«Wir investieren heute anders, denken breiter»

Karin von Rotz, Sie führen ein traditionsreiches Familienunternehmen. Was sind für Sie heute die zentralen Erfolgsfaktoren in der Autobranche?
Für mich zentral ist die konsequente Ausrichtung auf den Kunden. Es reicht längst nicht mehr, einfach gute Autos zu verkaufen – es geht darum, Erlebnisse zu schaffen und Mehrwert zu bieten. Unsere Mitarbeiter machen hier den Unterschied: Kunden spüren, wenn jemand mit Freude, Kompetenz und einem ehrlichen «Grüezi» für sie da ist. Ergänzt wird dies durch Effizienz, Innovationsbereitschaft und hohe Umsetzungskraft im Alltag.
Sie stehen seit 2016 an der Spitze der von-Rotz-Gruppe. Was hat sich seither verändert – und was ist gleich geblieben?
Der Markt ist dynamischer, digitaler und anspruchsvoller geworden. Heute sind Geschwindigkeit und Anpassungsfähigkeit gefragt. Auch in der Führung hat sich viel verändert: Ich führe deutlich partizipativer, mit mehr Dialog und Vertrauen in starke Teams. Unverändert geblieben ist unsere DNA: Handschlagqualität, Bodenständigkeit und der Wille, immer etwas besser zu werden.
Wie begegnen Sie den aktuellen Herausforderungen wie Elektromobilität und Digitalisierung?
Wir sehen den Wandel als Chance. Mit unserem breiten Markenportfolio begleiten wir unsere Kunden aktiv in Richtung Elektromobilität – mit Beratung, Infrastruktur, Schulung und klarer Kommunikation. Gleichzeitig investieren wir in digitale Prozesse, etwa bei der Fahrzeugvermarktung oder im After Sales. Der Mensch bleibt dabei im Mittelpunkt – Technik soll Nähe schaffen, nicht Distanz.
«Vielfalt bringt neue Perspektiven – und bessere Entscheidungen.»
Viele Handelsbetriebe klagen über sinkende Margen. Wie halten Sie Ihre Marktposition?
Wir setzen konsequent auf Diversifikation und Qualität. Zusätzliche Geschäftsfelder wie Werkstätten, Spenglerei, Hotel, Wohnmobilvermietung und bald ein neues Erlebnisrestaurant schaffen Synergien, zusätzliche Erträge – und vor allem Kundenbindung. Gleichzeitig optimieren wir laufend Prozesse und steigern unsere Effizienz. Wachstum verstehen wir nicht als Selbstzweck, sondern als Mittel für Stabilität und attraktive Arbeitsplätze.
Wie wichtig ist heute ein ganzheitliches Kundenerlebnis?
Sehr wichtig. Unsere Kunden suchen nicht nur ein Fahrzeug, sondern ein gutes Gefühl. Hotel, Café, Restaurant oder ein moderner Showroom schaffen eine vertrauensvolle Atmosphäre. Wir wollen mehr sein als ein Autohaus – ein Ort, an den man gerne kommt. Das stärkt die Marke und die Loyalität.
Und welche Rolle spielt der Standort Wil für Ihre Entwicklung?
Wil ist zentral gelegen, wirtschaftlich stark und bietet hohe Lebensqualität. Wir sind regional verwurzelt, aber gut erreichbar – auch aus Zürich, dem Thurgau oder dem Rheintal. Besonders wichtig ist für uns die Entwicklung von Wil West: Dieses Projekt stärkt nicht nur den Standort, sondern bietet Perspektiven für Vernetzung, Innovation und nachhaltiges Wachstum.
Sie sind 2001 ins Unternehmen eingetreten und leiten es heute operativ. Was war Ihnen auf diesem Weg besonders wichtig?
Fachlich war mir wichtig, alle Bereiche kennenzulernen – vom Verkauf bis zur Werkstatt. Respekt entsteht durch Kompetenz und Verhalten, nicht durch Titel. Persönlich war mir Authentizität zentral: meinen eigenen Stil zu finden – mit Klarheit, Empathie und Ausdauer.
