Thurgau

Menschen mögen, Firmen stärken

Menschen mögen, Firmen stärken
Pirmin Zubriggen
Lesezeit: 5 Minuten

Unternehmerischer Erfolg mit sozialen Werten strahlt besonders stark in die Wirtschaft und die Gesellschaft aus: Referierende aus verschiedenen Branchen beleuchteten am sechsten Forum christlicher Führungskräfte die Bedeutung sozialen Unternehmertums.

Am 2. September gaben sich am Forum christlicher Führungskräfte in der Parkarena Winterthur rund 400 Verantwortliche aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft ein Stelldichein. Am Vorabend trafen sich am Young Professionals PreForum rund 130 Nachwuchsführungskräfte.

Werte für Nachwelt erhalten

Zuerst stellte Moderatorin Ladina Spiess die Frage in den Raum, wie man soziale Unternehmenswerte in Stein meisseln könnte. Regina Aebi aus Niederwangen, Rechtsprofessorin an der Universität Luzern, referierte dazu über einen ihrer Forschungsschwerpunkte. Unternehmenspersönlichkeiten müssten sich grundsätzlich überlegen, welche Werte unbedingt der Nachwelt erhalten bleiben sollen.

Anhand konkreter Beispiele – zum Beispiel einer bekannten Luxusuhrenmarke – zeigte Aebi auf, wie man über eine Stiftung einen Unternehmenszweck und Werte über Generationen aufrechterhalten kann. Am wichtigsten sei ihr aber zu betonen: «Unternehmensnachfolge bedeutet auch Loslassen und setzt Vertrauen voraus.»

Erbrechtliche Instrumente seien ebenso eine Möglichkeit, Werte weiterzugeben – sie nannte die Reduktion von Pflichtteilen oder die Ehegattennutzniessung, die grössere Verfügungsfreiheit ermögliche. Als weitere erbrechtliche Instrumente nannte sie Testament, Erbvertrag und Erbvorbezug mit Auflagen oder Bedingungen – zum Beispiel im Hinblick auf Nachhaltigkeit, Anstellungsbedingungen oder Wertschätzung von Mitarbeitern.

Es könnten sogar Konventionalstrafen vorgesehen werden. Der Aktionariatsbindungsvertrag könne die Entscheidungsmacht regeln – bis hin zu Stimmrechtsbeschränkungen oder Übertragungseinschränkungen, die die Einhaltung von Unternehmenswerten sichern sollen.

Zins: eine Frage der Verantwortung

Ethikerin und Theologin Christina Aus der Au beschäftigte sich als frühere Verwaltungsrätin der Alternativen Bank mit dem biblischen Zinsverbot. «Wer das Geld liebt, wird des Geldes nicht satt», zitierte die evangelische Thurgauer Kirchenratspräsidentin unter anderem aus der Bibel. Sie räumte ein, dass der hebräische Ursprungstext nicht zwischen den Wörtern Zins und Wucher unterscheide. Das Zinsverbot sei eigentlich ein Wucherverbot.

«Zinswirtschaft zwingt zum Wachstum», gab sie zu bedenken und thematisierte die Schere zwischen Arm und Reich. Deswegen werde sie von ihrem Mann als «linker Socken» bezeichnet, sagte sie augenzwinkernd. Sie zeigte aber auch auf, dass die reformatorische Interpretation zielführend sei: Dann nämlich, wenn ein Nutzen für die Allgemeinheit und die Gesellschaft als Ganzes erwachse.

Schliesslich nannte sie grundsätzliche Stossrichtungen: Es gehe darum, Auswüchse zu bekämpfen, Höchstzinse festlegen, in bestimmten Situationen freiwillig auf Zinsen zu verzichten oder sogar die Praxis der Erlass- und Halljahre zu bedenken. Es gebe aber auch radikale Alternativen wie Alternativwährungen, Tauschringe, Negativzinsen oder Vollgelderformen.

Als Fazit betonte sie: «Ich sage Euch nicht, was gut oder schlecht ist.» Man müsse sich aber fragen, welches der Geist hinter dem Zinsverbot sei und sich bewusst machen, dass man diesbezüglich in der Verantwortung stehe.

Unternehmertag Vaduz  eastdigital breakfast, 22.05.2025  

Berührende Praxiserfahrungen

Nebst den beiden Hauptreferentinnen standen am Freitagmorgen weitere Persönlichkeiten auf der Bühne. Regula Sulser, die einen Mahlzeitendienst für Menschen ab 80 und in Regensdorf ein Restaurant betreibt, berührte die Teilnehmenden mit einem emotionalen Praxisbericht über ihre ungewöhnliche berufliche Erfolgsgeschichte.

Damit motiviert sie nicht nur Senioren sondern auch ihr Team neu und betont: «Eine Gesellschaft ohne alte Menschen ist wie eine Muschel ohne Perle.»

Wirtschaftsanwalt, Immobilien- und Gastrounternehmer Daniel Gysi aus Muolen berichtete über seine wirtschaftlichen und persönlichen Erfolgserlebnisse, die sich einstellten, als er bereit war, nicht nur auf den eigenen Profit zu achten, sondern sogar mehr als zehn Prozent des Umsatzes weiterzugeben.

