«Elite Quality Index 2024»: Schweiz muss Spitzenplatz an Singapur abgeben

Text: stz.
Der Elite Quality Index basiert auf einem Vergleichsranking, das Länder nach der Qualität ihrer Eliten kategorisiert. Dabei wird untersucht, ob die Eliten Wert schaffen und das Wissen einer Nation fördern oder ob sie ihre Macht nutzen, um ihre eigenen Profite auf Kosten der Gesellschaft zu steigern.
Der Elite Quality Index 2024 (EQx2024), der in seiner fünften Ausgabe erscheint, sieht Singapur weltweit auf Platz 1. Insgesamt wurden 151 Länder anhand von 146 Indikatoren analysiert. Dabei wurden konzeptionelle Elemente wie Macht, schöpferische Zerstörung und unverdientes Einkommen gemessen, um festzustellen, ob die Eliten Wert für ihr Land schaffen oder aus der Gesellschaft abziehen.
Eliten sind kleine, stark koordinierte Gruppen, die sich in enger Abstimmung miteinander befinden und die erfolgreichsten und profitabelsten Geschäftsmodelle innerhalb einer Volkswirtschaft betreiben. Eliten und ihre Unternehmungen sind für die Wertschöpfung und das Wirtschaftswachstum eines Landes von entscheidender Bedeutung.
Die Studienautoren und Herausgeber des EQx2024, Prof. Dr. Guido Cozzi und Prof. Dr. Tomas Casas von der Universität St.Gallen (HSG), beschreiben Eliten von hoher Qualität als jene, welche die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes stärken. Eliten mit niedriger Qualität hingegen sind jene, die darauf bedacht sind, Mehrwert nur für sich selbst zu schaffen.
Im EQx2024 spiegeln sich aber auch die anhaltende Inflation, die Herausforderungen für globalen Handel und Zusammenarbeit sowie die Kriege in Europa und im Nahen Osten.
Die von der Universität St.Gallen in Zusammenarbeit mit internationalen akademischen Partnern der in St.Gallen ansässigen Foundation for Value Creation durchgeführte Studie gibt nicht nur Aufschluss über die aktuelle Stabilität der Länder, sondern auch über deren zukünftiges Wachstumspotenzial. Einige der Ergebnisse des EQx2024 lauten:
Singapur auf Platz 1
Der Stadtstaat kehrt wieder an die Spitze des Rankings zurück, nachdem er ihn im vergangenen Jahr an die Schweiz verloren hatte. Beide Länder verkörpern zwei sehr unterschiedliche politische Volkswirtschaften. Deren grösste Gemeinsamkeit ist neben ihrer geringen Grösse die hohe nachhaltige Wertschöpfung ihrer Elite-Geschäftsmodelle. Auf den weiteren Plätzen folgen die Niederlande, Japan und Neuseeland.
Die Schweiz braucht neue Wertschöpfungsquellen
Die Alpennation profitiert weiterhin von einem beeindruckenden Elitensystem, ist aber um einen Platz auf Rang 2 zurückgefallen. Angesichts der Kosten der Integration von Credit Suisse und UBS muss Schweizer Kapital vermehrt in neue Wertschöpfungsquellen investiert werden. Ziel sollte sein, eine Startup-Nation zu werden und gleichzeitig die traditionellen und weltführenden Kernkompetenzen in Bereichen wie Pharma und Maschinenbau zu bewahren.
Grossbritannien fällt aus Top 10
Grossbritannien ist in der diesjährigen Rangliste aus den Top 10 gefallen und liegt nun auf Platz 11. Anlass zur Sorge geben die britischen Universitäten, die in den weltweiten Rankings zurückgefallen sind. Auch gibt es Anzeichen dafür, dass der Inselstaat seit dem Brexit im globalen Kontext an Boden verliert. Es gelingt immer weniger, ausländische Investitionen anzuziehen.
USA und China steigen im Ranking
Die USA konnten sich in der diesjährigen Rangliste um 5 Plätze auf Rang 16 verbessern. Auch China verbesserte sich um einen Platz auf Rang 21. Während die USA weiterhin eine enorme Wertschöpfung auf den Finanzmärkten und im Bereich der künstlichen Intelligenz erzielen, haben sie nach wie vor Schwierigkeiten, eine dynamische und zukunftsorientierte Wirtschaft aufrechtzuerhalten, ohne grosse Teile der Gesellschaft zurückzulassen.
China hingegen, das sich zum Ziel gesetzt hat, sein BIP in den nächsten zwei Jahrzehnten zu verdoppeln, kann sich auf ein Elitensystem stützen, das sich als wertschöpferischer erwiesen hat als jene anderer Länder mit ähnlichem Einkommensniveau. So sind zum Beispiel chinesische Hersteller von Elektroautos oder Green Energy Firmen führend in der Welt. Selbst im Bereich künstlicher Intelligenz sind Geschäftsmodelle chinesischer Eliten den europäischen weit voraus.
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Qualität der asiatischen Eliten steigt
Von den sechs führenden Ländern zeigen drei aus Asien – Singapur (Platz 1), Japan (Platz 4) und Korea (Platz 6) – eine starke Leistung. Darüber hinaus ist die Qualität der Eliten jener beiden aufstrebenden Grossmächte des Kontinents, China (Platz 21) und Indien (Platz 63), in Bezug auf ihre entsprechenden Einkommensniveaus weit höher.
Wenn die Arbeitshypothese stimmt, dass Elite Quality zu ökonomischem Wachstum und menschlicher Entwicklung führt, dann gehört die Zukunft Asien.
Deutschland – Mangel an kreativen und strategischen Fähigkeiten
Deutschland auf Platz 8 bleibt eine Nation mit einigen der kompetentesten und fairsten politischen und wirtschaftlichen Institutionen der Welt, was sich darin zeigt, dass Machtballung schwierig ist, wie der Subindex «High Power» zeigt. Das Land verfügt über eine Elite, die der Gesellschaft wenig entzieht, der es aber an kreativen und strategischen Fähigkeiten mangelt, neuen Wert für die Allgemeinheit zu schaffen.
Daten auf interaktiver Webseite
Alle Daten des EQx2024 sind auf einer interaktiven, benutzerfreundlichen Webseite verfügbar, deren Link Sie gerne in Ihre Berichterstattung integrieren können. Dort können Länder miteinander verglichen werden, und die Nutzer:innen können sich die einzelnen Kategorien ansehen, um die Stärken und Schwächen eines Landes zu erkennen.
«Mit dieser Plattform können Studierende, Journalisten und die breite Öffentlichkeit besser verstehen, welche Rolle die Eliten in unseren Gesellschaften spielen», so Cozzi und Casas.
Der Gesamtreport steht unter papers.ssrn.com zum Download zur Verfügung. Zusätzlichen Kontext finden Sie zudem unter elitequality.org.