweiz. Die diesjährige Ausgabe widmete sich einem elementaren Pfeiler des Schweizer Wohlstandes: dem Aussenhandel. In der ersten Veranstaltungshälfte wurde traditionsgemäss die konjunkturelle Entwicklung behandelt.

Christian Schmid
Christian Schmid

Prinzip Hoffnung trotz getrübter Konjunkturaussichten

Christoph Birchler (CEO Maestrani Schweizer Schokoladen AG), Katy Broder (EVP Hexagon Geosystems) und René Walser (Bereichsleiter Privat- und Geschäftskunden St.Galler Kantonalbank) gewährten im Konjunkturpodium Einblick in die wirtschaftliche Lage ihrer Unternehmen. Die US-Zölle haben in den vergangenen Monaten für grosse Unsicherheit gesorgt.

Umso erleichtert zeigten sich die Podiumsteilnehmer über die Reduktion der US-Importzölle für Schweizer Produkte. «Mit einem Zollsatz von 39 Prozent hatten wir langfristig keinen Business Case mehr in den USA, mit 15 Prozent sieht das schon ganz anders aus», so Birchler. «Der amerikanische Markt ist wichtig, jedoch ist er nicht der einzige», relativierte Broder. Es gebe auch Chancen, andere Märkte weiter auszubauen. Gleichzeitig hofft Broder auf eine Erholung der deutschen Wirtschaft, welche einen gewichtigen Markt für Hexagon Geosystems darstellt.

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René Walser, Christoph Birchler und Katy Broder
René Walser, Christoph Birchler und Katy Broder

US-Zölle auf Schweizer Produkte sinken, die Unsicherheit in der Handelsbeziehung bleibt

Der zweite Veranstaltungsteil widmete sich vertieft dem Aussenhandel. Eingangs berichtete Walter Räss (Käser und Inhaber der Käserei Tufertschwil AG) von Herausforderungen im US-Markt der letzten Monate. Räss: «In der Hauptsaison zwischen Halloween und Thanksgiving reduzierte sich unser Absatz in den USA um rund 1'200 Laib Käse. Das sind etwa 8.5 Tonnen.» Zeitweise verarbeitete er täglich 800 Liter weniger Milch – und prüft alternative Absatzmöglichkeiten, etwa in Australien.

Anschliessend diskutierten Stefan Scheiber (CEO Bühler AG), Marianne Meyer (CEO Herbamed AG) und Thomas Bosshard (Co-CEO und Mitinhaber Oertli Instrumente AG) über die Bedeutung des Aussenhandels sowie die damit verbundenen aktuellen Herausforderungen für ihre Unternehmen. «Wir bauen unser Engagement im globalen Süden weiter aus – die Märkte wachsen und die Partner vor Ort sind enorm verlässlich», so Bosshard.

 

Walter Räss
Walter Räss

Meyer betonte die Wichtigkeit eines gut diversifizierten Marktportfolios: «Wir exportieren rund 50 Prozent unserer produzierten Waren ins Ausland. Wichtige Märkte sind neben den USA und Deutschland auch asiatische Länder wie Pakistan oder Bangladesch.»

Stefan Scheiber hob hervor, dass die Zollsenkung der USA für Schweizer Produkte ein enorm wichtiges Signal sei, gerade für die Investitionsgüterherstellung in der Ostschweiz. «Investoren in den USA reagieren auf Signale – und die Reduktion auf 15 Prozent ist ein enorm wichtiges.» Gleichzeitig beobachtet Scheiber eine weiterhin zunehmende Blockbildung in der Weltwirtschaft, in der die Produktion «Local for Local» wichtiger werde.

Alle Podiumsgäste waren sich einig: Die Zollsenkung ist ein Schritt in die richtige Richtung; eine Normalisierung der Handelsbeziehungen ist jedoch nicht in Sicht. Umso mehr rücken einerseits die wachstumsstarken Märkte des globalen Südens in den Fokus, andererseits verlässliche Partnerschaften. Eine aktuelle IHK-Umfrage zeigt denn auch: Die Ostschweizer Unternehmen erwarten vor allem in der EU steigende Absatzchancen, während die USA wegen ihrer Zollpolitik an Relevanz verlieren.

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Ralph Ossa
Ralph Ossa

Die Schweiz profitiert von offenen Märkten und einer funktionierenden WTO

Auch Prof. Dr. Ralph Ossa (Professor für internationale Ökonomie an der Universität Zürich) pflichtete der zunehmenden Bedeutung des globalen Südens in der Weltwirtschaft bei. Die US-Handelspolitik stelle die bislang gewohnte internationale Handelsordnung zwar auf die Probe. Aber Ossa betonte: «Die WTO lebt. Etwa 88 Prozent des Welthandels werden weiterhin im Einklang mit den WTO-Regeln und somit regelbasiert durchgeführt.» Demnach werde die Reichweite der US-Zölle überschätzt.

 

Ivo Germann
Ivo Germann

Abschliessend sprach Botschafter Ivo Germann (Leiter der Direktion für Aussenwirtschaft beim SECO) über die zunehmende Bedeutung von Sicherheit in diplomatischen Gesprächen über Handelsbeziehungen. «Wenn früher zwei Stunden über Handel gesprochen wurde, ist dies heute nur noch eine halbe Stunde; die restliche Zeit spricht man über sicherheitspolitische Themen wie den Schutz des jeweiligen Heimmarktes, die Produktion kritischer Waren oder über Lieferkettensicherheit.»

Gleichzeitig betonte er die Wichtigkeit geregelter Beziehungen zur EU. «Der Handel mit den Grenzregionen ist mit einem Volumen von rund 93 Milliarden Franken bedeutend wichtiger als jener mit den USA (67 Milliarden Franken). Auf die gesamte EU gerechnet ist der Unterschied noch grösser.»

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