Sie gelten als empathische Chefin und fördern gezielt auch Frauen im Betrieb. Was bedeutet moderne Führung für Sie ganz konkret?
Menschen ernst nehmen, ihnen Vertrauen schenken und sie befähigen, Verantwortung zu übernehmen. Ich glaube an eine offene Kultur, in der Fehler erlaubt und Entwicklung möglich ist. Frauenförderung ist dabei für mich kein Sonderthema, sondern Teil einer gerechten, zukunftsfähigen Unternehmenskultur. Vielfalt bringt neue Perspektiven – und bessere Entscheidungen.
Welche Rolle spielt die Handschrift Ihres Vaters noch heute – und wo setzen Sie neue Akzente?
Seine Werte – Verlässlichkeit, Handschlagqualität und der direkte Draht zu den Menschen – prägen uns bis heute. Dafür bin ich dankbar. Neue Akzente setze ich bei Unternehmenskultur, Digitalisierung und strategischer Weiterentwicklung. Wir investieren heute anders, denken breiter – und vernetzen das klassische Autogeschäft mit zukunftsfähigen Geschäftsfeldern.
Wohin soll sich die von-Rotz-Gruppe weiterentwickeln – und was treibt Sie persönlich an?
Ich möchte die Gruppe als führendes, modernes und innovatives Mobilitätsunternehmen in der Ostschweiz weiterentwickeln – mit starken Marken, neuen Dienstleistungen und einem attraktiven Arbeitsumfeld. Mich motiviert der Wunsch, etwas mit Bestand zu schaffen – für Kunden, Mitarbeiter und die Region. Ich glaube an Unternehmertum, das wirtschaftlichen Erfolg mit Sinn und Verantwortung verbindet.
Wir schaffen Verbindungen zwischen Tradition und Innovation.»
Die von-Rotz-Gruppe aus Wil zählt zu den vielseitigsten Mobilitätsunternehmen der Ostschweiz. Was 1978 als Einmannbetrieb von Hanspeter von Rotz begann, hat sich über Jahrzehnte zu einer breit aufgestellten Unternehmensgruppe mit über 160 Angestellten entwickelt. Heute liegt die operative Leitung in den Händen von Karin von Rotz, die das Familienunternehmen gemeinsam mit ihrem Bruder Daniel, ihrem Ehemann Andrej Rüegg und dem langjährigen Mitarbeiter Marius Huber führt.
Im Zentrum der Gruppe steht das Thema Mobilität in all seinen Facetten. Die von-Rotz-Gruppe vereint unter ihrem Dach mehrere Markenvertretungen – Citroën, Lexus, Mazda, Suzuki und Toyota– sowie einen Fahrzeugimport mit Modellen von 14 Herstellern. Ergänzt wird das Angebot durch einen umfangreichen Occasionshandel, moderne Werkstatt- und Karosseriedienstleistungen, eine firmeneigene Tankstelle mit Shop und Café, Fahrzeugvermietung sowie ein Auto-Abo-Modell. Auch im Bereich Elektromobilität baut das Unternehmen das Angebot an Elektrofahrzeugen und Ladeinfrastruktur kontinuierlich aus.
Ein weiteres Standbein ist das 2019 eröffnete «Clever Stay Hotel», das nicht nur rund 50 Zimmer, sondern auch fünf Automobil-Themenzimmer bietet. Und mit «West One» steht ein weiteres Projekt vor der Vollendung: Das noch 2025 bezugsbereite Geschäftsgebäude bietet Unternehmen einen idealen Standort. Bereits heute überzeugt es mit einem vielseitigen Mietermix: ein gehobenes Hotel, ein Ausstellungshaus für Luxusautos, ein Restaurant mit Dachterrasse sowie eine Tankstelle direkt vor Ort. Noch sind Flächen frei.
Text: Patrick Stämpfli
Bild: Marlies Beeler-Thurnheer