Die SNB macht es wieder spannend

Eine Zinserhöhung ist am Donnerstag noch nicht zu erwarten. Dafür ist der Inflationsdruck in der Schweiz nicht gross genug. Ein Vorpreschen gegenüber der EZB, die im Juli mit ihren Zinserhöhungen beginnen wird, ist nicht nötig.
Das Augenmerk wird sich deshalb auf die Inflationsprognose der SNB richten. Wie stark wird sie diese anheben und geht sie weiterhin von einem Zurückfallen in die Komfortzone unter 2% im nächsten Jahr aus?
Die Antwort auf diese Fragen wird wichtige Hinweise geben, wann und wie schnell die SNB den Leitzins anheben wird und wann die Negativzinsen in der Schweiz Teil der Geschichtsbücher sind.
Start der Zinserhöhungen
Neben der eigenen Inflationsprognose ist natürlich, wenn auch unausgesprochen, das Verhalten der EZB ein wichtiger Entscheidungsfaktor für die SNB. Nach den Aussagen von Christine Lagarde wird die EZB ab Juli ihre Zinsen an jeder Sitzung um 0.25% oder bei Bedarf gar um 0.50% erhöhen.
Ende Jahr wird der Refinanzierungssatz der EZB, zu dem die Banken bei ihr Geld leihen können, daher mindestens bei 1.00% sein.
Wenn die SNB die Zinsdifferenz zur EZB bei den in der Zeit vor den Negativzinsen üblichen 1.00% bis 1.50% halten will, wird sie bis Ende Jahr den Leitzins von aktuell -0.75% auf -0.25% anheben. Der erste Zinsschritt wird dabei nicht 0.50% umfassen.
Für eine so starke Notbremse gibt es keinen Grund, weder inflationstechnisch noch währungsbedingt. Die Fed und die Bank of England sind auch mit einer Erhöhung von 0.25% gestartet, obwohl die Inflationsdynamik in ihren Ländern viel stärker ist. Deshalb wird die SNB ab September im Quartalsrhythmus ihren Leitzins um jeweils 0.25% anheben.
Ende der Negativzinsen im Sommer 2023
Damit zeigt die SNB, dass sie auf den Anstieg und die Verbreitung des Inflationsdruckes reagieren will. Mit höheren Zinsen können die Wirtschaft und der Immobilienmarkt umgehen. Einerseits hat der Kapitalmarkt die Zinserhöhungen der SNB bereits vorweggenommen, andererseits ist das absolute Zinsniveau im historischen Vergleich immer noch sehr tief.
Der Mangel an Fachkräften und die Probleme bei den Lieferketten beschäftigen die Unternehmen mehr als höhere Finanzierungskosten. Die Aufwertungsfantasien für den Franken werden sich ebenfalls in Grenzen halten. Wie momentan der Euro dürfte auch der Franken im Vorfeld der ersten Zinserhöhung der SNB etwas stärker werden. Dieser Effekt wird schnell verpuffen, da die Zinsen in den anderen Währungsblöcken parallel zu den Franken-Zinsen ebenfalls weiter steigen werden.
Bleibt noch die Frage, wann wir uns von den Negativzinsen verabschieden. Gemäss unserem Fahrplan für die SNB wird der Leitzins im nächsten Juni mit 0.25% wieder ein Plus vor der Zahl haben. Im Geld- und Kapitalmarkt ist dies für Laufzeiten von mehr als einem Jahr bereits jetzt der Fall.
Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Thomas Stucki hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Er führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 35 Mitarbeitenden. Er ist verantwortlich für die Verwaltung von Kundenmandaten und Anlagefonds im Umfang von 12 Milliarden Franken. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.