Ostschweiz

Nachhaltigkeit wird zum Pflichtprogramm

Nachhaltigkeit wird zum Pflichtprogramm
Auch wenn die Mehrheit der Unternehmen den ESG-Richtlinien positiv gegenübersteht, zeigt die Studie, dass insbesondere KMU bei der praktischen Umsetzung Unterstützung benötigen
Lesezeit: 3 Minuten

Laut einer Studie der Fachhochschule Graubünden im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft betreffen strengere internationale Nachhaltigkeitsrichtlinien auch Schweizer Unternehmen. Besonders Grossunternehmen, aber auch KMU sehen sich mit steigenden Kosten und wachsendem Anpassungsdruck konfrontiert. Bemerkenswert ist, dass der Grundtenor trotz des Mehraufwands positiv ist.

Text: PD/stz.

Die Europäische Union sowie Länder wie Deutschland, Frankreich oder Grossbritannien verschärfen seit einigen Jahren ihre Regeln in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG). Das trifft auch Schweizer Firmen – vor allem jene mit Niederlassungen oder engen Geschäftsbeziehungen in diesen Ländern. Eine Studie der FH Graubünden zeigt, dass 56 Prozent der befragten Grossunternehmen direkt von internationalen ESG-Regulierungen betroffen sind.

Bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) liegt der Anteil bei 36 Prozent. Viele KMU spüren die Auswirkungen allerdings indirekt, etwa durch neue Marktbedingungen oder höhere Anforderungen ihrer Kunden. So fordern Geschäftspartner zunehmend Nachhaltigkeitsaudits oder Zertifizierungen, teilweise verbunden mit zusätzlichen Vertragsauflagen. Dies führt zu höheren Kosten für Personal und externe Dienstleister sowie zu einer aufwendigeren und langsameren Umsetzung von Projekten.

Schweizer Unternehmen sehen Potenzial

Trotz zusätzlicher Pflichten und höherem Aufwand erkennen viele Schweizer Unternehmen in den internationalen ESG-Richtlinien auch Chancen. Insbesondere Grossunternehmen, aber auch KMU, sehen Potenzial etwa in der Vertiefung ihrer Nachhaltigkeitspraktiken und der Stärkung von Kunden- und Lieferantenbeziehungen. Überdies bieten die ESG-Anforderungen den Unternehmen die Möglichkeit, ihre Reputation am Markt zu erhöhen.

«Interessant ist, dass eine Mehrheit der betroffenen Schweizer Unternehmen den internationalen ESG-Regulierungen entweder sehr oder eher befürwortend gegenübersteht», sagt Projektleiter Christian Hauser. Besonders die Gruppen der sogenannten «motivierten Enthusiasten» (12 Prozent) und der «ausgewogenen Pragmatiker» (42 Prozent) sehen in den Nachhaltigkeitsvorgaben nicht nur eine regulatorische Pflicht, sondern auch wirtschaftliche Chancen. Dem stehen 25 Prozent «belastete Kritiker» gegenüber, die laut Hauser kaum einen Nutzen in den ESG-Richtlinien sehen und eine deutliche Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsfähigkeit beklagen.

Emil Frey  Awareness  
Projektleiter Christian Hauser
Projektleiter Christian Hauser

Handlungsempfehlungen des Forschungsteams

Auch wenn die Mehrheit der Unternehmen den ESG-Richtlinien positiv gegenübersteht, zeigt die Studie, dass insbesondere KMU bei der praktischen Umsetzung Unterstützung benötigen. Zwar existieren in der Schweiz bereits zahlreiche Unterstützungsangebote zur Umsetzung internationaler ESG-Anforderungen, viele KMU wissen jedoch nicht, welche Angebote für sie relevant sind oder wie sie diese effizient nutzen können.

Das Forschungsteam empfiehlt daher den Aufbau eines digitalen One-Stop-Shop-Helpdesks sowie besser strukturierte, KMU-orientierte Informations- und Netzwerkangebote, um die KMU gezielter bei der Umsetzung internationaler ESG-Richtlinien zu begleiten. Die Studie wurde von der FH Graubünden im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) durchgeführt.

Anlass war ein Postulat von Ständerat Josef Dittli, in dem der Bundesrat aufgefordert wird, die direkten und indirekten Folgen internationaler Nachhaltigkeitsrichtlinien auf Schweizer KMU sowie mögliche Unterstützungsmassnahmen durch die Behörden zu prüfen. Grundlage der Studie ist eine Online-Umfrage, an der 286 Unternehmen aus der Deutsch- und der Westschweiz teilnahmen, die entweder direkt oder indirekt von internationalen ESG-Richtlinien betroffen sind.

Breite Kompetenz

Das Schweizerische Institut für Entrepreneurship der FH Graubünden orientiert sich thematisch an aktuellen Herausforderungen der Praxis. Es erforscht etwa Fragestellungen zur digitalen Transformation, Servicerobotik, Innovation und Design Thinking, Internationalisierung und Supply Chain wie auch Corporate Responsibility. Es geht dabei um Strategien für Produkte und Leistungen sowie neue Geschäftsmodelle, aber auch um organisatorische Fragen, die sich aufgrund der Digitalisierung und Vernetzung eröffnen.

Zudem beschäftigt sich das Institut mit der Frage, wie Unternehmen und Organisationen Transparenz, nachhaltige Entwicklung und unternehmerische Verantwortung in ihrer Unternehmensphilosophie verankern können.

Informationen zum Projekt: fhgr.ch/esg-richtlinien

Auch interessant

Innosuisse fördert Forschung von FHGR und Skipp
Ostschweiz

Innosuisse fördert Forschung von FHGR und Skipp

Whistleblowing-Report 2025: 37 Prozent der Schweizer Unternehmen berichten von Missständen
Ostschweiz

Whistleblowing-Report 2025: 37 Prozent der Schweizer Unternehmen berichten von Missständen

FHGR-Student gewinnt internationalen Wettbewerb
Appenzell Innerrhoden

FHGR-Student gewinnt internationalen Wettbewerb