Rapperswiler Kunststoffforum mit 180 Teilnehmern

Eindrücklichen Laborpräsentationen zeigten die fachliche Breite des Instituts und die erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Industrie auf. Die bereits zur Tradition gewordene Schifffahrt rundete den Anlass mit knapp 180 Teilnehmern aus der Schweiz und dem nahen Ausland ab.
Wie wichtig Präsenzveranstaltungen sind, merkt man erst, wenn man sie lange nicht durchführen konnte. Den 180 Teilnehmern am Rapperswiler Kunststoffforum war anzumerken, dass sie nach dem ausgefallenen Forum im vergangenen Jahr froh waren, sich dieses Jahr wieder im persönlichen Gespräch austauschen zu können – 3G machte es möglich.
Aus drei mach eins
Den Einstieg für das Rapperswiler Kunststoffforum lieferten vier interessante Vorträge. Die ehemalige HSR ist nun die OST – Ostschweizer Fachhochschule. Was die OST genau ist und ihre dazugehörigen Zahlen und Fakten erläuterte Prof. Lothar Ritter, Departementsleiter Technik OST, in seiner Begrüssungsrede dem interessierten Fachpublikum aus Industrie und Hochschule. Als Departementsleiter beleuchtete Ritter einige Aspekte des Departement Technik. Dieses besteht aus 5 Fachabteilungen mit 5 Bachelor-Studiengängen und einem Master-Studiengang, beschäftigt rund 520 Mitarbeiter an 17 Instituten und hat 1200 Studenten.
Der neue Techpark für F&E und Ausbildung
Neu ist nicht nur der Name der Hochschule, auch der Techpark, das Zuhause des IWK Institut für Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung, ist neu. Fast unbemerkt ist das gesamte Institut mit seinem grossen Maschinenpark und den zahlreichen Labors vom Campus im Pandemiesommer 2020 in den neuen Techpark umgezogen.
Prof. Dr. Frank Ehrig, Institutsleiter IWK, führte aus, was das für neue Möglichkeiten für die Lehre und angewandte Forschung und Entwicklung bietet und wie diese Synergien genutzt werden können. Ein besonderes Augenmerk legte er auf die neue Fertigungszelle zur Herstellung eines Unihockeyballs, die Möglichkeiten der Digitalisierung und Machine Learning praxisnah erlebbar gemacht werden. Hierbei verwies er auf die sehr gute Zusammenarbeit mit den beiden anderen Instituten der Abteilung Maschinentechnik, dem IPEK Institut für Produktdesign, Entwicklung und Konstruktion und dem ILT Institut für Laborautomation und Mechatronik.
Nachhaltige Kunststoffe? Keine Utopie
Wenn von Klimawandel, Umweltverschmutzung und Nachhaltigkeit gesprochen wird, ist das Thema «Plastik» nicht weit weg. Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft sind eine grosse Herausforderung, aber auch eine ebenso grosse Chance für die Kunststoffindustrie wie Gastredner Silvio Ponti, Präsident des Kunststoffverbands kunststoff.swiss, ausführte.
Die Kunststoffindustrie versucht, immer nachhaltiger zu arbeiten, in dem sie versucht, den Eintritt von Kunststoffen in die Umwelt, wo möglich zu verhindern, möglichst sparsam und effizient mit den Ressourcen umzugehen und vermehrt auf Mehrweglösungen zu setzten, die sich vollständig im Kreislauf halten. Ein Ziel sollte es sein, den Einsatz von Rezyklat zu fördern, damit diese Kreislaufwirtschaft auch in der Praxis realisiert werden kann. Ausschlaggebend dafür ist nicht die Menge, sondern die Materialqualität des eingesetzten Rezyklats.
Der Verband steht hinter der Kreislaufwirtschaft, erläutert Silvio Ponti weiter und er dankt dem IWK und der OST für Ihren Einsatz in Aus- und Weiterbildung sowie Forschung und Entwicklung. Denn für künftige Innovationen in Richtung nachhaltiger Kunststoffe brauche es neben innovationsfreundlichen, wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen vor allem auch gut ausgebildete, junge Fachkräfte.
Imageproblem des Kunststoffs global angehen
Den Faden von Ponti nahm Prof. Daniel Schwendemann, Fachbereichsleiter Compoundieren/Extrusion am IWK, direkt auf. Denn gerade die junge Generation wachse mit einem Imageproblem von Kunststoff auf. «Das müssen wir angehen, denn diese jungen Leute, denen Nachhaltigkeit sehr wichtig ist, sollen unsere Fachkräfte von morgen sein», so Schwendemann. Die Herausforderung hierbei sei, dass das Imageproblem von Kunststoff vor allem mit nicht geschlossenen Abfallkreisläufen und unsachgerechter Entsorgung zu tun habe.
