Der Arbeitsplatz der Zukunft

Wer als Arbeitgeber in Zeiten der Digitalisierung bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern punkten will, muss flexibel sein. Das betrifft auch die Gestaltung der Arbeitsplätze. Bei der AR Informatik AG hat man das erkannt und entsprechend gehandelt. Melanie Schachner und Emanuel Ranieli erklären im Interview, was sich mit «FlexWork» alles ändert.
Die AR Informatik AG hat Ende 2021 unter dem Namen «FlexWork» die Büroarbeitsplätze neu gestaltet, was ist nun anders?
Emanuel Ranieli (ER): Zusätzlich zu den bisherigen Büroräumen haben wir an einem zweiten Standort Räume angemietet. Damit gewinnen wir etwas mehr Platz und Bewegungsfreiraum. Unsere bisherigen Räume – im Kern zwei Grossraumbüros auf zwei Stockwerken – waren nämlich voll besetzt und lärmbelastet. Mit dem Umbau wurden geteilte Arbeitsplätze, sogenannte «Shared Desks», und verschiedene Arbeitszonen eingerichtet. Ein Teil unserer Mitarbeitenden hat seitdem keinen persönlich reservierten Arbeitsplatz mehr. Wir haben bewusst erst die Hälfte der bisherigen Büroräume umgebaut, um basierend auf den Erfahrungen dann in der Zukunft auch die andere Hälfte entsprechend neu zu gestalten.
Melanie Schachner (MS): Für die konzentrierte Arbeit in ruhiger Umgebung können die Mitarbeitenden jetzt unsere «Silent Arbeitsplätze» nutzen. Wenn sie für die Arbeit im Büro lieber die gewohnte Grossraumatmosphäre um sich haben möchten, können sie sich an einen der geteilten Arbeitsplätze setzen – entweder im klassischen Stil oder im Barstil an der Fensterfront. Zur spontanen Besprechung von Themen in einer kleineren Gruppe oder unter vier Augen haben sie die Wahl zwischen Stehtischen, klassischen Besprechungstischen, Sitzwürfeln und einer Sofaecke. Ergänzend dazu haben wir Bildschirme auf Rollträgern montiert.
ER: Wenn neue Konzepte im Team oder mit einer grösseren Projektgruppe erarbeitet werden sollen oder um gewisse Sachverhalte zu visualisieren, eignen sich die Workshop- und Sitzungsräume besser. In diesen Räumen gibt es das nötige Material, um hybride Besprechungen zu gestalten, wie zum Beispiel eine Videokonferenzanlage. Schreibwände und Flipcharts gehören heutzutage ja zur Grundausstattung, genauso wie die mobile Arbeitsausrüstung unserer Mitarbeitenden, also Notebook und Headset.
Welchen Anteil hatte die Corona-Pandemie und das damit verbundene Homeoffice an dieser Umstellung?
ER: Die Strategie für flexible Arbeitsgestaltung gab es bei ARI schon vorher. Die Corona-Pandemie und Homeoffice-Pflicht haben den Effekt aber stark beschleunigt und so hat sich innert kurzer Zeit bewiesen, dass ARI sehr viele Arbeiten ortsunabhängig erledigen kann. Beispielsweise wissen wir nun: Unser Service Desk funktioniert auch aus dem Homeoffice.
MS: Die Pandemie war ausserdem eine Gelegenheit für die Mitarbeitenden, zu hinterfragen, was sie wirklich zum Arbeiten brauchen. Ein Beispiel aus unserem Umbauprojekt hat das sichtbar gemacht: Die Sideboards neben den bis dahin personalisierten Schreibtischen mussten ja geräumt werden. Dabei sind Mengen an nicht benötigtem Büromaterial hervorgekommen. Die Sideboards waren plötzlich gar nicht mehr nötig. Es reicht den meisten heute eine Box pro Standort, damit sie dort ihre persönlichen Sachen deponieren können.
ER: Im Homeoffice sind mittlerweile alle so eingerichtet, dass das Arbeiten dort auch gut funktioniert. Aus unternehmerischer Sicht wird deshalb der Bedarf an Bürofläche sicher nicht mehr so gross werden wie er vor der Pandemie war.
Welche Vorteile sehen Sie im Desk Sharing?
ER: Das Arbeiten wird allgemein zielorientierter, weil die Arbeitsplätze und auch die verschiedenen Arbeitszonen auf die Tätigkeiten ausgerichtet sind statt auf einzelne Personen. Es zeigt sich, dass im Büro hauptsächlich Zusammenarbeit, kreative Gestaltung und soziale Aspekte im Fokus stehen. Aufgaben, für die Ruhe und Konzentration nötig sind, werden eher ins Homeoffice verlagert. Natürlich darf man nicht vergessen, dass sich die Wohnsituation der Mitarbeitenden auf die Wahl des Arbeitsorts auswirkt. Es braucht also auch im «beweglichen» Büro Rückzugsorte.
