Mobil-flexibles Arbeiten: Fluch oder Segen für Unternehmen?

Viele Begrifflichkeiten meinen vielleicht Ähnliches – Homeoffice oder remote –, am besten liessen sich diese Arbeitsformen mit dem Begriff «mobil-flexibles Arbeiten» zusammenfassen, sagt Franziska Pertek, Rechtsanwältin in der St.Galler Advokatur schneider.thalhammer.bossart.widmer und Dozentin an der OST – Ostschweizer Fachhochschule.
Unter mobilem Arbeiten verstehe man Mitarbeiter, «die ganz oder teilweise regelmässig oder unregelmässig ihre Arbeitsleistung ortsunabhängig verrichten». Laut Pertek ist die Grundvorrausetzung für die Einführung von flexiblen und mobilen Arbeitsmodellen Vertrauen und Sinnhaftigkeit.
Freiheit mit Grenzen
Mobiles Arbeiten klingt so frei und hat dennoch seine Grenzen. Dies zeigt sich insbesondere bei der Gestaltung des Homeoffice im Ausland. So ist dies möglich, aber nur bis maximal 25 Prozent der Arbeitszeit aufgrund der Vorgaben der Sozialversicherung. Dies entspricht bei einer 100 Prozent-Tätigkeit maximal einem Tag pro Woche. Dies gilt auch für Grenzgänger im Allgemeinen.
Franziska Pertek bringt es auf den Punkt: «Unsere Gesetze sind noch nicht für das mobile Arbeiten angelegt.» Es gebe keine expliziten gesetzlichen Regelungen zum mobilen Arbeiten im Obligationenrecht oder im Arbeitsgesetz und deren Verordnung.
Interne Richtlinien sind notwendig
«Bestehende Arbeitsverträge müssen deshalb angepasst werden». Dies sei einerseits möglich durch eine «einseitige Änderungskündigung mit Erlassen einer internen Richtlinie», andererseits durch «gemeinsame Vertragsanpassungen», die ebenfalls mit internen Richtlinien ergänzt werden.
Tönt kompliziert – und ist es im Detail auch. So müssten verschiedene Aspekte berücksichtigt werden. Pertek empfiehlt, als Arbeitsort den «Hauptarbeitsort mit Möglichkeiten des ‹remote›-Arbeiten» im angepassten Vertrag zu definieren. Und in den internen Richtlinien müsse klar festgehalten werden, wie die Arbeitszeit erfasst werden muss (das Arbeitsgesetz schreibt Normarbeitszeiten zwischen 6 und 20 Uhr vor unter Einhaltung von Pausen und einer Ruhezeit ab 23 Uhr), wie der Gesundheitsschutz gewährleistet wird (Ergonomie, Lichtverhältnisse, Belüftung) und wie der Mitarbeiter mit vertraulichen Daten umgehen muss (VPN-Netz, Bildschirmschutz, Clean Desk Policy).
«Mitarbeiter sind mitverantwortlich für eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung und die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften, im Konfliktfall aber haftet der Arbeitgeber», so Pertek.
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Zentrales Element der zukünftigen Arbeitsgestaltung
Trotz der sperrigen Arbeitsrechtsklauseln bleibt die Gestaltung der mobil-flexiblen Arbeit ein zentrales Element der zukünftigen Arbeitsgestaltung.
Dies sieht auch Alexandra Cloots, Leiterin des Institut Gender & Diversity und des HR-Panels «New Work» so: «‹New Work› bedeutet frei, selbstbestimmt und sozialkompetent die eigene Arbeit sinnvoll im Sinne der Organisation zu gestalten. Da ist mobil-flexibles Arbeiten ein Arbeitsmodell. Aber es zeigt sich, dass die neue Arbeitskultur, die eine konsequente Umsetzung des ‹New Work›-Gedankens mit sich bringt, nicht immer gleich und leicht umzusetzen ist.» Homeoffice – eine Form des mobil-flexiblen Arbeitens – sei also nach wie vor im Trend.
Das HR-Panel «New Work» am Institut Gender & Diversity (IGD) der OST – Ostschweizer Fachhochschule ist ein Unternehmensnetzwerk, dass Forschung und Praxis mit Blick auf die zukünftige Arbeitsgestaltung zusammenbringt. Gemeinsam mit den Mitgliedern von ‹IT›rockt! führt das HR-Panel einen regelmässigen Erfahrungsaustausch durch – wie etwa zum Thema «Das Recht zum flexiblen und mobilen Arbeiten».
Der nächste Erfahrungsaustausch des HR-Panels «New Work» findet am 21. September 2022 zum Thema Vertrauen statt.