Teledermatologie für Menschen in Not

Seit mehr als zwei Jahren unterstützt das Startup OnlineDoctor das Sozialwerk Pfarrer Sieber in Zürich. Nun ziehen die Partner und teilnehmende Hautärzte ein positives Zwischenfazit: Jeden zweiten Tag kommt das kostenlose Angebot für Teledermatologie zum Einsatz und vermittelt Menschen in prekären Situationen eine unbürokratische Diagnose samt Handlungsempfehlung vom Spezialisten. Gleichzeitig eröffnet das flexible Konzept Hautärzten die Möglichkeit, ihre Fachkenntnis auch über den eigenen Patientenstamm hinaus anzubieten und sich für den guten Zweck einzusetzen.
Schweizer Sozialwerk bekommt Unterstützung von OnlineDoctor
Auch in einem wohlhabenden Land wie der Schweiz lebt ein Teil der Bevölkerung an oder unterhalb der Armutsgrenze: Laut einer Erhebung des Bundesamts für Statistik betraf Einkommensarmut fast ein Zehntel der Bevölkerung. Für Betroffene ist es besonders schwer, die hohen Lebenshaltungskosten aufzubringen – so auch im Falle der Krankenversicherung. Zwar verspricht diese eine breite Versorgung, gehört im internationalen Vergleich jedoch zu den teuersten Angeboten und deckt dabei nicht alle Leistungen ab. Bestimmte hautärztliche Untersuchungen beispielsweise, müssen aus eigener Hand oder über eine private Zusatzversicherung gezahlt werden.
Soziale Einrichtungen bieten einen niedrigschwelligen Zugang zu gesundheitlichen Angeboten und sind damit eine wesentliche Stütze für die Versorgung von Menschen in prekären Lebensumständen. Das Sozialwerk Pfarrer Sieber betreut allein in Zürich jährlich bis zu 3.000 Hilfesuchende, darunter auch Minderjährige, Suchtkranke und Menschen ohne Obdach. Nicht selten leiden sie unter Hautproblemen, Wunden und Entzündungen für deren medizinische Versorgung die Mittel fehlen. Nach dem Motto «Geholfen wird dort, wo Hilfe am dringendsten benötigen wird», stellt das Health-Startup OnlineDoctor.ch seine teledermatologische Anwendung dem Schweizer Sozialwerk kostenlos und unbürokratisch zur Verfügung. Diese Kooperation besteht seit zwei Jahren, in denen die Anwendung schon mehr als 350 Mal zum Einsatz kam.
Schnelle und unbürokratische Hilfe rund um die Uhr
Das Sozialwerk Pfarrer Sieber und seine rund 190 Mitarbeiter bieten an verschiedenen Standorten in ganz Zürich teils rund um die Uhr niedrigschwellige Hilfsangebote für Menschen in Not. Dabei folgen die Einsatzzeitpunkte keinem klaren Zeitplan: «Für uns ist der Alltag häufig mit vielen unerwarteten Entwicklungen verbunden», erklärt Thomas Göing, Leiter Fachspital Sune-Egge. «Wir können leider nicht planen, wann und wie viele Patienten bei uns eintreffen. Umso wertvoller ist es für uns, mit OnlineDoctor ortsunabhängig Zugang zum Dermatologen zu haben.»
Die zeitversetzte telemedizinische Konsultation macht es dem Sozialwerk möglich, einen Facharzt bzw. eine Fachärztin unabhängig vom Standort und Praxiszeiten zu kontaktieren und senkt damit den Aufwand der Versorgung erheblich. Dazu baut es Berührungsängste ab, die häufig mit Haut- oder Geschlechtskrankheiten verbunden sind und die nicht selten zu einer verspäteten Behandlung führen.
Wunden und Ekzeme werden per Foto beurteilt
Zu den häufigsten Fällen im Arbeitsalltag der Helfer zählen Wunden, Infektionen und Ekzeme, die es zu versorgen gilt. Mithilfe von Fotoaufnahmen werden die Hautprobleme dokumentiert und anschliessend von einer Hautärztin oder einem Hautarzt beurteilt. Innerhalb von wenigen Stunden beurteilt der Experte das Hautproblem und sendet seine Diagnose und Handlungsempfehlung über OnlineDoctor an die Mitarbeiter des Sozialwerks.
Der Versichertenstatus der hilfesuchenden Personen spielt hier keine Rolle. Das Prozedere ist schnell und ermöglicht ein Mass an Flexibilität, von dem beiden Seiten profitieren.
Akutes Leiden lindern – so wie bei Kurt
Der Fall des Obdachlosen Kurt ist ein gutes Beispiel für die Bedeutung dermatologischer Unterstützung. Der 60-Jährige, der seit zwei Jahrzehnten nicht mehr beim Arzt war, hatte eine Wunde am Bein, die bereits stark entzündet war. Er hatte seit Monaten grosse Schmerzen und konnte kaum noch gehen. Als er beim Sozialwerk um Hilfe bittet, geht alles ganz schnell: Nach der Diagnose konnte die Therapie direkt eingeleitet werden.
Heute ist er beschwerdefrei und wird dauerhaft überwacht. «Ein Tool wie OnlineDoctor ist eine echte Bereicherung und Unterstützung für unser Sozialwerk. Wir könnten uns gar nicht mehr vorstellen, unsere Patienten ohne die Unterstützung von OnlineDoctor zu behandeln», so Dr. med. Dana Goebel, Leitung medizinischer Dienst.
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Moderne medizinische Lösungen fördern Teilhabe
Auch von den teilnehmenden Hautärzten kommt deutlich positives Feedback zu der Kooperation von OnlineDoctor mit dem Schweizer Sozialwerk. Da die telemedizinische Beratung Zeit und Anfahrtswege spart, können sie ihr Know-how neben dem Praxisalltag wesentlich einfacher für den guten Zweck einsetzen. «Der Wille zur Unterstützung ist überall spürbar», freut sich Dr. med. Paul Scheidegger, Dermatologe und Co-Founder des Teledermatologie-Startups. «OnlineDoctor zeigt, wie moderne Lösungen zum Wohl von Patienten und Hilfsbedürftigen eingesetzt werden können.»
Vor diesem Hintergrund, aber vor allem, um dem grossen Bedarf noch besser gerecht zu werden, will OnlineDoctor das Engagement in Zukunft weiter ausbauen: «Es gibt viel zu tun. Wir möchten unser Engagement daher auf weitere Institutionen in der DACH-Region ausweiten und so vielen Patienten in Not helfen, wie wir können», so Dr. Philipp Wustrow, Co-Founder von OnlineDoctor. Erste Projekte befinden sich in Deutschland und Österreich bereits in der Planung.