Das Detail, das Fenster besser macht

Matthias Bach, Swisspacer steht für die «Warme Kante». Weshalb trägt gerade dieses kleine Bauteil so wesentlich zur Gesamtleistung eines Fensters bei?
Der Abstandhalter wirkt auf den ersten Blick unscheinbar, ist aber ein wichtiger Faktor für die Gesamtleistung. Er liegt genau am Übergang zwischen Innen- und Aussenklima und beeinflusst, wie viel Wärme nach draussen verloren geht. Moderne «Warme Kante»-Lösungen wie Swisspacer reduzieren diese Wärmebrücke deutlich. Das verbessert die Energiebilanz, senkt Heiz- und Kühlkosten und sorgt für ein angenehmeres Raumklima. Natürlich ist der Abstandhalter nur ein Baustein im Gesamtfenster, aber ein entscheidender: Denn der Glasrand trägt wesentlich dazu bei, ob ein Fenster sein Potenzial bezüglich Energieeffizienz und Komfort ausschöpfen kann.
Weshalb ist denn der Glasrand so entscheidend?
Der Glasrand ist oft die unsichtbare Schwachstelle eines Fensters. Aluminium wird dort noch häufig eingesetzt, leitet Wärme jedoch stark und verursacht spürbare Energieverluste. Mit Swisspacer lässt sich das vermeiden: Eine Studie des Passivhaus Instituts in Darmstadt zeigt, dass bis zu acht Prozent Energieeinsparungen durch den Einsatz von Swisspacer erzielt werden können. Für Bewohner bedeutet das geringere Heizkosten und ein besseres Raumklima, für die Branche die Möglichkeit, gesetzliche Energieeffizienzstandards einzuhalten und die Anforderungen von Nachhaltigkeitszertifizierungen für Gebäude zu erfüllen.
Und wer setzt Swisspacer-Produkte ein?
Unsere Kunden sind Isolierglashersteller, Fensterproduzenten und Fassadenbauer. Swisspacer kommt in Wohnbauten ebenso zum Einsatz wie in komplexen Gebäudehüllen. Besonders stark sind wir in Europa mit traditionell hohen Effizienzanforderungen. In Nordamerika und Asien nimmt die Dynamik zu – getrieben von strengeren Standards, steigenden Energiekosten und einem wachsenden Nachhaltigkeitsbewusstsein, gerade bei Grossprojekten. Doch letztlich hat auch der Endverbraucher Einfluss: Wer in energieeffiziente Fenster investiert, setzt damit häufig auf Lösungen wie Swisspacer.
«Wir wachsen in Europa, beschleunigen in Nordamerika und skalieren in Asien.»
Sie verlegen Ihren internationalen Hauptsitz von Kreuzlingen nach Lengwil. Weshalb?
Wir wollten im Thurgau bleiben. Lengwil steht für Schweizer Präzision, Verlässlichkeit und eine Wertehaltung, die zu uns passt. Die Steuerung liegt bewusst in der Ostschweiz. Produziert wird in Lengwil und in Gliwice (Polen) – modern, hochautomatisiert, mit 100 Prozent grünem Strom – und ab Ende des Jahres zusätzlich in Chennai (Indien). Damit verbinden wir Schweizer Engineering mit effizienter Fertigung in der EU sowie Kundennähe in Asien. Das stärkt Resilienz, Lieferfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit.
Welche Funktionen bündeln Sie am neuen Hauptsitz?
Neben Produktion und Generalmanagement bündeln wir in Lengwil die Kompetenzen in Marketing, Produktmanagement und Produktentwicklung. Ein weicher, aber entscheidender Faktor ist der «Spirit»: Teamgefühl, Motivation, Identifikation mit dem Standort. Wir messen die Zufriedenheit unserer Mitarbeiter jährlich konzernweit und stehen im laufenden Dialog. Daraus leiten wir konkrete Massnahmen ab – von Massagen am Arbeitsplatz bis zu einem 3:2-Modell aus Präsenz und mobilem Arbeiten. Erfolg bedeutet für uns: zufriedene Teams, reibungslose Prozesse, kurze Wege und zeitgleich spürbare Kundenvorteile.
Was kann Lengwil, was der alte Standort nicht konnte?
