«Unabhängige Instanz soll Vergabe überprüfen»
Text: pd/stz.
Stadler hat nach einer vertieften Analyse Rekurs gegen die Vergabe der SBB über 116 Doppelstock-Züge eingelegt. Das Unternehmen kommt zum Schluss, dass der Vergabeentscheid vom Bundesverwaltungsgericht als unabhängige Instanz überprüft werden soll. Damit soll die von vielen Seiten geforderte Transparenz gewährleistet werden.
Stadler hat einen bestehenden Doppelstockzug angeboten. Seit 2012 verkehren 153 KISS-Doppelstockzüge mit einer Verfügbarkeit von 99 Prozent auf dem SBB-Netz. Insgesamt wurden über 700 dieser Doppelstockzüge in 14 Länder verkauft. Die Preisdifferenz zum siegreichen Angebot beträgt lediglich 0.6 Prozent. Nach dem Vergabeentscheid der SBB vom 7. November 2025 analysierte Stadler die Bewertungsmatrix eingehend.
- Auch nach vertiefter Analyse der vorhandenen Unterlagen kann Stadler die Punktevergabe und den daraus resultierenden Vergabeentscheid nicht nachvollziehen.
- Das Angebot von Stadler, basierend auf dem im täglichen Einsatz bewährten KISS-Doppelstockzug, wurde gegenüber einem Zug, der lediglich auf dem Papier existiert, zu tief bewertet.
- Aus Sicht von Stadler ist nicht nachvollziehbar, wie sich das siegreiche Angebot in Kriterien wie Betriebskosten, Qualität, Instandhaltung, Nachhaltigkeit oder Serviceverträgen abheben konnte.
Stadler bewertet eine unabhängige Überprüfung der Vergabe deshalb als angebracht und hat am 27. November 2025 Rekurs beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht.
«Stadler will keinen Heimatschutz»
Peter Spuhler, Verwaltungsratspräsident von Stadler, erklärt: «Nach eingehender Prüfung des Vergabeentscheides können wir die Bewertung nach wie vor nicht nachvollziehen. Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, das im Vergabeverfahren vorgesehene Rechtsmittel des Rekurses beim Bundesverwaltungsgericht einzulegen. Das Bundesverwaltungsgericht als unabhängige richterliche Instanz soll den Vergabeentscheid auf seine Richtigkeit überprüfen.»
Die Stadler zur Verfügung gestellten Unterlagen haben zahlreiche offene Fragen nicht geklärt.
- In der Kategorie Nachhaltigkeit erhielt Stadler nur halb so viele Punkte wie der siegreiche Anbieter, obwohl das Unternehmen als einziger Anbieter den Zug vollständig in der Schweiz mit kurzen Transportwegen produzieren würde, etwa mit Aluminiumprofilen aus dem Wallis und weiteren Komponenten von Zulieferern aus der ganzen Schweiz.
- Für Stadler stellt sich zudem die Frage der Plausibilisierung: Welche Kriterien führten dazu, dass ein Zug, der erst auf dem Papier existiert, bessere Werte erhält als ein seit vielen Jahren bewährter KISS-Doppelstockzug mit belastbaren Daten?
Auch ein Debriefing-Gespräch mit der SBB brachte dazu keine ausreichende Klärung.
Stadler betont, keinen Heimatschutz zu wollen und ihn auch nie gefordert zu haben. Das Unternehmen setzt auf Qualität, Zuverlässigkeit und Termintreue. Es stellt sich seit jeher dem internationalen Wettbewerb und akzeptiert klare Resultate, auch wenn diese zu negativen Vergabeentscheiden führen. Nur in Ausnahmefällen greift Stadler zu rechtlichen Schritten.
Von den rund 17’000 Mitarbeiter arbeiten rund 6000 in der Schweiz und 3000 in Deutschland. Bei gewonnenen internationalen Ausschreibungen entscheidet Stadler situativ, wo die Aufträge abgewickelt werden – wenn möglich immer in Kundennähe. Der SBB-Auftrag wäre vollständig in den Werken in der Schweiz gefertigt worden.
Stadler produziert Züge für den Heimmarkt Schweiz mit rund 80 Prozent Wertschöpfung im Inland und mit über 200 lokalen Zulieferbetrieben, meist KMUs. Das Unternehmen bleibt dem Heimmarkt und der SBB stark verbunden.