AGV-Lohntalk 2022 - die Herausforderungen gut gemeistert

Einmal im Jahr trifft sich die Elite der Rheintaler Wirtschaftstreiben zum AGV-Lohntalk im Metropol in Widnau. Um zu erfahren, wo die Richtung bei den Löhnen in den einzelnen Branchen hingeht. Und gleich zu Beginn konnte AGV-Präsident Klaus Brammertz der Rheintaler Wirtschaft ein Röslein binden: «Unsere 235 Unternehmen mit etwa 20´000 Arbeitnehmern haben sich im schweizweiten Vergleich wacker geschlagen.»
Es geht uns gut
Denn trotz der vielen Krisen, die das Jahr 2022 mit sich gebracht hat, gehe es uns gut. Fachkräftemangel, Frankenstärke, Pandemie, Klimakrise und Inflation. Die Umgebung, in der sich die Wirtschaft bewegt, sei eine völlig andere als noch 2019. «Wir haben ein anspruchsvolles Umfeld, das wir gut meistern und machen so einiges sensationell gut!»
Als erster Vortragender referierte der Chefökonom der IHG St.Gallen-Appenzell Alessandro Sgro über die Einschätzungen der Wirtschaftslage, die er mit einer Umfrage bei den Unternehmen erhoben hatte. Und Überraschung: die Rheintaler Unternehmen schätzen die aktuelle Geschäftslage in der Mehrheit als gut oder sogar sehr gut ein.
Die Ostschweiz ist optimistisch
Während also die Konjunkturaussichten in der Schweiz weiter schlecht bleiben, zeigt sich die Ostschweiz optimistisch. Man habe weniger Dynamik im Auslandsgeschäft befürchtet, die aber gleichgeblieben sei. Die beiden Probleme, die den Unternehmern am meisten Sorgen machen, sind der akute Fachkräftemangel sowie die Inflation. Es wird generell eine Lohnerhöhung um 3.1 Prozent erwartet.
Zu den Lohn-, Anstellungs- und Branchenperspektiven sprach zuerst Martina Keel von der ESCATEC Switzerland AG über die Erwartungen der Industrie. Es würden in ihrer Branche gute und gleichbleibende Geschäfte und Ertragslagen erwartet. Nur 21.35 Prozent der Unternehmer sehen künftig eine schlechtere Lage. Die Kapazitäten seien gut ausgelastet. Es mangelt aber an Material und an Fachkräften.
Es sei in der Industrie mit einer Erhöhung der Löhne zwischen zwei und drei Prozent zu rechnen. Ihr Unternehmen hätte mit einem Plus von drei Prozent budgetiert.
Mehrere Herausforderungen gleichzeitig
Mike Düsel von der Alpha-Rheintal-Bank referierte über die Entwicklung in der Bankenbranche und bei den Dienstleistungen allgemein. Die Banken würden sich derzeit mehreren Herausforderungen gegenübersehen. In Stichworten: Blockchain, Fintech, Digitalisierung, Fachkräftemangel, hohe Immobilienpreise, signifikant steigende Kreditausfälle. Auch er sieht eine Erhöhung der Löhne zwischen 2 und 3.5 Prozent auf die Dienstleister zukommen.
Noch keine wirkliche Einschätzung der Lohnentwicklung im öffentlichen Dienst konnte Irene Schocher, Gemeindepräsidentin von Rüthi vornehmen. «Die Gemeinden orientieren sich dabei an den Vorgaben des Kantons und dieser wird die Zahlen erst Ende Monat bekanntgeben.» Allerdings habe der Bund bereits von einem Teuerungsausgleich von 1.7 Prozent und individuellen Massnahmen von 0.4 Prozent gesprochen.
Durch Gesamtarbeitsvertrag reguliert
Als letzter der Branchenvertreter kam Jürg Dietsche von der Dietsche Strassenbau AG für die Bau- und Immobilienbranche zu Wort. Diese Branche ist ja durch einen Gesamtarbeitsvertrag streng reguliert. «Die Gewerkschaft UNIA fordert eine Lohnerhöhung um 3.5 plus einer Reallohnsteigerung von einem Prozent und einer einmaligen Zahlung von 260 Franken pro Arbeitnehmer. Die Verhandlungspartner von der Unternehmerseite bieten maximal eine Erhöhung um 3.0 Prozent an.»
Zur Auflockerung der Veranstaltung hatte der AGV Rheintal den ehemaligen Weltklasse Skirennfahrer Marco Büchel eingeladen, der auf humorige Art und Weise aus seinem Leben als früher hauptberuflicher Spitzensportler und jetziger Fernsehmoderator beim ZDF erzählte und anschliessend auch bereitwillig die Fragen aus dem Publikum beantwortete.
Spitzenverdiener und Armenhäusler
Sein Resümee aus seiner Karriere: als Skifahrer wirst Du nicht mehr reich. Die Schere zwischen Spitzenverdienern und Armenhäuslern sei auch im Skisport krass auseinandergegangen. «Wenn Du von diesem Sport gut leben willst, musst Du innerhalb der ersten Fünf der Weltcupwertung sein.»
Beim anschliessenden Apéro riche konnten die über hundert Teilnehmer der Veranstaltung sich noch ausgiebig über die Lohnentwicklung und den Skirennsport unterhalten.