Wir verfügen über moderne Kollaborationsflächen und deutlich mehr Raum für Qualitätslabore. Perspektivisch können zusätzliche R&D-Flächen in der Schweiz angesiedelt werden, die heute noch am internationalen Forschungszentrum in Herzogenrath (Deutschland) liegen. In der Fertigung setzen wir auf smarte Logistik: automatisiertes Packen der Abstandshalter, Paternoster-Regalanlagen für ergonomische, raumeffiziente Werkzeuglagerung sowie eine vollständig digitale Erfassung von Produktionsparametern wie Geschwindigkeit, Ausbringung und Gesamtanlageneffektivität. Künftig halten wir Fertigmaterialien in Silos vor; das senkt den Staplerverkehr und erhöht den Automatisierungsgrad. Der Standort ist übrigens ausbaubar: Spätestens 2027 planen wir eine zusätzliche Produktionslinie im Zuge der Einführung neuer Produkte.
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«Spätestens 2027 planen wir eine zusätzliche Produktionslinie.»
Wie prägt der Standortentscheid Ihre Talentstrategie im Thurgau?
Der Entscheid ist ein klares Bekenntnis zur Region. Wir bauen Kompetenzen in Forschung und Entwicklung sowie in der Extrusionstechnologie aus – mit einem gesunden Mix aus jungen Talenten und erfahrenen Profis. Für Bewerber sendet das ein eindeutiges Signal: Swisspacer investiert hier langfristig und bietet Entwicklung in einem internationalen Umfeld mit Schweizer Qualitätsverständnis.
Digitale Services wie «Caluwin» begleiten Planung und Verarbeitung. Welche Rolle spielen solche Tools in Ihrer Go-to-Market-Strategie?
Digitale Services sind ein fester Bestandteil unserer Marktstrategie. Mit Caluwin bieten wir ein Tool zur Simulation und Berechnung von Fenster- und Glaskombinationen. Überdies sind unsere Swisspacer-Produkte inzwischen als Auswahlmöglichkeit im Calumen-Glaskalkulator von Saint-Gobain verfügbar – so können Architekten, Planer und Fassadenbauer ihre Konstruktionen direkt mit Swisspacer berechnen und vergleichen. Entscheidend ist für uns, dass diese digitalen Angebote echten Mehrwert schaffen. Deshalb entwickeln wir sie in engem Austausch mit unseren Kunden weiter: in Workshops, Pilotprojekten und durch kontinuierliches Feedback, das direkt in Updates und Neuentwicklungen einfliesst.
Sie sind Teil der französischen Saint-Gobain-Gruppe. Wie nutzen Sie das Netzwerk, ohne die Schweizer Positionierung zu verwässern?
Das Netzwerk eröffnet uns Zugänge zu Märkten, Forschung, Vertrieb und digitalen Tools; es verstärkt unsere Innovationskraft. Gleichzeitig bleibt das Herz in Lengwil: Schweizer Qualitätsverständnis, Präzision, Verlässlichkeit. Wachstum sehen wir weiterhin in Europa, in Nordamerika über verschärfte Energy Codes und Förderprogramme sowie in Asien – insbesondere China, Südkorea, Japan und Indien – durch Urbanisierung, neue Standards und steigende Effizienzanforderungen. Die Kombination aus regionaler Verankerung und internationaler Wirkung ist unser Markenzeichen.
Zum Schluss: Wo setzen Sie die nächsten Innovationshebel – Material, Verarbeitung, Ökobilanz oder Partnerschaften?
Alle genannten Bereiche sind für uns relevant. In Materialrezepturen zur Reduktion von CO₂-Emissionen und «embodied carbon». In automatisierten Verarbeitungslösungen und Maschinenkonzepten für unsere Kunden. In Recycling, in grüner Energie und in der kontinuierlichen Verbesserung unserer Umweltproduktdeklarationen. Und sehr bewusst in Systempartnerschaften mit Glas-, Fenster- und Fassadenherstellern, orchestriert durch unser Key-Account-Management. Innovation ist für uns kein einmaliger Schritt, sondern ein kontinuierlicher Prozess, der immer am Kundennutzen und an der Nachhaltigkeit ausgerichtet ist.
Text: Stephan Ziegler
Bild: Marlies Beeler-Thurnheer