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Hightech aus Herisau

Hightech aus Herisau
Christian Allenbach
Lesezeit: 5 Minuten

Die VC999 Verpackungssysteme AG aus Herisau ist ein weltweit führender Hersteller von Vakuumverpackungsmaschinen. Seit 1971 ist das Familienunternehmen im Markt aktiv und beschäftigt heute rund 250 Mitarbeiter, davon 70 in der Schweiz. CEO Christian Allenbach kennt die Stärken seines Unternehmens genau.

Ein Rätsel sei gleich zu Beginn aufgelöst: VC999 steht für «Vacuum Capacity 99,9 %» und verweist auf den maximal erreichbaren Vakuumwert. Aus Herisau und North Kansas City vertreibt VC999 ihre Produkte in Heimmärkten und weltweit. «An beiden Standorten entwickeln, konstruieren und montieren wir unsere Anlagen. Unsere Kunden schätzen die hochwertige Ausführung, die Einfachheit und Zuverlässigkeit der Anlagen und dass sie leicht zu reinigen sind», fasst Christian Allenbach die Vorteile «seiner» Produkte zusammen.

Eine weitere Stärke von VC999 liegt in der Nähe zum Schweizer Heimmarkt. «Hier sind wir mit Regionalverkäufern und Servicetechnikern sehr nah bei unseren Kunden», sagt der CEO. «Europa- und weltweit arbeiten wir mit langjährigen Handelspartnern zusammen. Sie kennen ihre Region und Märkte am besten.»

Vom Einzelgerät bis zur Fertigungslinie

Das Kundenspektrum von VC999 ist breit. «Für Grossbetriebe bieten wir komplette Fertigungslinien für die Verpackung mit Anbindung an die interne Logistik an», erklärt Allenbach. «Kleinere Linien für gewerbliche Anwender passen wir oft an die räumlichen Möglichkeiten bei den Kunden an, während unsere Einzelgeräte im Bereich Küche und Verkaufstresen direkt aufgestellt und betrieben werden können.» Dabei gebe es typische Anforderungen: Die Einfachheit der Bedienung und das leichte Reinigen der Anlagen sind nebst einem störungsfreien Betrieb die wichtigsten Kundenanforderungen.

Ein spannender Trend sei die Zunahme von Selbstbedienungslösungen, beobachtet Christian Allenbach. «Wir sehen insbesondere in Europa aufgrund der demografischen Entwicklung eine Zunahme von Verkaufslokalen wie Metzgereien oder Käsefachgeschäften, die nicht mehr durchgehend mit Personal besetzt sind. Selbstbedienung und Self-Scanning werden also weiter zunehmen.» Auch nach Feierabend oder am Wochenende kann so ein Einkauf erfolgen. «Wir durften bereits Konzepte begleiten, wo man etwa alles für einen geselligen Fondue- oder Raclette-Abend kaufen kann.» Die VC999-Anlagen bieten auch kleineren Unternehmen die Chance zum «personallosen» Verkauf.

 

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«Potenziale ergeben sich dort, wo Menschen sich vakuumverpackte Lebensmittel leisten können.»

Neben dem hiesigen Detailhandel ist VC999 auch international aktiv. «Wir intensivieren unser internationales Engagement und sind an den wichtigen Handelsmessen präsent», erklärt Allenbach. Zudem bedient das Unternehmen auch die Medizintechnik. «Unsere Division Medical bietet Verpackungslösungen in diesem Segment an. Wir stellen einen validierten Prozess für Sterilverpackungslösungen gemäss MDR inklusive Maschine, Prozessdatenerfassung, Verpackungsmaterialien und unter Einhaltung der ISO 13485 schlüsselfertig bereit.»

Gerade in der Medizintechnik sieht Allenbach Chancen: «Mit der neuen MDR der EU wurde die Verpackung deutlich aufgewertet, sie wurde zu einem kritischen Bestandteil des Medizinprodukts.» Allerdings seien die Zertifizierungshürden nicht zu unterschätzen: In den vergangenen Jahren war deutlich spürbar, wie die zunehmenden regulatorischen Anforderungen zulasten der Dynamik in der Branche gingen. «Wir sind aber überzeugt, dass unsere schlüsselfertigen Lösungen bei Medtech-Herstellern sowie -Verpackern eine Lücke schliessen.»

Mit Appenzeller Wurzeln in die Welt

Dass VC999 trotz globaler Präsenz ein Appenzeller Familienunternehmen geblieben ist, betrachtet Allenbach als strategischen Vorteil. «Die Unternehmerfamilie Inauen hat mit Geschick und Herzblut das Unternehmen aufgebaut. Schon früh – Mitte der 1980er-Jahre – erfolgte die Expansion in andere Länder, insbesondere in die USA, wo unsere Schwester VC999 Packaging Systems Inc. äusserst erfolgreich mit knapp 200 Mitarbeitern Tiefziehmaschinen für unterschiedlichste Betriebsgrössen entwickelt und fertigt.»

