Keine Schweizer Stadt hat mehr ungenutzte Ladenflächen

Text: stz.
In Zürich, Basel oder Bern sind freie Ladenflächen an den Einkaufsmeilen Mangelware – doch in St.Gallen zeichnet sich ein anderes Bild: Die Ostschweizer Stadt weist aktuell die höchste Leerstandsquote aller untersuchten Schweizer Städte auf. Wie aus dem aktuellen Retail-Marktbericht des Immobilienberaters CBRE hervorgeht, steht in der Multergasse, dem zentralen Shopping-Herz der Stadt, im ersten Quartal 2025 jede zwanzigste Verkaufsfläche leer – 5,7 Prozent, ein Wert, der sich innert Jahresfrist nicht verbessert hat.
Der Kontrast zu den grossen Städten ist frappant: In Bern, Genf oder Zürich liegt der Leerstand in den Haupteinkaufszonen bei maximal einem Prozent – häufig sogar bei null. Am Zürcher Rennweg, in der Genfer Rue du Marché oder der Freien Strasse in Basel ist kein einziges Lokal frei. Das gleiche Bild zeigt sich an Luzerns Grendel und Schwanenplatz, in der Berner Spitalgasse oder an der Rue Saint-Laurent in Lausanne. Selbst in Luzern – lange mit vergleichbaren Herausforderungen konfrontiert – ist die Gesamtleerstandsquote zuletzt von 3,5 auf 1,8 Prozent gefallen.
Anders in St.Gallen: Trotz guter Erreichbarkeit, belebter Innenstadt und dem Bemühen um neue Formate wie Pop-up-Stores oder saisonale Märkte bleibt die Suche nach langfristigen Mietern zäh. Leerstehende Lokale prägen das Bild, die Passantenfrequenz bleibt hinter den Erwartungen, und neue Konzepte scheinen vor grossen Investitionen zurückzuschrecken.
Ein Blick auf die aktuellen Zahlen:
Stadt | Einkaufsstrasse | Leerstand | Miete (CHF/m²) |
---|---|---|---|
Zürich | Bahnhofstrasse | 0,8 % | 11’500 |
Rennweg | 0,0 % | 3’500 | |
Limmatquai | 0,0 % | 2’500 | |
Genf | Rue du Marché | 0,0 % | 4’500 |
Rue de la Croix d'Or | 4,5 % | 4’000 | |
Basel | Freie Strasse | 0,0 % | 2’900 |
Gerbergasse | 2,8 % | 1’600 | |
Steinenvorstadt | 4,7 % | 850 | |
Lausanne | Rue de Bourg | 5,6 % | 2’500 |
Rue Saint-François | 8,3 % | — | |
Bern | Spitalgasse, Marktgasse, Neuengasse | 0,0 % | 2’500–2’800 |
Luzern | Gesamt (3 Hauptlagen) | 1,8 % | bis 5’000 |
Winterthur | Gesamt (Untertor, Marktgasse) | 5,1 % | 1’500–2’200 |
St.Gallen | Multergasse | 5,7 % | 2’000 |
Auch Winterthur kämpft mit vergleichbaren Herausforderungen: Die beiden zentralen Einkaufsachsen Untertor und Marktgasse weisen eine kombinierte Leerstandsquote von 5,1 Prozent auf. In Lausanne liegt diese sogar bei 3,9 Prozent – Spitzenreiter ist hier die Rue Saint-François mit 8,3 Prozent.
Während andere Städte von stabilen Touristenströmen, einer hohen Dichte an internationalen Retailern oder umfassenden Sanierungen profitieren, scheint St.Gallen strukturell im Nachteil. Die Dichte an Ketten ist zwar mit 88 Prozent hoch, ebenso der Anteil internationaler Anbieter – doch der Funke will nicht recht überspringen.
Ob mit einem verstärkten Fokus auf regionale Anbieter, kreativen Zwischennutzungen oder aktiver Flächenvermittlung gegengesteuert werden kann, bleibt offen. Klar ist: Die hohe Leerstandsquote ist ein Warnsignal für Politik, Gewerbe und Vermieter gleichermassen. Denn während Zürich, Genf und Luzern an einem neuen Mietpreisplateau angekommen sind, sucht St.Gallen noch nach dem Anschluss.