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Das Appenzellerland im Aufbruch

Das Appenzellerland im Aufbruch
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In Inner- und Ausserrhoden wird kräftig in die Zukunft investiert: Vom Verwaltungszentrum bis zum Bahnhofsumbau, von touristischen Leuchttürmen bis zu nachhaltiger Mobilität – im Appenzellerland ist einiges in Bewegung. Zahlreiche Bau- und Infrastrukturprojekte prägen das aktuelle Bild der beiden Halbkantone.

Die Palette reicht von der Sanierung bestehender Verkehrswege über neue Verwaltungsgebäude bis zu Hotelkomplexen, Seilbahnerneuerungen und multimodalen Bahnhöfen. Gemeinsam ist allen Projekten das Ziel, die Region als Wohn-, Arbeits- und Tourismusstandort zu stärken.

Appenzell Innerrhoden: Zwischen Alpstein und Verwaltungszentrum

Appenzell Innerrhoden setzt derzeit auf gezielte Investitionen in Infrastruktur, Tourismus und Verwaltung. Die Sanierung der Ufermauer entlang der Sitter dient dem langfristigen Hochwasserschutz. In Brülisau wird die Horstbachbrücke – eine zentrale Verkehrsverbindung – umfassend instand gesetzt. Die Modernisierung der Walzenhauserstrasse in Oberegg sorgt dafür, dass die Strasse heutigen Verkehrsanforderungen besser gerecht wird.

Ein weiterer Beitrag zur Verkehrssicherheit ist die geplante erste Etappe des neuen Geh- und Radwegs entlang der Haslenstrasse. Nach abgeschlossener Einsprachefrist liegt die Baubewilligung vor, der Grundstückserwerb wird derzeit vorbereitet. Die Kosten belaufen sich auf rund 12,35 Millionen Franken – inklusive der Sanierung der Kantonsstrasse.

Innovative Ansätze im Bereich nachhaltiger Mobilität zeigt der Versuchsbetrieb eines Velo-Parkplatzes im Gebiet «Gatter» in Wasserauen. Ziel ist es, mehr Besucher für den Umstieg vom Auto aufs Velo zu gewinnen – zur Entlastung der Verkehrssituation im Talboden.

Für die Sanierung der Eichbergstrasse wurde an der Landsgemeinde ein Kredit von 14,55 Millionen Franken gesprochen. Nach ersten Verhandlungen mit den betroffenen Grundeigentümern folgen nun vertiefte Projektierungsarbeiten.

Mit dem «Appenzeller Huus» in Gonten entsteht eine der grössten Hotel- und Appartementanlagen der Schweiz. Bereits 2025 soll der Komplex mit Hotel, Eigentumswohnungen und Wellnessbereich bezugsbereit sein. In Appenzell wurde Mitte März die neue Alpenbitter-Halle fertiggestellt – ein Holzbau mit ortstypischer Schindelfassade. Und mit dem neuen Verwaltungsgebäude am Landsgemeindeplatz sollen ab 2028 alle Behörden unter einem Dach vereint werden. Derzeit ist der weitere Verlauf des Verwaltungsprojekts noch offen: Drei von vier Einsprachen wurden gutgeheissen, das Departement hat Rekurs eingelegt. Bis zum Entscheid ruht die Planung.

 

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Auch die Sanierung und Erweiterung des Bürgerheims in Appenzell kommt voran: Das Vorprojekt wurde genehmigt, das Siegerprojekt «Bruder Sonne Schwester Mond» wird mit einem Budget von 38 Millionen Franken umgesetzt. Bis Herbst 2025 soll das Bauprojekt stehen.

Nach 60 Jahren Betrieb steht bei der traditionsreichen Seilbahn auf den Hohen Kasten eine grundlegende Erneuerung an. Seile, Stützen und Fundamente sind sanierungsbedürftig. Eine umfassende Sanierung würde rund 9 Millionen Franken kosten, während ein Neubau mit höheren Investitionen verbunden wäre, jedoch langfristig geringere Unterhaltskosten verursachen dürfte. Derzeit geben die Verantwortlichen keine Auskunft, da sich das Projekt in einer sensiblen Phase der Entscheidungsfindung befindet.

Ein weiteres Vorhaben ist der geplante Kreisel Schmittenbach. Die Einsprachen zum Wasserbauprojekt wurden bereinigt, jedoch ist die Verschiebung der Freileitungsmasten noch nicht rechtskräftig. Solange das Rechtsmittelverfahren beim Bund läuft, können die Arbeiten nicht weitergeführt werden. Beim Thema Verkehrssicherheit hat ein spezialisiertes Ingenieurbüro rund drei Kilometer Leitschranken analysiert. Die Ergebnisse zeigen teils gravierende Mängel – nun werden die Sanierungsmassnahmen priorisiert und gezielt umgesetzt.