Dienende Kultur prägt Firmen

Auf dem Podium über soziales Unternehmertum machten drei Führungskräfte klar, wie wertvoll es ist, Menschen in den Fokus der wirtschaftlichen Tätigkeit zu rücken: Elisabeth Schirmer, Verwaltungsrätin des Uhrwerkherstellers Ronda, betonte, dass in der «christlichen Ewigkeitsperspektive» die Kraft liege, die im Alltag den Unterschied mache.

Adrian Ciardo, CEO der Bündner Arbeitsintegrationsfirma Stiftung Feschtland, nannte eine dienende Haltung als wichtigen Führungsgrundsatz. Internetunternehmer Daniel Bachmann hob sein Anliegen hervor, eine Firmenkultur zu schaffen, «die den Menschen und dem Unternehmen dient. Ich wünsche mir für meine Mitarbeiter, dass sie in der Gesellschaft handlungsfähiger und gleichzeitig in der Firma leistungsfähiger sind.»

CEOs vertrauen auf Gott

Im CEO-Podium motivierte der bekannteste Schweizer Ex-Skirennfahrer und Zermatter Hotelier Pirmin Zurbriggen mit seinem Walliser Charme und seiner tiefen Glaubensüberzeugung. «Ich bin nicht der Chef, denn der Chef ist der Herrgott.» Wichtig sei die dienende Haltung.

Vince Lehmann, CEO eines IT-Unternehmens aus Münsigen, betonte, dass sein Unternehmen privatwirtschaftlich funktionieren müsse, gebe aber bewusst Arbeitskräften einen Platz, sich auch einbringen zu können, wenn sie nicht die Leistung erbringen können, die grundsätzlich erwartet werde. Davon könnten auch Menschen profitieren, die normal arbeiten.

IT-CEO Benjamin Regez erklärte, dass er den CEO-Posten jedes Jahr mit seinem Bruder im Wechsel wahrnehme: «Das hat Strahlkraft. Denn: Wir haben gelernt, dass alle ersetzbar sind.»

Tanias Woodhatchs grösste Motivation als CEO ist die Möglichkeit, Menschen in schwierigen Zeiten zu begleiten. Sie war im Private Banking bei einer Grossbank tätig und berichtete, wie sie auf wundersame Weise über Nacht geheilt worden sei und deshalb bewusst habe Gott zu suchen begonnen, was schliesslich zur Gründung ihrer Firma Würzmeister geführt habe. Noch sei sie nicht ganz in der Rentabilitätszone, doch sie sei zuversichtlich: «Er ist mein Versorger. Ich bin noch nie in Panik geraten.»

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«Den Leuten Gutes tun»

Rebekka Bieri berichtete über ihre Bemühungen, zwei Hotelbetriebe im Tessin nachhaltig zu betreiben. Mit einem Neubau in Moscia wolle man dem Anspruch gerecht werden, der Schöpfung Sorge zu tragen, und auch in Rasa würden ökologische Interessen in den Fokus gerückt.

«Investieren, damit Gäste profitieren», lautet ihre Devise. Man müsse Menschen mögen – das sei die wichtige Voraussetzung, um so einen Betrieb zu führen. Es müsse eine Leidenschaft sein, aber man müsse sich auch abgrenzen können.

Es sei aber grundsätzlich schön, «den Leuten Gutes zu tun. Wir wollen auch ein geistlicher Ort sein, damit Gäste in ihrem Glauben wachsen dürfen.» Sie wolle deshalb die Ferienorte weiterentwickeln, «damit Menschen neue Impulse bekommen».

Junge Berufsleute forderten heraus

Die zwei jungen Nachwuchskräfte Bensch Sager, Psychologe und Verantwortlicher für junge Berufstätige bei den Vereinigten Bibelgruppen, und Lukas Ninck, Sportredaktor bei Schweizer Radio und Fernsehen SRF, forderten die Teilnehmenden auf, auf unbekannte jüngere oder ältere Personen zuzugehen. Danach wurden persönliche und berufliche Fragen diskutiert. Im Sinne eines «Speed Datings» wurden wertvolle neue Kontakte geknüpft – eines der Hauptanliegen des Forums.

«Es braucht nicht viel Geld»

Multi-Unternehmer und -Verwaltungsrat Beat Fasnacht begann mit einer Bewegungsübung und betonte, dass «wir eigentlich doch im Leben immer etwas erreichen wollen». Im Lebens-Marathon müsse man sich immer auch überlegen, was man erreichen möchte.

Der 72-Jährige erzählte auch von seinem Leben und schwierigen Erlebnissen, die letztlich dazu geführt hätten, dass er letztlich zum christlichen Glauben gefunden habe. Als Unternehmer habe er aber immer die Kirchengebäude in Frage gestellt, deshalb habe er in seiner Kirche darauf hingewirkt, dass sie ein Industriegebäude kaufte, das mehrheitlich vermietet werden konnte.

Es sei wichtig für kirchliche Organisationen, in der Zukunft bedingungslos etwas für die Mitmenschen zu tun. Jesus habe bedingungslos geholfen und geheilt. Dies sei auch sein Anliegen in seinem neuartigen Gesundheitszentrum – dem jüngsten seiner sozialen Projekte.

Fasnacht hört immer wieder Aussagen, dass er als wohlhabender Unternehmer viel einfacher sozial engagiert sein könne als andere. Darauf antworte er, dass er dafür auch sehr viel Risiko auf sich habe nehmen müssen und dass viele Entscheidungen nicht nur gut gewesen seien. Und: «Es braucht nicht viel Geld – wir können jemanden schon zum Kaffee einladen, um etwas Gutes zu bewirken.»

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