Ostschweiz

Produktionsstandort Schweiz zwischen Zollpolitik und Zuversicht

Produktionsstandort Schweiz zwischen Zollpolitik und Zuversicht
Am stärksten betroffen sind der Maschinenbau sowie Hersteller von Gummi- und Kunststoffwaren
Lesezeit: 3 Minuten

Handelsbarrieren, steigende Kosten und geopolitische Spannungen verunsichern viele Industriebetriebe in der Schweiz. Gemäss der Neuauflage des «Swiss Manufacturing Survey» der HSG behauptet sich der Standort Schweiz jedoch weiterhin trotz internationaler Turbulenzen.

Text: PD/stz.

Das Wachstum der Schweizer Wirtschaft ist weiterhin gebremst, besonders die produzierende Industrie spürt die Folgen. Wenn auch das SECO für das verarbeitende Gewerbe Anfang des Jahres noch ein Wachstum der Wertschöpfung verzeichnete, folgte bereits im zweiten Quartal wieder ein Rückgang. Branchenverbände wie «Swissmem» warnen vor einem Abwärtstrend und berichten von geplantem Personalabbau und Produktionsverlagerungen. Herausfordernd wirken die aktuelle US-Zollpolitik und andere geopolitische Turbulenzen.

Ungeachtet dieser Negativschlagzeilen bleibt die Schweiz gemäss «Economiesuisse» aber eine Industrienation. «Die Produktion ist Grundlage für den Schweizer Wohlstand und überzeugt durch Qualität, Leistung und Innovationsstärke – eine strategische Erfolgsposition der Schweiz», betont Thomas Friedli, einer der Autoren des neu aufgelegten Swiss Manufacturing Survey 2025.

Die Analyse der 365 Teilnehmer zeichnet ein umfassendes Lagebild, ordnet die zukünftigen Entwicklungen am Standort Schweiz ein und zeigt, wie sich die Wettbewerbsfähigkeit weiter stärken lässt.

Kapazitätsausbau trotz unsicherem Umfeld

Ein zentrales Ergebnis der Untersuchung: Nach einem Rückgang der Rentabilität von Unternehmen konnten viele Firmen ihre EBIT-Margen im Jahr 2024 wieder stabilisieren. Vor allem im Inland festigten sich die Margen, während das Auslandsgeschäft, speziell bei KMU, weiterhin unter Druck steht. Der Anteil der Firmen mit EBIT-Margen über 10 Prozent stieg um rund ein Sechstel im Vergleich zum Vorjahr. «Wir sehen eine leichte Entspannung der Profitabilität, die zeigt, dass Unternehmen ihre Kostenstrukturen besser in den Griff bekommen haben», sagt Thomas Friedli, Inhaber des Lehrstuhls für Produktionsmanagement an der Universität St.Gallen.

Bemerkenswert ist gemäss der Studie der anhaltende Optimismus in der Standortplanung: 35 Prozent der Unternehmen erhöhten bereits 2024 ihre Produktionskapazitäten in der Schweiz, wohingegen 25 Prozent ihre Produktionskapazitäten reduzierten. Zudem haben in den vergangenen drei Jahren rund zehn Prozent der Betriebe neue Standorte in der Schweiz eröffnet – mehr als in jeder anderen Region. Für die kommenden drei Jahre erwarten 38 Prozent einen weiteren Ausbau und elf Prozent planen, ihre Kapazitäten zu reduzieren. Dieser Befund widerspricht dem Eindruck eines grossflächigen Rückbaus der Schweizer Industriebasis und verdeutlicht die Spannbreite der Strategien.

Awareness  Emil Frey  

Geopolitik und Zollpolitik als Stolpersteine

Die geopolitische Unsicherheit bleibt jedoch ein grosser Risikofaktor für die Schweizer Industrie: 89 Prozent der befragten Unternehmen spüren den Einfluss der globalen Turbulenzen auf die Produktion. Besonders problematisch wirkt sich die US-Zollpolitik aus: 32 Prozent rechnen mit Umsatzrückgängen in den USA, 28 Prozent mit Störungen in der Lieferkette.

Am stärksten betroffen sind der Maschinenbau sowie Hersteller von Gummi- und Kunststoffwaren. «Die Zölle sind für viele Schweizer Firmen ein doppeltes Risiko – sie verteuern nicht nur den Export, sondern gefährden auch komplexe Lieferketten», sagt Thomas Friedli.

Standortfaktoren: Schweiz bleibt attraktiv

Trotz dieser Unsicherheiten überzeugt der Werkplatz Schweiz weiterhin durch Qualität, Rechtssicherheit und Fachkräfte. Besonders KMU betonen die Bedeutung der Nähe zu Kunden und die hohe Stabilität der Rahmenbedingungen. Zugleich bleibt das Label «Made in Switzerland» ein wichtiger Wettbewerbsvorteil – nicht zuletzt im Export nach Europa, das mit 70 Prozent ein zentraler Absatzmarkt bleibt.

Die St.Galler Studie zeigt auch: Während traditionelle Technologien wie ERP-Systeme oder Cloud-Lösungen etabliert sind, setzen immer mehr Unternehmen auf 5G und erste Pilotprojekte mit Generativer KI. Denn auch die Innovationsfähigkeit bleibt ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Gleichzeitig zeigt die Auswertung, dass bei KMU der Umsatzanteil neuer Produkte leicht sinkt – ein Hinweis auf nachlassende Innovationsdynamik.

Zwischen Resilienz und Risiko

Die Ergebnisse des Swiss Manufacturing Survey 2025 spiegeln eine paradoxe Situation wider: Einerseits eine leichte Erholung der Margen und ein anhaltender Wille, in den Standort Schweiz zu investieren. Andererseits belasten geopolitische Risiken, Zölle und hohe Kosten die Aussicht auf langfristigen Unternehmenserfolg. Für die kommenden Jahre zeichnet sich gemäss der Analyse ab, dass Schweizer Unternehmen selektiv investieren, stärker auf Resilienz setzen und ihre Strategien zwischen Globalisierung und lokaler Verankerung neu austarieren müssen.

Oder wie es Thomas Friedli formuliert: «Die Schweizer Industrie zeigt sich bemerkenswert widerstandsfähig. Die Zukunft des Produktionsstandorts wird davon abhängen, ob es gelingt, Innovationen schneller in den Markt zu bringen und gleichzeitig die Verwundbarkeit durch geopolitische Schocks zu reduzieren.»

Den gesamten Bericht finden Interessierte auf der Webseite zum Download.

Auch interessant

HSG, ETH und Zurich gründen gemeinsames KI-Labor
St.Gallen

HSG, ETH und Zurich gründen gemeinsames KI-Labor

HSG-Spin-off vernetzt Unternehmen mit Hochschulen
St.Gallen

HSG-Spin-off vernetzt Unternehmen mit Hochschulen

«Vertraut unserer Generation. Denn ihr habt keine andere»
St.Gallen

«Vertraut unserer Generation. Denn ihr habt keine andere»