Forster-Krise: Verwaltungsrat zahlt Löhne aus eigener Tasche

Text: stz.
Die finanzielle Schieflage des Thurgauer Traditionsunternehmens hat drastische Folgen: Zahlreiche Mitarbeiter warten inzwischen auf zwei Monatslöhne – April und Mai. Zwar hat das Bezirksgericht Arbon vergangene Woche eine Nachlassstundung bewilligt. Diese schützt Forster vorerst vor Betreibungen und gibt dem Unternehmen Zeit für eine mögliche Sanierung. Die bis dahin fälligen Löhne übernimmt grundsätzlich die kantonale Arbeitslosenkasse – allerdings dauert die Auszahlung bis zu zwei Monate.
Genau hier greift Giovanni Cerfeda ein. Der 70-jährige Architekt und Unternehmer, aus Winterthur, der Forster übernehmen möchte und seit 2019 dem Verwaltungsrat angehört, zahlt aus seinem Privatvermögen Lohnvorschüsse an besonders betroffene Mitarbeiter. Laut «Blick» handelt es sich um zinslose Überbrückungsdarlehen – mindestens neun Angestellte erhielten bereits Ende letzter Woche Geld.
Cerfeda fordert Neuausrichtung – ohne bisherige Führung
Cerfeda zeigte sich bereits Mitte Mai überzeugt, dass Forster mit einem Neuanfang eine Chance hat. «Wir haben nachgewiesen, dass mindestens 1,8 Millionen Franken bereitstehen, um Löhne und dringende Verbindlichkeiten zu decken», erklärte er gegenüber dem «Blick». Für eine echte Sanierung fordert er jedoch personelle Konsequenzen: Die bisherigen Forster-Verantwortlichen – darunter Küchenunternehmer Max Müller, Finanzchefin Ipek Demirtas und CEO Andreas Sandmann – sollen das Feld räumen.
Auch Unia-Regionalleiterin Anke Gähme fordert einen Neuanfang im Management. In einem Schreiben an die Belegschaft lobt sie Cerfedas Engagement: «Damit zeigt sich, wer die Mitarbeiter wirklich ernst nimmt und wer Verantwortung übernimmt.»
Trotz dieser Hilfsaktion bleibt der Betrieb weitgehend gelähmt. Servicetechniker und Monteure mussten ihre Lieferwagen abgeben, da Forster Leasingraten nicht mehr bedienen konnte. Auch die Produktion steht in weiten Teilen still – Ersatzteile bleiben aus, weil Zulieferer auf offenen Rechnungen sitzen geblieben sind, weiss der «Blick».
Hintergrund: Wie es bei Forster Swiss Home nach der Nachlassstundung weitergeht
Am 20. Mai 2025 wurde der Forster Swiss Home AG vom Bezirksgericht Arbon eine provisorische Nachlassstundung gewährt. Ziel dieser Massnahme ist es, dem Küchenhersteller aus Arbon Zeit für eine nachhaltige Sanierung zu verschaffen und eine tragfähige Zukunftslösung unter Berücksichtigung aller Gläubigerinteressen zu erarbeiten.
Sachwalterteam mit namhafter Führung
Mit der provisorischen Sachwaltung wurde die renommierte Zürcher Anwaltskanzlei Wicki Partners AG betraut. Das Mandat führen Rechtsanwalt Dr. Balthasar Wicki und Rechtsanwältin Vivien Keiser. Sie übernehmen in dieser Funktion die Aufsicht über die Geschäftsführung und unterstützen die Gesellschaft bei der Entwicklung und Umsetzung von Sanierungsmassnahmen.
Löhne: Grosse Fortschritte dank intensiver Zusammenarbeit
Ein zentraler Punkt war die Absicherung der ausstehenden Lohnzahlungen. Wie aus der Mitteilung vom 27. Mai 2025 hervorgeht, konnten in den Tagen zuvor in enger Kooperation mit der kantonalen Arbeitslosenkasse (ALK), der Gewerkschaft Unia sowie der Personalabteilung der Forster Swiss Home AG rund 90 % der Anträge für die Lohnzahlung durch die ALK korrekt eingereicht werden. Erste Gelder wurden bereits überwiesen.
Zusätzlich wurde der anteilige Lohn für die Tage nach der Nachlassstundung (20.–31. Mai 2025) aus einer kurzfristig beschafften Überbrückungslösung finanziert und an die Mitarbeitenden ausbezahlt.
Dank und Ausblick
In der Mitteilung danken die Sachwalter und die Unternehmensleitung ausdrücklich allen Beteiligten – insbesondere dem Team der Forster Swiss Home AG – für den aussergewöhnlichen Einsatz, der auch über das Wochenende erbracht wurde. Man sei zuversichtlich, die nächsten Schritte mit derselben Entschlossenheit und Transparenz anzugehen.
Nächste Schritte
Der Fokus liegt nun auf der Entwicklung eines Sanierungskonzepts. Die Sachwalter führen Gespräche mit relevanten Stakeholdern und analysieren Optionen zur Fortführung und Reorganisation des Unternehmens. Die Nachlassstundung bietet dafür einen zeitlich begrenzten Schutz vor Betreibungen – genutzt werden soll diese Frist, um das Fundament für eine langfristige Lösung zu schaffen.