St.Gallen

«Der Hoch- und Niedertarif ist nicht mehr zeitgemäss»

«Der Hoch- und Niedertarif ist nicht mehr zeitgemäss»
Die Stadtwerke versorgen die Stadt St.Gallen mit Energie.
Lesezeit: 4 Minuten

Die Energiebranche hat sich stark verändert – und das wird auch in Zukunft so bleiben. Einer, der sich bei den St.Galler Stadtwerke mit diesen Veränderungen beschäftigt, ist Peter Graf. Er arbeitet seit 30 Jahren bei den sgsw, die letzten 21 Jahre als Bereichsleiter Energie, Verkauf und Marketing sowie als Mitglied der Geschäftsleitung. Peter Graf im Interview.

Text: St.Galler Stadtwerke SGSW

Wir sind mitten im Winter. Wie sieht die aktuelle Energiesituation aus?

Die Lage ist deutlich besser als im letzten Winter. Damals war die Situation ernst, weil es kein oder nur sehr wenig russisches Gas gab und die Alternativ-Lieferketten zunächst aufgebaut werden mussten. Erschwerend kam hinzu, dass die Lieferung von verflüssigtem Erdgas (LNG) aus den USA nicht ausreichend sichergestellt werden konnte und der französische Kernkraftwerk-Park nur zur Hälfte in Betrieb war.

Heute haben wir ein Jahr mehr Erfahrung. Die alternativen Belieferungen von LNG sind in dieser Zeit stabiler geworden und die französischen Kernkraftwerke laufen zu dreiviertel. Trotzdem bleiben gewisse Unsicherheiten, auch aufgrund von Abhängigkeiten. Falls es einen kalten Winter, Sabotageakte oder anderweitige Probleme bei den Lieferketten gibt, könnten wir wieder in eine ernste Situation kommen. Momentan ist die Lage gut, von Entspannung würde ich aber nicht sprechen.

Die Energiepreise sind stark gestiegen. Werden sie weiter steigen?

Der Gaspreis wurde auf 1. Januar 2024 um 3 Rappen gesenkt. Beim Strom hingegen haben wir eine Preiserhöhung von durchschnittlich 11 Prozent. Dies, obwohl der Energiepreis leicht gesenkt werden konnte. Der Strompreis setzt sich jedoch nicht nur aus Kosten für die Energie, sondern auch für die Infrastruktur zusammen. Und da müssen wir Investitionen tätigen, um das Netz auf die künftigen Anforderungen vorzubereiten. Ein Beispiel ist die Installation von intelligenten Zählern.

Zur Preiserhöhung trägt aber auch die neue Strompreis-Komponente bei, die der Bund schweizweit eingeführt und mit der Energiemangellage zu tun hat. Diese sogenannte Winterstromversicherung kostet jeden Haushalt 50 Franken pro Jahr und soll die Menschen davor schützen, wieder in eine ähnliche Situation zu kommen wie im letzten Winter. Dafür sorgt unter anderem auch das Notkraftwerk im aargauischen Birr, das sowohl mit Gas als auch mit Öl und synthetischen Treibstoffen betrieben werden kann. Mit unserer Preiserhöhung von 11 Prozent liegen wir aber unter dem nationalen Durchschnitt von 18 Prozent.

 

Nebst dem Energiegeschäft sind Sie auch für andere Bereiche zuständig. Welche sind das?

In meinem Bereich verantworte ich ein breites Spektrum. Da gehören neben dem energieseitigen Strom- und Gasgeschäft der Kundendienst mit dem Call-Center, die Marketingkommunikation, das Produktportfoliomanagement sowie der zentrale Verkauf, unter anderem von Fernwärme- und Gas-Anschlüssen, Wärmekraftkopplungsanlagen, Wärmepumpen-Contracting, Photovoltaik-Anlagen und Ladestationen für die Elektromobilität dazu. Hinzu kommt noch die Betreuung des Wärmeversorgungsplans, wovon die passende Heizungslösung für jedes Gebäude abgeleitet werden kann.

Der Strompreis setzt sich nicht nur aus Kosten für die Energie, sondern auch für die Infrastruktur zusammen.

Peter Graf

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