Thurgau

Wirtschaft und Gewerbe sagen Nein zur 99-Prozent-Initiative

Wirtschaft und Gewerbe sagen Nein zur 99-Prozent-Initiative
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Das Ostschweizer Komitee «Nein zur 99-Prozent-Initiative», der Thurgauer Gewerbeverband und die IHK Thurgau eröffnen den Abstimmungskampf gegen die 99-Prozent-Initiative.

Am 12. August 2021, informierten die Thurgauer Co-Präsidiums-Mitglieder des Ostschweizer Komitees «NEIN zur 99-Prozent-Initiative» in Zusammenarbeit mit dem Thurgauer Gewerbeverband und der Industrie- und Handelskammer Thurgau über die 99-Prozent-Initiative der Jungsozialisten.

Keine neuen Steuern!
Am 26. September 2021 gelangt der Bundesbeschluss über die Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern» vom 19. März 2021, kurz 99-Prozent-Initiative, zur Abstimmung. Im Falle einer Annahme der Vorlage würden zum einen bisher steuerfreie resp. steuerreduzierte Kapitalgewinne besteuert. Zum anderen würden Kapitaleinkommen ab einem noch zu bestimmenden Schwellenbetrag nicht nur zu 100 Prozent, sondern zu 150 Prozent steuerbar. Seitens der Initianten wurde ein Schwellenbetrag von 100'000 Franken in die Waagschale geworfen. Der Bundesrat sowie National- und Ständerat empfehlen ein Nein zur 99-Prozent-Initiative.

Bisher werden private Grundstückgewinne nur kantonal und nicht auf Ebene Bund besteuert. Im Falle einer Annahme der Vorlage würde sich dies ändern. Zudem würden bei Überschreitung des von den Initianten angegebenen Schwellenbetrags in der Höhe von 100'000 Franken entsprechende Erlöse nicht mehr zu 100 Prozent, sondern zu 150 Prozent besteuert. Hansjörg Brunner, Präsident des Thurgauer Gewerbeverbands, illustrierte dies einleitend zur Medienorientierung an einem Beispiel: Im Falle eines privaten Grundstückgewinns in der Höhe von 200'000 Franken, müssten neu 250'000 Franken versteuert werden. «Es ist offensichtlich, dass hiervon das Gros der mittelständischen Eigenheimbesitzer betroffen wäre», so Brunner, weshalb ein Nein zur 99-Prozent-Initiative mehr als nur angezeigt sei.

Keine Zusatzbelastung für KMU!
Von einer Annahme der Vorlage wären aber nicht nur Hauseigentümer, sondern auch Unternehmer betroffen, insbesondere KMU in Familienbesitz. Ein Steuerabschlag auf Dividenden für Personen, die mindestens zu 10 Prozent an einer Firma beteiligt sind, wäre nicht mehr möglich. Im Ergebnis müssten sowohl der Gewinn als auch die Dividende zu 100 Prozent versteuert werden, im Falle einer Überschreitung des Schwellenbetrags Dividendenausschüttungen sogar zu 150 Prozent. «Wichtiges Kapital würde als Steuern an Bund, Kantone und Gemeinden abfliessen, statt reinvestiert zu werden», so Diana Gutjahr, Nationalrätin und Delegierte des Verwaltungsrats sowie Mitinhaberin der Ernst Fischer AG in Romanshorn. Entsprechend schadet die 99-Prozent-Initiative dem Wirtschaftswachstum und gefährdet indirekt auch Arbeitsplätze. Umverteilung findet statt!

Nationalrat Christian Lohr machte anschliessend auf die effekthascherischen Argumente der Initianten aufmerksam. Würden die Jungsozialisten doch einmal mehr versuchen, einen Graben durch die Gesellschaft zu ziehen, indem so getan werde, als ob die Schweiz in Bezug auf Einkommen und Vermögen immer ungerechter werde, was nicht den Tatsachen entspreche. So machte Lohr unter anderem auf folgenden Umstand aufmerksam: «Der mittlere, preisbereinigte Lohn ist in keinem OECD-Mitgliedsland höher. Zum anderen sind die Markteinkommen der Haushalte ausserordentlich gleichmässig verteilt. Gemäss Bundesamt für Statistik hat sich an der Gleichheit resp. Ungleichheit der Haushaltseinkommen seit 1998 praktisch nichts verändert. Kurzum: Die Schweiz zeichnet sich durch ein hohes Lohnniveau und eine ausgeglichene Lohnverteilung aus.»

 

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Gefährlichen Trend umkehren!
Markus Strupler, Nationalrat, wies weiter darauf hin, dass ein NEIN zur 99-Prozent-Initiative ein Gebot der Stunde sei, um eine Trendwende einzuleiten: «Eine Übereinkunft darüber, dass eine starke Wirtschaft inkl. der hierfür notwendigen Rahmenbedingungen für wirtschaftliche Stabilität und damit für die Sicherung von Arbeitsplätzen und unserem Wohlstand steht, ist leider vielfach nicht mehr vorhanden!». Die Ablehnung der Unternehmenssteuerreform III am 12. Februar 2017 sei hierfür gewissermassen der Auftakt gewesen, gefolgt von der notwendigen STAF-Abstimmung vom 19. Mai 2019, die nur dank Zugeständnissen gegenüber dem linken Lager gewonnen werden konnte. Das knappe Ja zum Freihandelsabkommen vom 7. März 2021 sei eine weitere negative Wegmarke dieser Entwicklung, die es mit einem Nein zur 99-Prozent-Initiative umzukehren gelte. Startups stärken statt schwächen!

Zum Schluss erläuterte Jérôme Müggler, Direktor Industrie- und Handelskammer Thurgau, wie schädlich eine Annahme der Juso-Vorlage für den Startup-Standort Schweiz wäre. Müssten Veräusserungsgewinne auf Firmenbeteiligungen im Privatvermögen doch plötzlich versteuert werden. Für Gründer würde es entsprechend zusehends unattraktiv, sich für unternehmerisches Risiko bei anfänglich geringem Lohn zu entscheiden. Sie wären wohl gezwungen, sich in Ländern ausserhalb der Schweiz niederzulassen. «Die Steuerinitiative der Juso gefährdet die bisherigen, positiven Rahmenbedingungen für Startups unnötig und verhindert, dass Innovation auch zukünftig in der Schweiz stattfinden wird», so Müggler.

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