«Arbeiten, wo andere Ferien machen»

Digitalisierung und Individualisierung sind Schlagwörter der Stunde. In den aktuell wirtschaftlichschwierigen Zeiten sind flexible Strukturen, Kooperationen sowie eine hohe Beratungsqualität gefragter denn je. Genau auf diese erfolgsversprechenden Kriterien hat die Prodartis AG aus Appenzell ihr Geschäftsmodell ausgerichtet. Das Unternehmen, das 2013 gegründet wurde, entschied sich nach eingehender Nutzwertanalyse für den Standort Appenzell.
Belüftung für Bertrand Piccard
«Nebst der hohen Teilequalität legen wir grössten Wert auf die persönliche, geradlinige, ehrliche und verlässliche Beratung. Das sind auch jene Tugenden, nach denen man in Appenzell nicht lange suchen muss», sagt Geschäftsführer Ralf Schindel. «Dazu kommt, dass die Work-Life-Balance auch stimmen soll – und dies ist hier definitiv der Fall. Wir arbeiten dort, wo andere Ferien machen.» Die Prodartis AG gehört zu den führenden Unternehmen im Bereich der sogenannten «additiven Fertigung von Bauteilen». Oder vereinfacht gesagt: im industriellen 3D-Druck. Prodartis fertigt vor allem Kunststoffteile in Klein- und mittelgrossen Serien. «Kunststoff deshalb, weil wir damit von einer viel höheren Produktivität ausgehen können als beispielsweise in der Metallteilefertigung», erklärt Ralf Schindel. Die Branchen, die in diesem Bereich das grösste Potenzial haben, sind der Maschinen- und Gerätebau, die Robotik und Automation sowie die Labor- und MedTech-Branche. «Immer wieder spannend sind Aufträge für den Leichtbau. So fertigten wir 2015/16 für Solar Impulse von Bertrand Piccard acht extrem leichte Belüftungssysteme mit nur gerade 0,6 Millimeter dünnen Wänden. Ebenfalls mit dünnen Wänden, aber in grösseren Stückzahlen von mehreren zehntausend Teilen fertigen wir sämtliche Gehörschutz-Kunststoffgehäuse für die Sonova Communications AG hier in Appenzell», so Schindel.
Genügend Rohstoffe, zu wenig Fachkräfte
Prodartis verarbeitet Spezialkunststoffe, die auf dem Weltmarkt nicht zur grossen Masse zählen. Aus diesem Grund haben weder die Corona-Pandemie noch der Ukraine-Krieg zu Lieferengpässen geführt. «Zumindest noch nicht», sagt Ralf Schindel. Und: «Wir sind zwar nicht von Lieferengpässen betroffen, wohl aber müssen auch wir mit Preiserhöhungen kämpfen.»
«Unsere Beratung ist persönlich, geradlinig, ehrlich und verlässlich.»
Wesentlich grösseres Kopfzerbrechen bereitet Ralf Schindel hingegen der Fachkräftemangel: «Es ist ein Spiessrutenlauf», so der Prodartis-Geschäftsführer. «Es ist zu wenig bekannt, dass Appenzell auch eine spannende und schlagkräftige Industrie beherbergt wie zum Beispiel Firmen aus der Elektro-, MEM- und MedTech-Branche», beklagt er. Positiv wäre hingegen, dass der industrielle 3D-Druck eine sehr flexibel einsetzbare und deshalb attraktive Technologie sei, die im Trend liege.
Leicht und umweltschonend
Attraktiv macht den 3D-Druck auch, dass er sowohl die Umwelt als auch die Brieftasche der Kunden schont. Dies, weil damit komplexe Formen in einem Prozess gebaut werden können. Ursprünglich aus mehreren Teilen gefertigte Baugruppen werden umkonstruiert und alle Funktionen in einem Bauteil vereint. Weil bei dieser sogenannten Stücklistenreduktion die gesamte Montage der Einzelteile wegfällt, ist sie äusserst ressouceneffizient. Im Einsatz helfen additiv gefertigten Leichtbauteile ebenfalls, Ressourcen und Energie einzusparen. Und auch bei den Lieferzeiten punktet die additive Fertigung: Während es bei der konventionellen Fertigung mehrere Wochen oder Monate dauern kann, sind es bei der additiven Fertigung lediglich ein paar Tage. «Dazu kommt die beinahe grenzenlose Design-Freiheit: Mit der Möglichkeit, komplexeste Geometrien fertigen zu können, werden sehr leichte Strukturen herstellbar», sagt Ralf Schindel.
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Neues Material und neues Domizil
Erst kürzlich hat Prodartis ein nachhaltiges, ressourcenschonendes Material auf den Markt gebracht, das aus einem zu 100 Prozent aus Samen der Rizinuspflanze gewonnenen Kohlestoff hergestellt wird und gemäss Schindel sehr gute Materialeigenschaften hat. Kurz vor der Markteinführung ist ein Polyamid (thermoplastischer Kunststoff) mit einer sehr hohen antibakteriellen Wirkung. «Und ein für uns sehr wichtiger Schritt ist der Umzug Ende Jahr in ein für unsere Bedürfnisse perfektes Gebäude der Alba Group in Appenzell. Das ermöglicht es uns, unsere Wachstumsstrategie fortzusetzen», erklärt Schindel abschliessend.