Im Energiebereich sorgt die geplante Windenergieanlage Honegg für Diskussionen: Während der öffentlichen Auflage gingen 19 Einsprachen ein. Der kantonale Nutzungsplan kann erst nach einem rechtskräftigen Entscheid durch die Standeskommission und Genehmigung durch den Grossen Rat verabschiedet werden.

Appenzell Ausserrhoden: Sicherheitszentrum, Bahn und Tourismus

Appenzell Ausserrhoden arbeitet an zahlreichen Projekten, die sowohl die Infrastruktur als auch den Tourismus betreffen. Für 2025 sind verschiedene Strassen- und Bushaltestellenprojekte geplant, weitere sollen im Jahr darauf folgen. Ein zentrales Vorhaben ist der Neubau des Strassenverkehrs- und Sicherheitszentrums in Gmünden. Die Investitionssumme beträgt 49,5 Millionen Franken. Das neue Zentrum wird neben dem Strassenverkehrsamt und der Regionalpolizei auch Einrichtungen zur Verkehrssicherheit vereinen und die Abläufe deutlich effizienter machen.

Am Bahnhof Herisau entsteht bis 2028 ein modernes Areal mit Umsteigepunkt sowie Verwaltungs- und Betriebsgebäuden der Appenzeller Bahnen und der Regiobus AG – mit einem Investitionsvolumen von rund 58 Millionen Franken. Der neue Produktionsstandort der Hänseler AG soll im Herbst 2025 bezugsbereit sein.

Auch touristisch wird investiert: Das Hotel Krone in Urnäsch wird seit Herbst 2024 durch einen Neubau ergänzt. In Zusammenarbeit mit der Reka entstehen sieben neue Ferienwohnungen.

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Säntis-Schwebebahn: Neubau für 22 Millionen Franken

Ein weiteres Grossprojekt ist die Erneuerung der Säntis-Schwebebahn. Die Anlage aus den 1970er-Jahren wird durch eine neue Bahn ersetzt, die bis Ende 2026 in Betrieb gehen soll. «Das Lawinenereignis von 2019 hat die untere Stütze stark beschädigt», erklärt Geschäftsführer Jakob Gülünay. «Die geforderten Schutzmassnahmen wären aufgrund des Landschaftsschutzes kaum umsetzbar gewesen. Deshalb haben wir uns für eine langfristige Lösung entschieden.»

Ein zentrales Element ist der Verzicht auf die erste Stütze, die durch eine höhere zweite ersetzt wird. «Dadurch entfällt der massive Lawinenschutz, die Landschaft wird aufgewertet, und alte Fundamente können zurückgebaut und renaturiert werden.» Die neuen Kabinen erhalten grosse Panoramafenster, bleiben aber weiterhin für 85 Personen ausgelegt – was mehr Komfort und Platz pro Fahrgast bedeutet.

«Die grössere Seilspannung und die erhöhte Pendelfreiheit der Kabinen erhöhen die Windstabilität», so Gülünay weiter. Auch das neue redundante Antriebssystem erhöhe die Verfügbarkeit der Bahn und bringe zusätzliche Sicherheit.

Während der Hauptbauphase ab Mai 2026 wird der Betrieb für rund sechs Monate eingestellt. «Die wichtigste Massnahme ist unsere Personalverleih-Lizenz. Bereits jetzt besteht Interesse von Partnerbetrieben, was gute Perspektiven für unsere Mitarbeiter schafft», sagt Gülünay. Parallel dazu werde das Angebot auf der Schwägalp ausgebaut. «Ein Höhepunkt in dieser Phase wird sicher das Wanderfestival 2026 sein.»

Bahntunnel Teufen: Ein Projekt mit Gesprächsbedarf

In Teufen wird über den Bau eines einspurigen Bahntunnels zwischen Bahnhof und Stofel diskutiert. Ziel ist eine Entlastung der Ortsdurchfahrt. Die «IG Tüüfner Engpass» setzt sich für eine bezahlbare Umsetzung ein. Während Befürworter die Verkehrswirkung betonen, sehen Kritiker eine hohe finanzielle Belastung. Eine Machbarkeitsstudie bestätigt die technische Umsetzbarkeit.

Das Appenzellerland zeigt sich engagiert und zukunftsorientiert: Zahlreiche Projekte werden konkret umgesetzt und stärken die Position der beiden Halbkantone als attraktive Lebens-, Arbeits- und Tourismusregion. Die Bandbreite reicht von funktionaler Infrastruktur über neue Verwaltungsgebäude bis zu zukunftsgerichteten Mobilitätslösungen und hochwertigen Hotelprojekten. Was alle Vorhaben eint: Sie schaffen Voraussetzungen für eine hohe Lebensqualität und machen die Region fit für kommende Herausforderungen.

Text: Patrick Stämpfli

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