Beide Unternehmen der Inauen Group eint ein Anspruch: «Nebst der Kundenberatung kommen Entwicklung, Konstruktion, Fertigung, Service und Unterhalt der Anlagen aus einer Hand. Kurze Wege, schnelle Entscheide und eine rasche Anpassung an neue wirtschaftliche Rahmenbedingungen werden so möglich. Wir selbst halten uns durch den regen Austausch mit unseren Kunden über die Marktbedürfnisse und -entwicklungen auf dem Laufenden.» Ziel sei jeweils die optimale Lösung für die Bedürfnisse der Kunden, damit diese ihre Ziele erfolgreich umsetzen können. «Unsere Produkte sind nicht billig», sagt Christian Allenbach. «Wer unsere Produkte kauft, investiert aber in Qualität und Langlebigkeit. Sie bieten jahrelange Zuverlässigkeit und sind auf lange Sicht äusserst wertbeständig.»

 

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«Unsere Kunden wollen einfach bedienbare Anlagen.»

Starke Märkte sind also traditionell die USA und die Schweiz. «Weitere Potenziale ergeben sich überall dort, wo Menschen sich länger haltbare, vakuumverpackte Lebensmittel leisten können», so Allenbach. Auch die Entwicklungen in den Hygiene- und Verpackungsvorschriften sowie in der Gesetgebung zum Recycling von Verpackungen können sich günstig für die Appenzeller auswirken: Als Folge der demografischen Entwicklung bilden Grossküchen mit Mahlzeitendiensten und portionierten Speisen für Einzelpersonen, Heime und Kitas Beispiele für weitere Gelegenheiten für Vakuumverpackungen. Diese Chancen prüfe man laufend und entscheide, wo man sich mit Lösungen «Made in Herisau» einbringen will.

Auch innerhalb der Branchen erkennt Christian Allenbach Verschiebungen: «Die Veränderungen im Handel und bei den Verkaufsgeschäften haben an Dynamik gewonnen. Hier sehen wir Chancen für den Einsatz unserer Verpackungssysteme und anwendungsgerechte Anpassungen.» Besonders im Gastrobereich nehme die Nutzung von Vakuumiertechnologie zu. «Das Rüsten und Mise-en-place kann beispielsweise für grössere Mengen erfolgen. Die Zubereitung findet später nach Bedarf statt.» Und: Food Waste kann mit Vakuumieren gesenkt werden.

Fortschritt als zentrales Thema

Auch Nachhaltigkeit spielt bei VC999 eine wichtige Rolle. «Die Verpackungsmittelindustrie stellt heute interessante Lösungen zur Erhöhung der Recyclingfähigkeit und zur Nutzung von Produkten mit hohem Rezyklatanteil zur Verfügung, die wir mit geringen Anpassungen integrieren können», so der CEO. Die europäische Verpackungsrichtlinie werde dies weiter unterstützen. Allerdings stellt man in Herisau auch fest, dass (noch) nicht alle Kunden die Preisdifferenz zu nachhaltigeren Verpackungen zu tragen bereit sind. Technologischer Fortschritt bleibt ein zentrales Thema. «Unsere Kunden wollen, dass die Anlagen noch einfacher in der Bedienung werden, beispielsweise mittels Piktogrammen», sagt Allenbach. «Sie wünschen sich auch eine geringere Personalbindung beim Einbeuteln der Ware, Mehrmaschinenbedienung und Produktivitätssteigerungen.» Die Automatisierung hat zur Folge, dass die Komplexität der Anlagen steigt – und die erforderlichen Automatiker sind auf dem Arbeitsmarkt knapp, die Lohnerwartungen hoch. «Da überlegt sich manch einer die Automatisierung zur Einsparung von Personal im Verpackungsbereich sicher zweimal.»

Auch künstliche Intelligenz werde zunehmend integriert – mit verschiedenen Tempi: «Viele unserer Kunden sind im handwerklichen und gewerblich-industriellen Umfeld tätig. Hier wird KI bislang nicht so oft angesprochen.» Grossindustrielle Betriebe, beispielsweise bei Fleischzerlegung oder Fischverarbeitung, sähen hingegen in KI gekoppelt mit Bildverarbeitung und Automatisierung weitere Chancen zur Produktivitätssteigerung und zur Reduktion von Abfall. VC999 selbst nutzt neue Technologien im Alltag: «Wir nutzen KI-Abfragen, Übersetzungstools, Bots und mehr, wo es sinnvoll ist.»

Für die Zukunft hat Christian Allenbach eine Vision: «Wir sind uns bewusst, dass wir uns neben den grossen Playern am Markt unsere Nischen und Kunden laufend suchen und immer neu erarbeiten müssen. Dafür sind wir offen. Gleichzeitig werden wir sicherstellen, dass wir unseren Personalstamm auch laufend verjüngen, neue Ideen zulassen und das Schaffen von Wert für den Kunden im Fokus behalten.»

Text: Stephan Ziegler

Bild: Marlies Beeler-Thurnheer

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