Oder anders: Die Schweiz hat kein Kunststoffproblem, weil hier bereits heute Kunststoffe sachgerecht entsorgt und zu grossen Teilen recycelt oder anderweitig – etwa zur Energiegewinnung - verwertet werden. «Deshalb reicht es nicht, wenn wir das nur europaweit schaffen, sondern wir müssen das global angehen», so Schwendemann.
In seinem Fachreferat legte Schwendemann den Fokus auf das Kunststoffrecycling sowie die Herausforderungen an der Prozesskette. Dass dies keine unlösbaren Probleme sind, zeigte Schwendemann unter anderem mit einem Verweis auf ein Projekt, bei dem Plastikabfall aus dem Meer rezykliert wird und unter anderem in Uhren-Armbändern oder -Gehäusen ein zweites Leben erhält. Ein anderes Recyclingprojekt nutzt rezyklierte Skischuhe, um daraus Filamente für 3D-Drucker zu machen.
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3D-Druck/Additive Fertigung neuer Fachbereich
Hieran anschliessend stellte Prof. Ulrich Büse, Leiter des neu gegründeten Fachbereichs 3D-Druck/Additive Manufacturing, die anlagentechnischen Möglichkeiten und ersten Schwerpunkte seiner Tätigkeit vor. Diese umfassen insbesondere die Materialentwicklung und Qualitätssicherung für das Selektive Lasersintern (SLS).
Anhand erster Ergebnisse aus Vorarbeiten erläuterte Büse die Temperaturüberwachung beim SLS und die sich hieraus ergebenen Möglichkeiten zur Verbesserung der Bauteilqualität. Ferner erlaubt diese Technologie die Standardisierung des Produktionsprozesses, was eine Übertragbarkeit eines Druckjobs auf verschiedene, aber baugleiche Anlagen ermöglicht.
Mit Drohnen Drohnen jagen
Zum Abschluss der Vortragsreihe stellte Luca Müller, ehemaliger Mitarbeiter des IWK – Fachbereich Mechanische Systeme, die Mobula vor, ein autonomes Fluggerät mit Onboard-Objekterkennung zur Bekämpfung von Multikoptern. Das Thema Drohnenabwehr wird immer wichtiger, da die Behinderungen des Luftverkehrs durch Drohnen in den letzten Jahren stetig gestiegen sind, wie Luca Müller dem interessierten Publikum erläuterte.
Drohnen in der Nähe der An- und Abflugschneisen von Flugzeugen behindern den Flugverkehr und können diesen für mehrere Stunden unterbrechen. Die Anforderungen an ein Gerät zur Drohnenabwehr sind enorm hoch. Um einen Multikopter aus der Luft zu neutralisieren, braucht es vor allem eine angemessene Geschwindigkeit, Agilität und eine zuverlässige Onboard-Objekterkennung. Ein kurzes Video zeigte anschaulich, wie die Modula sich unter realen Bedingungen verhält.
Laborpräsentationen mit Fachvorträgen im neuen Techpark
Im zweiten Teil der Veranstaltung wurden in den Laboren die neuesten Entwicklungen und Technologien der verschiedenen Fachbereiche vorgestellt. Auf drei Etagen konnten sich die Teilnehmer des Kunststoff-Forums selbst ein Bild davon machen, dass die Pandemie zwar vieles beeinflusst hat, dem Innovationsdrang im IWK aber keinen Dämpfer verpassen konnte. Von Spritzgiessen über Faserverbundtechnik und Leichtbau bis hin zu 3D-Druck, mechanischen Systemen und Verbindungstechnik, mechanischen Prüfungen und Analytik sowie Fertigungstechnik im Metall-Bereich – an anschaulichen Prüfständen, Prototypen, Produktions-Demonstrationen und vertiefenden Fachgesprächen mangelte es nicht. Ergänzend wurden Laborvorträge zu ausgewählten Themen gehalten.
Die Teilnehmer konnten sich während rund zwei Stunden ganz interessengeleitet im Techpark umsehen und auch benachbarte Institute wie beispielsweise das ILT Institut für Laborautomation und Mechatronik sowie die gut ausgestattete Werkstatt der OST ansehen. IWK-Institutsleiter Frank Ehrig kündigte an, dass das IWK künftig unter anderem mit dem ILT noch enger zusammenarbeiten will, um mit einer breiteren Vernetzung noch stärker interdisziplinäre, innovative Forschungsprojekte für die Kunden des IWK umsetzen zu können.
Schifffahrt zum Abschluss
Nach einem spannenden und lehrreichen Nachmittag im Techpark gab es einen erneuten Bustransfer nach vorne zum Hafen in Rapperswil. Dort wartete die neu renovierte MS Wädenswil bereit zum Auslaufen für eine Seerundfahrt mit Apéro riche und der weiteren Möglichkeit zum Networking.