MS: Die gemeinsame Nutzung von Sitzplätzen erhöht zwangsmässig das Ordnungsniveau. Man möchte selbst einen aufgeräumten und sauberen Arbeitsplatz vorfinden, also sorgt man beim Verlassen des Platzes für Ordnung. Dazu kommt der wirtschaftliche Aspekt: Mit geteilten Arbeitsplätzen sind insgesamt weniger Arbeitsplätze vor Ort nötig, die dann auch höher ausgelastet werden können.
ER: Desk Sharing fördert auch den Austausch untereinander über die Organisation hinweg, teils sogar zufällig aufgrund der Raumgestaltung und der jeweiligen Wahl des Sitzplatzes. Erste Erfahrungen zeigen ein vermehrtes «Out of the box»-Denken, was zu kreativen Lösungen führt. So wird die Flexibilität auch nach aussen hin sicht- und spürbar. Das macht uns als Firma interessant für Kandidaten, die auf Jobsuche sind.
Auf was muss man als Unternehmen achten, wenn man von klassischen Arbeitsplatzmodell auf Desk Sharing umstellt?
ER: Sämtliche HR-Themen sollten abgedeckt sein. Wir haben unsere Reglemente angepasst, damit die Vorgaben in puncto Arbeitszeit, Parkplatznutzung, usw. auch auf die neue Philosophie passen. Natürlich müssen dabei weiterhin die gesetzlichen Anforderungen erfüllt sein.
MS: Die räumlichen Gegebenheiten müssen auch zum Konzept passen. Es sollten möglichst offene Räume sein. Allenfalls ist es hilfreich, sich nach Alternativen umzusehen, wenn die bestehenden Räume nicht genug Spielraum bieten. Was wir auch gelernt haben: Beim Mobiliar sollte alles auf Rollen oder leicht verschiebbar bzw. tragbar sein. Das erlaubt es, die Räume so flexibel wie möglich zu nutzen.
ER: Projektmitarbeitende mit ästhetischem Blick oder Talent in Sachen Einrichtung sind hilfreich. Und es lohnt sich auf jeden Fall, eine Zweitmeinung von einem Architekten oder Inneneinrichter einzuholen. Wir haben festgestellt, dass mit Kreativität günstige und gleichzeitig praktische Lösungen problemlos umsetzbar sind. Wenn es noch Anpassungs- oder Ausbaubedarf gibt, kann das ja auch im weiteren Verlauf noch gemacht werden. Ganz nach dem Motto: Ausprobieren und Erfahrung sammeln, es muss nicht gleich von Anfang an perfekt sein.
Und was zeigen die ersten Erfahrungen?
MS: Mitarbeitende, die keinen eigenen, festen Arbeitsplatz haben, brauchen eine Ablagemöglichkeit für ihre persönlichen Sachen. Wir haben das über Boxen mit Deckel und Regalen zum Deponieren der Boxen gelöst. In der Praxis hat sich mittlerweile gezeigt, dass wir hier noch nachbessern müssen. Gerade die Techniker brauchen zusätzlichen Platz, wo sie Material und Geräte zwischenlagern können, die sie im Moment bearbeiten. Wichtig ist also auch die regelmässige Kommunikation – Mitarbeitende müssen in den Veränderungsprozess immer miteinbezogen und informiert werden.
ER: Noch eine Anforderung aus technischer Sicht: Die Basisinfrastruktur muss für alle gleich und die Arbeitsplätze müssen standardisiert sein. Es muss für alle möglich sein, überall uneingeschränkt zu arbeiten. An unseren Arbeitsplätzen können sämtliche Kunden aber auch Gäste mit eigenen Geräten arbeiten.
«FlexPoint» kann also auch von Kunden genutzt werden. Haben Sie deswegen zusätzliche Sicherheitsmassnahmen bei der IT treffen müssen?
MS: Besondere technische Sicherheitsmassnahmen waren nicht nötig. In dem Zusammenhang konnten wir auf unserer Arbeit der letzten Jahre aufbauen – umfangreiche Sicherheitskonzepte, eine virtuelle Umgebung, einheitliche Identitäten und vieles mehr waren bereits vorhanden. Um die bestehenden Prozesse zu unterstützen, gab und gibt es weiterhin diverse Massnahmen zur Sensibilisierung der Benutzer zu Verhaltensweisen und Datenschutz.